Werkstätten stehen für Vielfalt, Inklusion und Wirtschaftskraft

Antje Runge lässt sich von Andreas Knoche und Mitgliedern des Werkstattrats die Oberurseler Werkstätten zeigen. Foto: Stadt Oberursel

Oberursel (ow). Bei einem Besuch in den Oberurseler Werkstätten nahm Bürgermeisterin Antje Runge, begleitet von Citymanager Marcus Scholl, erste Gespräche mit dem Ersten Betriebsleiter Andreas Knoche und Mitgliedern des Werkstattrats auf. Beide Seiten hoben dabei sowohl die wirtschaftliche als auch die integrative Bedeutung der Oberurseler Werkstätten als einer der größten Arbeitgeber in der Region sowie als wichtiges Bindeglied zu Schulen und Einrichtungen des betreuten Wohnens hervor.

Bei einem Rundgang erläuterte Knoche den modularen Aufbau der Betreuung. Die Werkstätten bieten qualifizierte Berufsbildungs- und Arbeitsplätze mit individueller Ausprägung für Menschen mit unterschiedlichen Behinderungen an. Das pädagogische Konzept ist auf die gezielte Förderung der jeweiligen Fähigkeiten ausgerichtet. In Verbindung mit passgenauen Forderungen im Rahmen der zu leistenden Arbeit wird so nicht nur ein positives Selbstwertgefühl bei den Mitarbeitern entwickelt, sondern sie werden auch soweit möglich fit für den ersten Arbeitsmarkt gemacht. Der Berufsbildungsbereich dient bei den Werkstätten daher immer als Einstieg in den Arbeitsmarkt. Danach wechseln die Mitarbeiter je nach ihren individuellen Möglichkeiten entweder in Arbeitsbereiche innerhalb oder außerhalb der Werkstatt. Den Menschen mit mehrfacher Behinderung und sehr starken Einschränkungen bieten die Tagesförderstätten eine Tagesstruktur.

Die Coronapandemie, so wurde beim Rundgang deutlich, ist auch an den Werkstätten nicht spurlos vorübergegangen. Nach einer längeren Phase des Schichtbetriebes kehrt Normalität nur langsam ein. Die Arbeitsaufträge sind spürbar eingebrochen. Von der täglichen Routine vor der Pandemie ist man noch entfernt. Jetzt wird aber mehr und mehr gemeinsam nach vorn geblickt. Runge und Scholl zeigten sich beeindruckt vom Umgang mit den besonderen Herausforderungen in der Pandemie sowie von der Vielfalt und Qualität der Leistungen im handwerklichen Bereich.

„Viele dieser Leistungen werden heute schon durch die Werkstätten für andere Unternehmen ausgeführt. Ich bin überzeugt davon, dass dieses breite Leistungsspektrum der Werkstätten auch für weitere Unternehmen oder Einrichtungen, aber auch für Vereine unserer Stadt interessant ist“, machte Runge deutlich. Sie sieht das Angebot der Werkstätten daher nicht nur als einen wichtigen Baustein für die Integration von Menschen mit Behinderungen, sondern in Kombination mit Inklusion in den Schulen und den unterschiedlichen Angeboten zum betreuten Wohnen auch als wichtigen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Standortfaktor für Oberursel.

Auch Knoche und sein Team sowie der engagierte Werkstattrat sehen das so. „Unsere Mitarbeiter sind individuell ausgebildet und hochmotiviert bei der Arbeit. Überall ist der Teamgeist spürbar. Wir arbeiten termingerecht, flexibel, nach zertifiziertem Qualitätsmanagement und zu marktgerechten Konditionen“, hebt er hervor. Das gelte sowohl für die über 400 Mitarbeiter als auch für die Kundschaft.

Knoche und Runge waren sich einig darüber, wie wichtig es sei, dass noch mehr Unternehmen Menschen mit Handicap einstellen und den oftmals fehlenden Anteil nicht über die Ausgleichsabgabe ablösen. Hier seien Mut, Entschlossenheit und Verantwortungsbewusstsein erforderlich, um Inklusion auch im Berufsleben eine echte Chance zu geben. An diesem Punkt machte der Werkstattrat, bestehend aus gewählten Vertretern mit Behinderung, auf das Bundesteilhabegesetz aufmerksam. Außer der Integration ins Berufsleben müsse auch das Thema Wohnraum für Menschen mit Handicap dringend angegangen werden. „Es gibt leider viel zu wenig gemeinsame Wohnprojekte für Menschen mit und ohne Behinderung, auch behindertengerechte Wohnungen sind absolute Mangelware“, betonten Uwe Nussbaum und Marcel Meisinger vom Werkstattrat. Runge versprach, sowohl bezahlbares Wohnen als auch das Schaffen von Wohnraum für Menschen mit Handicap bei Gesprächen mit Bauträgern und Genossenschaften aktiv einzubringen, denn ein selbstbestimmtes Leben in den eigenen vier Wänden müsse mehr Unterstützung finden.

Abschließend bot Knoche der Bürgermeisterin die Schirmherrschaft für den diesjährigen Zimmersmühlenlauf an, der seit 2005 jährlich behinderte und nichtbehinderte Menschen auf einer Laufstrecke durch das Gewerbegebiet und beim anschließenden „Get together“ zusammenführt. „Das mache ich natürlich sehr gerne, und ich hoffe, dass es nach pandemiebedingter Pause wieder ein großes Miteinander in den Werkstätten geben wird“, antwortete Runge. Ab 2023 wird die Schirmherrschaft dauerhaft an Landrat Ulrich Krebs übergehen.



X