Kesse Fußballmädels kicken mit Kirsten

Jiin, Nora, Lola und Safia (von links) spielen in der neu gegründeten Mädchenmannschaft von Trainerin Cornelia Kirsten beim FSV Germania. Die Mädels hoffen, dass sie in Zukunft noch weitere Mitspielerinnen finden. Foto: fk

Von Christine Sarac

Steinbach. Mittwochnachmittag auf dem Kunstrasenplatz vor der Altkönighalle in der Waldstraße. Eifrig rennen und dribbeln die kleinen Fußballer des Fußballsportvereins (FSV) Germania zwischen den aufgebauten Trainingsstationen hin und her. In dem Meer aus Kindern mit blauen Trainingsanzügen stechen vier kleine lila Pünktchen hervor. Es sind Jiin, Nora, Safia und Lola, die in der frisch gegründeten Mädchenmannschaft des Vereins spielen.

Die gesamte G-Jugend steht auf dem Platz. Insgesamt drei Jahrgänge von 2015 bis 2017. „Das Aufwärmtraining für unsere jüngsten Spieler gestalten die Trainer immer gemeinsam“, erklärt Jugendleiter Dieter Ulber. Dazu gehören nicht nur dribbeln und diverse Fangspiele, sondern auch Geschicklichkeitsübungen mit dem Ball. Auffällig sind dabei die kleinen Tore, die überall auf dem Platz verteilt sind. „Sie sind Teil unseres Trainingskonzeptes“, erklärt Ulber. „Funiño“ ist eine Wortschöpfung aus zwei Sprachen. Zum einen steckt der englische Begriff „Fun“, also Spaß darin, zum anderen das spanische Wort für Kind, „Niño“. „Genau darum geht es“, weiß Dieter Ulber. Die Kinder sollen Spaß am Training haben, das ist gerade für die jüngste Altersklasse ganz wichtig. Dazu gehört, dass sie mehr Möglichkeiten bekommen, Tore zu schießen und mehr Ballkontakt haben. Außerdem sollen sich die Trainer zurückhalten und so wenig wie möglich in den Spielverlauf eingreifen“, erklärt er das neue Konzept, das ab der nächsten Saison sogar bundesweit von Vereinen eingesetzt werden soll.

Davon profitieren auch die Mädchen. Trainerin Cornelia Kirsten nimmt die Vier- bis Fünfjährigen jetzt zur Seite. Sie trainiert die Kleinen heute zum ersten Mal. Um zu sehen, wie es mit der Koordination der Mädchen bestellt ist, fordert Cornelia Kirsten sie auf, sich Bälle zuzuwerfen. Safia klemmt den kleinen roten Ball aber zwischen ihre rosa Turnschuhe und hüpft damit auf ihre Partnerin Nora zu. Cornelia Kirsten bleibt gelassen, muss sogar grinsen und kommentiert: „Ach so, du bist also ein Känguru.“ Safia strahlt, nickt und wirft den Ball dann doch zu Nora. „Jiin, komm du mal hierher“, fordert Cornelia Kirsten das kleine Mädchen mit der Glitzerhaarspange auf. Sie legt ihr einen Ball vor die Füße. „Guck mal und jetzt spiel mal da rein“, sagt sie und zeigt auf das kleine Tor. Nora tut es Jiin gleich und trifft sogar. „Prima, Nora ganz toll“, lobt Cornelia Kirsten. Die 37-Jährige mit dem blonden Kurzhaarschnitt erinnert sich genau, wie ihre eigene Fußballkarriere angefangen hat. „Ich habe zwei Brüder, die beide gespielt haben, das wollte ich natürlich auch“, erzählt die Steinbacherin. Damals war sie fünf, also etwa genauso alt wie ihre Schützlinge jetzt. „Ich war allerdings das einzige Mädchen im Verein“, erinnert sie sich. Irgendwann kamen auch mal komische Kommentare von den Jungs, da musste ich mich durchbeißen und habe versucht, das mit Leistung wettzumachen“, berichtet Kirsten. Das ist ihr auch gelungen. Als Torhüterin hat sie es bis in die zweite Bundesliga beim FFC Frankfurt geschafft. Wie sehr sie diesem Sport verfallen ist, davon zeugt auch ihre silberne Halskette mit dem Anhänger in Form eines Fußballschuhs. Das Projekt Mädchenmannschaft liegt ihr wahrscheinlich schon aufgrund ihrer eigenen Biografie sehr am Herzen. In Dieter Ulber hat sie einen großen Unterstützer gefunden. „Wir hatten in der Vergangenheit immer mal wieder Mädchen im Training, doch irgendwann sind sie immer ausgestiegen“, bedauert Ulber. Doch der Jugendleiter hat diesen Umstand nicht mit einem Achselzucken hingenommen, sondern nach den Ursachen geforscht. „Ein Schlüsselerlebnis war für mich, als ich von einem Mädchen das Feedback bekommen habe, das sie lieber in einer reinen Mädchenmannschaft gespielt hätte.“ Natürlich stechen Lola, Nora, Jiin und Safia mit ihren lila Trikots unter 40 Jungs noch heraus, aber die Germania hat einen wichtigen Schritt in Richtung Frauenfußball und Gleichberechtigung im Sport getan. Denn Mädchen und Frauen sind gegenüber Jungs und Männern zwar gleichberechtigt, dennoch sind sie nicht gleich. „Das war zum Beispiel eine Erfahrung, die ich irgendwann als Jugendliche im Training machen musste“, sagt Cornelia Kirsten. „Jungs sind Mädchen nun mal in der körperlichen Entwicklung voraus. Sie sind meistens größer, stärker und kräftiger, da ist ab der E-Jugend ein faires sportliches Duell nicht mehr möglich.“

Cornelia Kirsten hofft, dass noch weitere Mädchen in ihr Team kommen. „Es wäre toll, wenn wir weiter wachsen würden“, freut sie sich. Wer Lust auf ein Probetraining bei der FC Germania hat, egal ob Mädchen oder Junge, kann sich bei den Jugendleitern Patrick Gross und Dieter Ulber melden. Mail an jugendleitung[at]fsv-steinbach[dot]de genügt. Weitere Informationen über den Verein gibt es auf dessen Homepage im Internet unter www.fsv-steinbach.de

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