Protest für Stärkung der ambulanten Patientenversorgung

Hochtaunus (how). Im Hoch- und auch im Main-Taunus-Kreis waren am gestrigen Mittwoch, 30. November, erneut viele Praxen geschlossen. Damit protestierten sowohl Haus- und Kinderärzte als auch Fachärzte gegen die sich verschlechternden Bedingungen der wohnortnahen, individuellen medizinischen Versorgung der Bevölkerung. „Ein Blick auf die Zahlen legt offen, wer bisher die Hauptlast und somit viel Verantwortung für die Bevölkerung trägt. So werden 97,5 Prozent aller Behandlungsfälle in Deutschland im ambulanten Bereich geleistet. Und das sind bisher hauptsächlich selbstständige Haus- und Kinderärzte sowie Fachärzte. Dass die Anforderungen durch diese hohen Zahlen und zunehmende Verlagerung von Aufgaben aus dem stationären in den ambulanten Versorgungsbereich zu längeren Wartezeiten in den Praxen führen, liegt auf der Hand. Dennoch kann froh sein, wer überhaupt in einer niedergelassenen Praxis bereits Patient ist“, heißt es in einem von Petra Hummel, Bad Homburger Allgemeinmedizinerin und Vorsitzende des Hausärzteverbands Hessen im Taunus, Dr. Ralf Moebus, Bad Homburger Kinderarzt und Vorsitzender des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte, sowie Dr. Jörg Wilhelm, Bad Homburger Kardiologe und Vorsitzender des Praxisnetz Hochtaunus, unterzeichneten Schreiben. Die fatale Konsequenz der Streichung der „Neupatienten-Regelung“ durch die Politik sei die Verschärfung der Suche nach einem neuen Haus- oder Kinderarzt für die Grundversorgung zum Beispiel nach Umzug oder wenn der Arzt in den Ruhestand geht und noch mehr bei Bemühungen um einen Termin bei einem Facharzt

„Knapp 52 Prozent aller Ärzte arbeiten im Krankenhaus und behandeln dabei 2,5 Prozent aller Behandlungsfälle bei immer kürzeren Liegezeiten in den Kliniken. Einen Ausweg aus der Misere, einen regulären, zeitnahen Behandlungstermin zu bekommen, können die Kliniken und die großen Medizinischen Versorgungszentren, insbesondere die grundversorgenden Fächer betreffend, trotzdem vielfach nicht leisten: Auch dort ist die Terminvergabe nicht optimal. Stichwort: fortschreitende Privatisierung von Krankenhäusern und Versorgungszentren, Stellenabbau aus Kostengründen, fehlendes Personal wegen Arbeitsüberlastung“, heißt es in dem Schreiben weiter.

Zudem wünschen sich viele Patienten, nicht bei jeder Konsultation einen anderen Arzt zu sehen, schreiben die Mediziner. Videosprechstunden sollten Engpässe abmildern. Doch es zeige sich, dass digitale Beratung von Patienten nicht so angenommen werde, wie sich das Politik, Krankenkassen und private Investoren aus Kostengründen gewünscht haben.

„Neue Ideen der Gesundheitspolitiker zur Einführung von etwaigen ‚Gesundheitskiosken‘ und ‚Commmunity-Health-Nurses‘ als Ersatz für vor allem Haus- und kinderärztliche Versorgung lehnen wir als – salopp gesagt – teure Luftnummern ab“, so die Ärzte. „Zusätzliche neue Strukturen im Gesundheitssystem entlasten und verbessern erfahrungsgemäß die Versorgung der Patienten nicht. Unsere Erfahrung als niedergelassene Ärzte hält stand, Patienten privilegieren weiterhin eine wohnortnahe und individuelle medizinische Versorgung. Dafür stehen wir ein und fordern von der Politik Unterstützung. Dann wird sich auch medizinischer Nachwuchs gerne für diesen freien Beruf und den Dienst am Menschen entscheiden“, so Hummel, Moebus und Wilhelm.



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