Spontan-Impfung im großen Sitzungssaal des Rathauses

Warten auf den Impfstoff: Schon vor der Öffnung des improvisierten Impfzentrums im Rathaus-Sitzungssaal bildet sich eine lange Warteschlange vor dem Eingang. Foto: js

Oberursel (js). Vor einer Woche wurde der Hochtaunuskreis zum Corona-Hotspot erklärt. Die Fallzahlen steigen vor allem in den beiden größten Städten Bad Homburg und Oberursel. Seit einer Woche gelten wieder strengere Regeln in Außenbereichen und in der Gastronomie, in Fußgängerzonen und Einkaufsstraßen herrscht erneut Maskenpflicht, Plakate weisen darauf hin. Die Schlangen vor den Testzentren werden wieder länger. Um die Impfwilligkeit in der Bevölkerung zu steigern, werden regelmäßig samstags im Rathaus ohne Anmeldung Spritzen verabreicht. Vorigen Samstag ist das mobile Impfteam der Hochtaunus-Kliniken mit viel Impfstoff angereist.

„Wer um viertel nach elf kommt und in der Kälte wartet, der ist impfwillig, oder?“ Keine rhetorische Frage, eher eine Feststellung mit innerer Genugtuung. Darüber, dass die Aktion angekommen ist bei denen, die sich bisher beim Thema Impfen zurückgehalten haben. Bei einigen jedenfalls. Die Apothekerin, die mit einer Kollegin in einem kleinen Büro im Rathaus die Impfdosen vorbereitet und Spritzen aufzieht, hat sich gefreut, als sie bei Dienstbeginn die Menschen gesehen hat, die schon um 11.15 Uhr vor dem Rathaus Schlange standen, um sich ihren Schutz vor einer Corona-Infizierung abzuholen, 45 Minuten vor Beginn der Impfaktion. Bei Halbzeit haben sie am Samstag schon fast 150 Dosen verabreicht.

Es sind nicht mehr ganz so viele Menschen gekommen wie bei den Sonderimpfaktionen im Dezember. Da lagerten die Willigen vor Beginn um 12 Uhr mittags schon vereinzelt im Campingstuhl vor der Rathaustür, die Warteschlange ringelte sich um den Rathausplatz bis runter zur Polizeistation an der Oberhöchstadter Straße. „Der Wahnsinn“, so Martin Krebs vom Geschäftsbereich Kultur und Gesellschaft im Rathaus. Mit Kollegin Beate Steinfort-Krailing reicht er den Wartenden heißen Kaffee, kleiner Service der Stadt, die auch den Rathaussaal für die Volksimpfung zur Verfügung stellt. Das mobile Impfteam der Hochtaunus-Kliniken Bad Homburg ist mit zehn Leuten angerückt, bis zu 400 Impfungen haben sie bei den bisherigen Terminen verabreicht, allein im Dezember über 1000 an drei Samstagen.

Impfstoff ist genügend da, jetzt erst recht, ist die Devise im Januar. Heute gibt es Moderna für die über 30-Jährigen, Biontech für die Jüngeren, verkündet Alcides Maschado im weißen Kittel lautstark den in der Schlange wartenden Menschen draußen in der Kälte. Die Omikron-Variante hat die Infektionszahlen rasant in die Höhe getrieben. Aus dem lange vorbildlichen Hochtaunuskreis mit geringen Fallzahlen ist binnen weniger Tage ein Corona-Hotspot geworden, am Freitagabend wurde bereits eine Inzidenz von über 750 notiert.

„Wir sind froh, dass wir den Menschen weiter eine unkomplizierte Impfmöglichkeit anbieten können“, sagt Bürgermeisterin Antje Runge beim kurzen Blick ins improvisierte Impfzentrum. Ihr Dank gilt vor allem den mobilen Impfteams, die in allen Städten im Taunus unterwegs sind und nach 2500 Impfungen täglich vor Weihnachten immer noch rund 1500 Menschen am Tag impfen. Das niederschwellige Angebot kommt an, die Impfung ist unkompliziert, eine Anmeldung nicht nötig, geboten werden Erst-, Zweit- und Booster-Impfung.

Im Rathaus-Foyer stehen Verena Ferschke und Anetta Varga mit Anamnese-Bögen bereit, damit die Abwicklung zügig laufen kann. „Wir sind die Empfangsdamen“, lacht Verena Ferschke, die beiden jungen Frauen vom Netzwerk Bürgerengagement Oberursel (NBO) sind ehrenamtlich im Einsatz. Zusammen mit „Lotse“ Alcides Maschado organisieren sie die Abläufe im Sitzungssaal des Rathauses. Auch als Dolmetscher mit ihren Sprachkenntnissen: Maschado hat portugiesische Wurzeln, Varga stammt aus Ungarn, Ferschke spricht gut Englisch.

Es sind auffallend viele Menschen aus verschiedenen Ländern, die den einfachen Weg zur Spritze suchen. Auch die Sprachbarriere sei bei vielen potenziellen Impfkandidaten ein Hinderungsgrund, diese Erfahrung wird den Impfteams immer wieder bestätigt. Auch wenn Aufklärung inzwischen in 23 Sprachen im Internet abrufbar ist. Die Impfquote im Hochtaunuskreis sei gut, so Ulrich Köhne, der ärztliche Leiter der Samstag-Mannschaft im Rathaus. „Aber noch fehlen um die 20 Prozent bei den 18- bis 60-Jährigen.“ In den Seniorenheimen des Kreises waren die mobilen Teams von Anfang an unterwegs. Ins Rathaus kommen sie auch nächsten Samstag wieder.

!Das mobile Impfteam der Hochtaunus-Kliniken macht an den Samstagen, 22. und 29. Januar, von 12 bis 15.30 Uhr Station im Rathaus. Willkommen zur spontanen Impfung ist jeder ab zwölf Jahren, eine Anmeldung ist nicht nötig. Geimpft wird mit einem mRNA-Vakzin, es gibt ärztliche Beratung. Personalausweis, Krankenkassenkarte, Impfpass (wenn vorhanden) und FFP2-Maske sind mitzubringen.

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