Corona-Aus für den "Bad Homburger Sommer"

Schweren Herzens verkündet Kurdirektor Holger Reuter die Absage des "Bad Homburger Sommers". Sagt aber: Das außergewöhnliche Programm sei nur aufgeschoben, nicht aufgehoben. Foto: js

Bad Homburg (js). Kurdirektor Holger Reuter hat alle bisherigen 34 „Bad Homburger Sommer“ von der Premiere an miterlebt. Das Spektakel ist stets ein absoluter Höhepunkt, ein geliebtes Drei-Wochen-Festival im geschätzten Sommerkulturprogramm der Kurstadt, in dem rund 250 000 Euro stecken. An der Spitze der Kur- und Kongress-GmbH hat Reuter den „Sommer“ im zweiten Jahr zu verantworten. Im Gespräch mit Jürgen Streicher offenbart er die traurige Wahrheit für dessen Fans bei der ersten Frage.

Jetzt ist auch Klein-Wimbledon verschoben. Kulturelles Leben in der Öffentlichkeit erlischt seit Wochen nahezu komplett. Statt Ankündigungen toller Veranstaltungen in der Kulturstadt Bad Homburg hagelt es nur noch Absagen. Haben Sie noch Hoffnung auf einen „Bad Homburger Sommer 2020“?

Holger Reuter: Leider nein. Aufgrund der aktuellen Entwicklungen im Hinblick auf das Coronavirus wird der „Bad Homburger Sommer 2020“ ausfallen. Der Krisenstab der Stadt kam nun nach ausführlichen Beratungen zu dem Schluss, sowohl den „Sommer“ als auch das Thai-Festival abzusagen. Eine Entscheidung, die wir voll und ganz mittragen.

Verträge mit Künstlern und Mitveranstaltern, Terminabsprachen, finanzielle Dinge, Sicherheiten – wie wird so etwas geregelt?

Reuter: Das stellt uns natürlich vor Herausforderungen. Vorarbeiten sind geleistet, die Programme stehen fest. Wir befinden uns mit den Künstlern und Dienstleistern in sehr partnerschaftlichen Verbindungen. Vieles von dem, was in diesem Jahr geplant war, wird auch stattfinden, allerdings im Jahr 2021.

Wie verhalten sich die Kooperationspartner und Sponsoren in der Krise? Die Unternehmen und Institutionen, die Sie normal unterstützen und Veranstaltungen finanzieren?

Reuter: Wenn Veranstaltungen nicht stattfinden, werden wir uns bemühen, die Sponsoren für das nächste Jahr wieder zu akquirieren. Für dieses Jahr werden keine neuen Verträge mehr geschlossen. Bereits bestehende Verträge werden aufgelöst.

Wie wichtig ist so ein beliebtes, ja geliebtes Sommer-Kulturprogramm für die Stadt und ihre Menschen?

Reuter: Sehr wichtig. Der Bad Homburger Sommer hätte dieses Jahr den 35. Geburtstag erlebt. Ein vielversprechendes Jubiläum mit zahlreichen Höhepunkten. Mehr als 40 000 Besucher lockte das Sommer-Event vergangenes Jahr in die Parks und in die Innenstadt. Es ist das erste Mal in der Geschichte des „Bad Homburger Sommers“ sowie des Thai-Festivals, dass diese ausfallen.

Wie wichtig wäre es in der augenblicklichen Situation für die Psyche?

Reuter: Gerade nach einer längeren Zeit des Verzichts haben die Menschen Appetit auf Feste, auf Leben außerhalb der eigenen Räume. Doch jetzt so etwas anzubieten, das wäre waghalsig. Wir wollen Weitsicht walten lassen. Bad Homburg ist eine Kurstadt, und für uns steht das Wohl der Menschen immer an erster Stelle. In diesen Zeiten tausende Menschen zu Großveranstaltungen zu locken, wäre unverantwortlich.

Kann in diesem Jahr ein improvisiertes Programm reichen? Balkonkonzerte, Fenstersingen, virtuelle Flashmobs, medial vermittelte Kultur?

Reuter: Wir sind im engen Austausch mit den Künstlern, was möglich ist. Mehr können wir heute noch nicht verraten. Vorstellbar ist vieles, aber ob auch realisierbar, das ist offen.

Nach dem Sommer ist vor dem Sommer, heißt es bei Ihnen im Team. Sie haben also schon ein halbes Jahr Arbeit investiert, ehe das öffentliche Leben abgeschaltet wurde. Was entgeht den Homburgern und Ihren Gästen nach der nun endgültigen Absage?

Reuter: Ein außergewöhnliches Programm, das wir in diesem besonderen Fall nur aufschieben, nicht aber aufheben. Was genau den Besuchern des „Bad Homburger Sommers“ entgeht? Hier ein kleiner Vorgeschmack: die „Klassiknacht in Weiß“ mit Beethovens 9. Sinfonie, außerdem ein Konzert der Band „Eltonology“ mit ihrem Elton-John-Tribute, eine „Silent Disco“ oder die beliebte junge Coverband „Radio Future“. Und natürlich die vielen beliebten Klassiker.

Und wenn nicht jetzt, dann eben nächstes Jahr? Und dann erst recht, noch besser, noch perfekter, mit noch mehr Höhepunkten, ist das die Devise?

Reuter: Am Ende eines fantastischen „Bad Homburger Sommers“ denken wir nicht, wow, das müssen wir toppen im nächsten Jahr. Vielmehr schätzen wir uns glücklich mit dem, was war, und wünschen uns das in der Regel genauso wieder, vielleicht mit neuen Künstlern. Harmonie und Atmosphäre sind schwer zu multiplizieren.

Klein-Wimbledon lässt sich um ein Jahr verschieben, das ist kein großes Problem. Bei einer dreiwöchigen Veranstaltung wie dem „Homburger Sommer“ dürfte das kaum möglich sein.

Reuter: Wir arbeiten daran. In Absprache mit Künstlern und Agenturen versuchen wir, möglichst viel des Programms in das nächste Jahr zu integrieren. Wir sind optimistisch, dass uns das gelingt.



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