Ein Kollektiv von fünf Kerlen auf dem Weg ins Rathaus

Das dynamische Kollektiv vom OBQ ist voller Energie und hat die Zukunft der Stadt mit geballter Rathas-Kompetenz fest im Blick. Foto: Streicher

Oberursel (js). Die ich rief, die Geister, werd‘ ich nun nicht mehr los. Die modernen Zauberlehrlinge sitzen im Parteibüro der Christdemokratischen Union Oberursel (CDUO). Haben Geister heraufbeschworen, die sie gar nicht sehen und schon gar nicht hören wollen. Haben Wiedergänger auf den Plan gerufen, die längst in Tiefen verschwunden zu sein schienen, von wo ihr Wehklagen über alte Zeiten nicht mehr an die Oberfläche durchdrang. Oder gar der Klang von Visionen, die Angst und Schrecken erregen könnten. Und jetzt sitzen sie da, die Zauberlehrlinge, und zittern vor dem, was da auf sie zukommen könnte, nur weil einer von ihnen einen unbedarften Satz formuliert hatte. Ausgerechnet der Parteivorsitzende Thomas Poppitz war es, bei einem Neujahrsempfang ist er ihm entfleucht. „CDU sucht Bürgermeisterkandidaten“, titelte prompt die örtliche Weltpresse und machte damit ein brodelndes Fass auf.

Nun haben wir sie also, die Götterdämmerung. Einen Lichtschein im Hintergrund, heraufgestiegen sind sie aus der Tiefe von Raum und Zeit. Wild entschlossen, zu allem bereit, uns alte und neue Geschichten vermengt zu erzählen und eine glanzvolle Zukunft heraufzubeschwören, wenn die Menschen in der Stadt ihnen ihr Vertrauen schenken. Ja, es muss der Plural sein, nicht einer, ein Quintett will die Nachfolge von Hans-Georg Brum antreten, wenn dieser im kommenden Jahr endlich loslassen wird, damit auch andere mal Bürgermeister werden können. „Oberursel braucht ein Umdenken, um die vielfältigen Herausforderungen, die in den nächsten Jahren auf die Stadt zukommen, meistern zu können“, heißt es in einem Bewerbungsschreiben an die CDU, namentlich an den Parteivorsitzenden Poppitz. Das Schreiben liegt der Redaktion vor.

Doppelspitze ist out

Von einem „Kollektiv“ ist darin die Rede, nicht von einer Doppelspitze, die ja in der Polit-Szene schon fast wieder out ist, bevor sie Fuß gefasst hat. Ein Pentagon geheimer Ortspolitik hat sich formiert im Untergrund und ist nun auferstanden. Ein magisches Quintett, das sich als „qualifiziertes und dynamisches Leitungsteam“ versteht, „innovativ und leistungsstark“, weil sich geballte Fachkompetenz auf fünf kräftige Schultern verteilt, die alle Jahrzehnte im Rathaus ohne größere Schäden überstanden haben. Im Sozialdezernat und bei der Planung des Wohngebiets Camp King, im Büro der Gremien und bei der Altstadtsanierung, im Hoch- und im Tiefbau. Namen, die Klang haben im Rathaus: Klaus Witzel, Herbert Krombholz, Hubert Kraus, Peter-Christian Hennig und Norbert Nasse. Und die noch ein großes Plus mit ins Kandidatenrennen bringen: Als Renten- und Pensionsbezieher haben sie alle ihr Auskommen, sie erwarten für ihren Einsatz lediglich eine „angemessene Aufwandsentschädigung“.

Die Führungsspitze der CDUO hat gestern den Eingang des Bewerbungsschreibens bestätigt, Adressaten waren Parteichef Poppitz und der Spiritus rector der Partei Gerd Krämer, Ex-Bürgermeister und aktuell amtierender Stadtverordnetenvorsteher. Beide gehören der Findungskommission an, die den Mann oder die Frau der Parteibasis präsentieren muss, der/die das Erbe von Hans-Georg Brum antreten soll, so das Volk es auch will. „Der Ball liegt nun im Spielfeld der Oberurseler CDU. Sie braucht ihn nur ins Tor des politischen Konkurrenten zu schießen“, schließt die Bewerbung. Mit Krämers gewichtiger Stimme scheint der Club der älteren Herren zu rechnen. „Er wird unsere kollektive Bewerbung um das Amt des Bürgermeisters hocherfreut begrüßen und unterstützen“, glaubt Klaus Witzel, einer der fünf Wortführer des Quintetts.

„Ja, absolut, alle fünf sind Hochkaräter“, antwortet Krämer spontan auf die Frage, ob er die annoncierte Unterstützung bestätigt. Den Bewerbungsbrief könne man „nur mit absoluter Begeisterung aufnehmen“, außerdem könne die Stadt mit dieser zugebenermaßen ungewöhnlichen Variante „einen Haufen Geld sparen“. Was empfiehlt er der Kommission? Krämer knapp: „Fällt euch da noch was Besseres ein?“ Poppitz klingt zurückhaltend, äußert sich politisch ohne klare Aussage. Null Begeisterung, keine Anti-Stimmung. „Ich freue mich sehr über die Bewerbung des Quintetts. Bei so viel geballtem Wissen und Engagement kann und will ich die Bewerbung nicht außen vor lassen.“

Sehr aufmerksam zur Kenntnis und positiv aufgenommen hat Amtsinhaber Hans-Georg Brum (SPDO) den überraschenden Auftritt auf der politischen Bühne. Die angedachte Team-Struktur mit fünf Chefs im Rathaus „übertrifft die kühnsten Vorstellungen der Grünen und der SPD, die beide nur mit einer Doppelspitze agieren“, so Brum. Die „Turbos“ wie Insider Brum sie nennt, hätten während ihrer aktiven Zeit im Rathaus immer „wegweisende Akzente gesetzt“ und gezeigt, dass sie den Laden jederzeit „aufmischen können“, so Brum wörtlich. „Warum sollte ihnen das heute nicht gelingen?“

Magistratswagen mit Anhänger

Die unterschwellige Unterstützung, die in diesem Statement mitklang, kam bei der Konkurrenz und auch in Teilen der SPDO gar nicht gut an. Schon gar nicht, dass HGB sogar damit liebäugelt, beim Karnevalszug am Sonntag einen Anhänger an den Magistratswagen zu hängen, damit die ersten Kandidaten, die ihren Hut in den Ring geworfen haben, sich dem Volk präsentieren können. Das passt ins Konzept von Krämer, dass die Wahl vor Aschermittwoch (also etwa am Sonntag) stattfindet, ist für ihn Grundbedingung. Eine Abstimmung mit den Füßen beim „Zuch“ würde bestimmt für eine sensationell hohe Wahlbeteiligung sorgen. Beim politischen Aschermittwoch im Brauhaus könnten sich „die Fünf“, die als Oberurseler Bürgermeister-Quintett (OBQ) antreten wollen, dann auch dem Vorstand und der Fraktion der Oberurseler CDU präsentieren. Das passt auch ins Kalkül der Wiedergänger. Hopp oder Dopp, die Entscheidung müsse bis dahin fallen. Schließlich gehe es bei ihrer Kandiadtur um ein „Alleinstellungsmerkmal für Gesamtdeutschland“, so Witzel, Krombholz, Kraus, Hennig und Nasse im Chor.



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