Coronavirus macht Meister und Absteiger

Die vorzeitige Meistermannschaft jubelt, die TSGO II steigt in die Landesliga auf. Foto js

Oberursel (js). Meisterfeiern gehören zu den Höhepunkten im Sportlerleben. Schon gar, wenn sie im Mannschaftskreis zu zelebrieren sind. Da ist es egal, ob als Lohn der Aufstieg von der Oberliga in höhere Sphären lockt oder der Sprung von der B-Klasse in die A-Klasse. Der Meister feiert, wenn er sich den Aufstieg sportlich verdient hat, der Absteiger trauert, Alltag im Sport. Seit dem vergangenen „schwarzen Freitag“ ist im Amateursport nichts mehr, wie es zuvor war. Die Botschaft des hessischen Handballverbands als Beispiel war kurz und knapp: Die Saison ist ab sofort zu Ende, in allen Klassen, auf allen hessischen Ebenen. Corona macht Meister und Absteiger, ausschlaggebend ist der aktuelle Tabellenstand in der jeweiligen Liga. Wann und wie es mit Qualifikationsrunden in eine neue Saison gehen kann, ist völlig unklar. Eigentlich ein sportliches Desaster.

Nun hat also der 33:25-Sieg der TSGO-Handballdamen gegen den Mitkonkurrenten HSG Goldstein/Schwanheim ein paar Tage zuvor die Meisterschaft in der Bezirksoberliga Wiesbaden/Frankfurt entschieden. Mit einem Punkt Vorsprung. Dass es eine Art Finale ist, war beiden Teams bewusst, obwohl noch sieben Spieltage auf dem Programm standen. Die Mädels der TSG Oberursel II haben sich natürlich tierisch gefreut, der Tage später vom Verband und vom Virus diktierte vorzeitige Aufstieg in die Landesliga wurde indes mit Sportsgeist eher zurückhaltend gefeiert. Andere Teams aus dem Verein sind durch den Schnitt aus hoffnungsvollen Träumen gerissen worden, steckengeblieben in vorderen Tabellenbereichen, mit der Abstiegszone hatte keine Mannschaft Kontakt. „Natürlich freuen wir uns über den Meistertitel wie über jeden anderen auch. Und wir sind stolz darauf, was die Mannschaften geleistet haben“, sagt Handball-Abteilungsleiterin Birgit Michelson. Es klingt ein wenig nüchtern, keiner weiß, wie es weitergehen kann. „Wir hoffen auf einen Lichtblick und die Rückkehr zur Normalität. Und alle sollten das tun, was dafür von ihnen erwartet wird“, so Michelson.

Die kurze Notiz zum möglicherweise langen Abschied hängt schwarz gedruckt auf gelbem Papier am Eingang zur Geschäftsstelle der TSG Oberursel in der Korfstraße und im Schaukasten an der Seite. Natürlich machte die Nachricht vom Saisonende schneller in den digitalen Medien die Runde, fast überall trifft sie auf Verständnis. Das Vereinshaus mit Fitnessstudio, Turnhalle, kleinem Tanzsaal und Jugendraum ist verwaist, nicht nur die Handballer wurden am Freitag umgehend in die Zwangspause geschickt. Nach dem Spielbetrieb wurde auch der Trainingsbetrieb eingestellt, am Tag darauf der komplette Sportbetrieb der TSG Oberursel mit ihren über 4000 Mitgliedern. Mindestens bis Ende der Osterferien. Das Präsidium hat auch beschlossen, das ausgebuchte Handball-Camp in den Osterferien abzusagen.

Saisonbilanz der TSGO-Handballer also schon lange vor Ostern, Wochen vor der sonst entscheidenden Phase im Kampf um Aufstiege und gegen Abstiege. Für die erste Frauenmannschaft hat es nicht zur Verteidigung des Hessentitels gereicht, die Meisterschaft in der Oberliga wäre bei inzwischen drei Punkten Rückstand auf den Überraschungsmeister HSG Lumdatal voraussichtlich aber auch ohne Coronavirus verspielt gewesen. Kein Trost, dass der direkte Vergleich mit einem minimalen Plus für die TSGO endete. Der dritte Platz in der nun vorgezogenen Endabrechnung eher eine Enttäuschung für das erfolgsverwöhnte Team.

Zum zweiten Mal in Folge gelingt den „Reserve“-Männern die Meisterschaft in der Bezirksliga A. Für den Aufstieg reicht es aber wieder nicht. Im vergangenen Jahr verhinderte dies der Abstieg der „Ersten“ aus der Landesliga in die Bezirksoberliga, nun der gebremste Versuch, den direkten Wiederaufstieg zu erreichen. Auch wenn die Hoffnung, von Platz vier aus das Ziel noch zu schaffen, eher gering war.

Für die Jugendmannschaften würden direkt nach den Osterferien die Qualifikationsrunden auf Hessenebene für die kommende Saison anstehen. Bisher aber weiß niemand, wie es weitergeht. Die „Neuordnung der Quali ist unklar“, mehr Information ist derzeit nicht zu bekommen. Auch alle Lehrgänge für junge ambitionierte Leistungssportler sind ausgesetzt, nichts geht mehr im Handballbetrieb. Mit dem dritten Platz in der Oberliga Hessen verabschiedet sich nun die männliche A-Jugend von Trainer Dirk Lodders, der in Reichweite liegende zweite Platz hätte die direkte Qualifikation für die neue Saison bedeutet. Gleiches gilt für die B-Jugend, am Sonntag hätte das „kleine Finale“ der Landesliga um den wichtigen zweiten Platz in Baunatal stattfinden sollen. Abgesagt wie alle weiteren Partien der Saison 2019/2020. Die Meldungen für die neue Saison hat TSGO-Geschäftsführerin Jutta Stahl hoffnungsvoll an den Verband geschickt. Ende April wird wohl beim HHV darüber diskutiert.

Weitere Artikelbilder



X