Leben am Friedhof in bezahlbarer Wohnung

Wolfgang Barthel und Hans-Georg Brum (v. l.) stellen das Projekt in ordnungsgemäßem Abstand auf dem Parkplatz vor. Foto: js

Von Jürgen Streicher

Oberursel. Für einige Mieter ist es die erste Wohnung nach einem langen Leben in einer Behelfsunterkunft. Familien mit Kindern, Alleinerziehende, Rentner, junge Menschen. Hinter ihren Namen, die nach internationaler Vielfalt klingen, stehen vielfältige Geschichten, nun haben sie in der Geschwister-Scholl-Straße ein Heim gefunden. Direkt neben dem Friedhofsgelände, ortsnah, gut angebunden an den öffentlichen Nahverkehr, in „guter Lage“, wie es heißt. Endlich haben sie eine Wohnung gefunden, zu einem Preis, den sie mit staatlicher Unterstützung bezahlen können. Die 22 Wohnungen in zwei Gebäudekomplexen sind geförderte Sozialwohnungen, mietpreisgebunden über 20 Jahre, wobei die Mieten mindestens um 20 Prozent unter den ortsüblichen Durchschnittsmieten liegen. Die Stadt hat in dieser Zeit das Belegrecht.

Schon spricht Bürgermeister Hans-Georg Brum beim Ortstermin mit einem der Bauherren von einer „spürbaren Entlastung“. Erzählt von den vielen Menschen, die in ihrer Verzweiflung bei der Wohnungssuche immer wieder bei ihm direkt oder in der Abteilung Sozialberatung und Wohnungswesen vorsprechen. Der Druck am Wohnungsmarkt ist hoch, „bezahlbaren Wohnraum“, also Wohnungen in einem nie genau definierten Kostenbereich gibt es kaum. Das Thema beschäftigt Verwaltung und Politik bei jedem Bauprojekt, nur in geringem Maße gelingt es, Investoren wenigstens ein paar dieser gewünschten Wohnungen abzuringen. Weil es hier gelungen ist, soll das Projekt Geschwister-Scholl-Straße 23-25 als Vorzeigemodell dienen. Natürlich waren die 22 Wohnungen sofort komplett vermietet, seit Dezember ziehen die Erstmieter dort ein, nur die letzte Wohnung ist noch nicht bezogen.

Immer wieder zitiert, das 1000-Wohnungen-Projekt, das sich Brum und die schwarz-rote Koalition hinter ihm für die bald zu Ende gehende Wahlzeit auf die Fahnen geschrieben hatten. Am besten 300 sollten in die Kategorie „preisgünstig, bezahlbar, preisgedämpft“ fallen, hieß es anfangs. Das Ziel ist nicht erreicht, „aber viel abgearbeitet“, so Brum, einiges sei angestoßen, „es sieht gut aus“. Überschaubar vor allem die so händeringend immer wieder geforderten preisgünstigen Wohnungen. Am Friedhof ist es gelungen, in Zusammenarbeit von Investor und Stadt. Denn hier hat die Stadt das Grundstück ins Geschäft eingebracht, ehemals war dort ein Teil der Friedhofsgärtnerei untergebracht. Der Bodenpreis für die rund 2000 Quadratmeter gedeckelt bei 450 Euro pro Quadratmeter, wie beim späteren Mietpreis weit unter dem ortsüblichen Niveau.

Mit der Unternehmensgruppe Krieger + Schramm mit regionalem Sitz am Riedberg wurde der passende Partner gefunden, der Geschäftsführer Projektentwicklung und Vertrieb, Wolfgang Barthel, und Bürgermeister Brum überbieten sich fast im Lob der „kon- struktiven, lösungsorientierten Zusammenarbeit“ und der entstandenen „anspruchsvollen, modernen Architektur mit hochwertigen Wohnungen“. Zwei- und Drei-Zimmer-Wohnungen zwischen 52 und 72 Quadratmeter Grundfläche. „Sieht nicht aus wie Sozialwohnungen und sind auch keine“, verspricht Bauherr Barthel, der mit einem weiteren Gesellschafter der Gruppe Eigentümer der Wohnanlage bleibt. Das Unternehmen beschäftigt insgesamt 140 Menschen an fünf Standorten, den Jahresumsatz gibt Wolfgang Barthel mit etwa 60 Millionen Euro an. In Oberursel ist der vielfach ausgezeichnete Bauträger auch beim Projekt „Borngrund Villen“ im Ortsteil Stierstadt engagiert. Brum: „Das Projekt zeigt nicht nur, dass günstiger Wohnraum möglich ist, sondern auch, dass solcher in durchaus attraktiven Geschosswohnungen bereitgestellt werden kann.“ Brum sieht auch in anderen „Ecken, Kanten und Bereichen der Stadt“ noch Möglichkeiten für bezahlbaren Wohnraum, ohne „weiter in die Fläche zu gehen“. Krieger + Schramm beziffert das Investitionsvolumen auf 4,5 Millionen Euro.



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