Persönliche Einladung statt Show-Gottesdienst

Gemeindemitglieder aus der Christuskirche und Kreuzkirche (beide Oberursel) arbeiten konzentriert in der Gruppe zusammen. Foto: JM Meier

Hochtaunus (how). 41 Papierschnitzel liegen kreuz und quer vor Manfred Klink aus der Kirchengemeinde Usingen und wollen geordnet werden. Auf einem Schnitzel steht „Werden unbekannte Lieder eingeübt?“ auf einem anderen „Welche Aussagen über Gott werden vermittelt?“. Die Kategorien zum Sortieren hatte Pfarrerin Annika Rehorn aus Oberstedten zuvor an die Wand geheftet: „Struktur, Prozess und Konzept“.

Rehorn ist Mitglied einer Planungsgruppe, die im Evangelischen Dekanat Hochtaunus das Projekt „Gottesdienst erleben“ umsetzen möchte. Mitglieder aus 16 Kirchengemeinden aus dem Hochtaunus hatten vor Kurzem dazu in der Oberstedter Kirche an einem Workshop teilgenommen, der die gemeindeeigene Gottesdienstpraxis thematisierte. Wie fühlen sich Menschen, die an einem evangelischen Gottesdienst teilnehmen, obwohl sie schon lange Zeit keine Kirche mehr besucht haben? Was zeichnet einen guten Gottesdienst aus? Finden sich „Gemeindefremde“ in der Kirche zurecht?

Mit diesen und weiteren Fragen haben sich die nahezu 30 Teilnehmer mit dem Ziel beschäftigt, einen „normalen, besonderen“ Gottesdienst am 20. Oktober in ihren Gemeinden zu gestalten und Menschen dazu einzuladen. „Ganz normal“, weil am 20. Oktober kein „Show-Gottesdienst“ gefeiert werden soll, und „doch besonders“, weil dieser Gottesdienst besonders aufmerksam geplant und gestaltet werden will. Ziel ist es, an einem Sonntag im Jahr Menschen persönlich einzuladen, die schon lange nicht mehr den Weg in die Kirche gefunden haben. Dabei soll besonders an die Bedürfnisse dieser Menschen gedacht werden. „Auf dem Programm steht dabei kein außergewöhnlicher Vorführ-Gottesdienst, sondern einer, der besonders einladend und offen gestaltet ist“, sagte Dekan Michael Tönges-Braungart während des Workshops. „Es kommt auch nicht darauf an, dass unsere Kirchen am 20. Oktober besonders voll sind. Sondern darauf, dass Gemeinden im Verlauf des Projekts für sich selber reflektieren, wie einladend ihre eigene Grundhaltung und Gottesdienst-Routinen sind. Und natürlich freuen wir uns dann über jeden, der am 20. Oktober mit uns Gottesdienst feiert.“

Kern der, aus England stammenden, gemeinsamen Aktion ist die persönliche Einladung zum Gottesdienst nach dem Prinzip: „Inviting someone you know to something you love“. Gezielt sollen dabei Freunde und Bekannte, Neugierige, Distanzierte, Ausgetretene, Zweifler und religiös „Unmusikalische“ eingeladen werden. „Umfragen haben ergeben, dass etwa 95 Prozent aller Menschen, die regelmäßig einen Gottesdienst besuchen, nie andere dazu persönlich einladen“, erläuterte Pfarrerin Rehorn. Im Mittelpunkt der Werbung für diesen Gottesdienst sollen demzufolge nicht Medien, sondern die persönliche Einladung von Mensch zu Mensch stehen.



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