Das umtriebige Leben eines Wahl-Sulzbachers

Lichtbilder-Vortrag: Joachim Siebenhaar sprach über Otto Volger, den Gründer des Freien Deutschen Hochstifts und „Retter des Goethehauses“.Foto: Silva Weber

Sulzbach (wg/bs) – In Sulzbach erinnert manches an ihn: Eine Straße ist nach ihm benannt, eine Gedenktafel findet sich an einem Haus in der Bahnstraße, und im alten Kirchhof steht ein von ihm gestiftetes Denkmal – die Rede ist von Otto Volger (1822–1897), der seine letzten Lebensjahre in Sulzbach verbrachte und dessen Bedeutung weit über den Ort hinausweist.

Der „Dämmerschoppen“, eine gemeinsame Veranstaltung der Gemeinde und des Geschichtsvereins Reichsdorf Sulzbach, war Otto Volger gewidmet. Im gemütlichen Gewölbekeller des Bürgerzentrums Frankfurter Hof zeichnete Joachim Siebenhaar, der Vorsitzende des Geschichtsvereins, Volgers besonderen Lebensweg im 19. Jahrhundert nach.

In Lüneburg geboren, wuchs Volger in einer musikalisch begabten Familie auf, auch sein Interesse an Sprachen und Naturwissenschaften wurde gefördert. Volger studierte in Göttingen Geologie und Mineralogie und lehrte dort ab 1847 als Privatdozent. Wer bei ihm hören wollte, musste allerdings früh aufstehen, denn seine Vorlesungen fanden zwischen 6 und 7 Uhr morgens statt.

Interesse an Politik

Volger war Naturforscher, aber neben der Wissenschaft wuchs sein Interesse an der Politik. In Schriften klagte er Missstände und Pressezensur an, er wurde Vorsitzender des demokratischen Clubs und engagierte sich in der Revolution von 1848. Oft war er auch bei Demonstrationen zu finden, sodass Volger immer wieder in Konflikt mit Zensur und staatlichen Autoritäten kam. Um dem zu entgehen, nahm er schließlich eine Lehrerstelle in der Schweiz an, die in eine Professur an der Züricher Uni mündete. Während dieser Zeit führte er einen ausgedehnten Briefwechsel, unter anderem mit der Frankfurter Senckenberggesellschaft, die ihn 1859 als Dozenten in die damals noch Freie Reichsstadt berief.

Anlässlich des 100. Geburtstags von Friedrich Schiller wurde 1859 das „Freie Deutsche Hochstift“ gegründet. Initiator war Otto Volger. Das von 50 Frankfurter Bürgern aufgebaute Hochstift stand jedem offen und war demokratisch organisiert. Ziel war „Bildung für alle“ durch Lehrgänge oder Einzelvorlesungen, unabhängig von Stand oder Bildungsgrad. Volger war der gewählte ehrenamtliche Obmann.

In diesem Amt waltete er auch, als er 1862 hörte, dass das Goethehaus an einen Tapezierer verkauft worden sei, der das Erdgeschoss in ein Ladengeschäft umwandeln wollte. Nach einer Reihe von Verhandlungen wurde das Goethehaus 1863 endgültig vom Hochstift erworben. Der idealistische Volger hatte dem Hochstift aber damit eine schwere finanzielle Bürde übertragen. Durch Spenden und Anteilsscheine sollte der Kauf finanziert werden.

Volgers undogmatischer Führungsstil und seine konsequente Ablehnung der preußischen Politik nach 1866 machten ihm nicht nur Freunde. Und so kam schließlich das, was Siebenhaar in seinem interessanten Vortrag als „Volgers Schicksalsjahre“ bezeichnete. Das Wasserwerk, das der umtriebige Wissenschaftler zur Frankfurter Wasserversorgung gegründet hatte, musste 1877 Konkurs anmelden. 1881 wurde durch Intrigen seine Wiederwahl als Obmann verhindert und 1882 wurde er sogar aus dem Hochstift ausgeschlossen.

Volger wandte nun sein Interesse ganz dem Taunus zu, nachdem er bereits im Jahr 1868 als Gründungsmitglied des Taunusklubs in Erscheinung getreten war. Anfang 1892 erwarb er ein Haus in Sulzbach, in der heutigen Bahnstraße 10. In diesem Haus, seinem „Haus Sonnenblick“, widmete er sich der Lokalgeschichte und publizierte über naturwissenschaftliche und politische Themen.

Am 18. Oktober 1897 erlag Otto Volger einem Herzleiden. Verbittert über seine Gegner verfügte er, dass sein Begräbnis in aller Stille und ohne Anzeige auf dem Frankfurter Hauptfriedhof stattfinden solle. Seit 1982 erinnert eine Plakette an Otto Volgers Wohnhaus an den eigenwilligen, unsteten und vielseitig begabten Visionär.



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