Bad Homburg (fch). Süßen trinken alle Kinder gern. Wenn sie ihn selbst gepresst haben, dann schmeckt er noch einmal so gut. Das war beim „Bad Homburger Apfeltag“ an der Erlenbachhalle der Fall. Den ganzen Tag über pressten hier Kinder aus selbst gelesenen Äpfeln Saft. Den verkosteten die Kelter dann anschließend. Für viele war es das erste Mal. Wie das mit den Äpfel und der Handpresse funktioniert, zeigten den Jungen und Mädchen Finn Seelos und Aurel Clemenz vom gemeinnützigen Frankfurter Verein Umweltlärm. Die vereinseigene Lernwerkstatt für Kitas und Kindertagesstätten wird von Barbara Clemenz geleitet, wie das Duo berichtete.
„Wir haben bisher aus dem Fallobst von Bad Homburger Streuobstwiesen zehn Liter Süßen mit den Gästen gepresst.“ Der Bad Homburger Apfeltag ist bei den Bürgern beliebt. Initiiert hat ihn vor 14 Jahren die Stadt. Anlass war und ist die Rettung von Streuobstwiesen, wie Henrik Barthel vom Grünflächenamt und Holger Fröhlich, Leiter Umwelt- und Land-schaftplanung, am Stand der Stadt informierten. Rund um Bad Homburg findet man noch vier dieser Streuobstwiesen-Areale – im Kirdorfer Feld, am Platzenberg, am Pilgerrain und in Ober-Erlenbach der Wingert. „Die Pflege der Jahrhunderte alten, viele 100 Hektar großen Kulturlandschaften war mit städtischen Kräften nicht leistbar.“
Um die einzigartigen, artenreiche Biotope zu retten und zu erhalten, setzt die Stadtverwaltung auf die Mithilfe von Vereinen und Bürgern. Und so gehören zu den Veranstaltern des „Apfeltags“ außer der Stadt auch der Verein Landschaftsschutz Platzenberg, die Interessengemeinschaft Kirdorfer Feld (IKF), die Hegegemeinschaft Ober-Erlenbach und der Naturschutzbund (Nabu). Zusätzlich hat die Stadtverwaltung drei der genannten Gebiete kartieren lassen. „Derzeit sind der Pomologe Werner Nussbaum und der Birnen-Fachmann Hermann Schreiweis am Pilgerrain und am Bornberg unterwegs.“
Das Duo verschafft sich einen Überblick über vorkommende Obstarten, versucht dabei seltene, regionale und erhaltenswerte alte Obstsorten aufzuspüren. Diese für die Zukunft zu erhalten ist ein wichtiger Beitrag für den Erhalt der biologischen Vielfalt. Die Bürger konnten sich auf fachkundigen Führungen durch das Gebiet Wingert über den Wert der Streuobstwiesen informieren. Die Stadt hat ein Förderprogramm für Streuobstwiesen aufgelegt, gibt Schnittkurse. Sie zeigte Insektenhotels, Fledermauskästen und Vogelhäuser aus den Oberurseler Werkstätten und gab bienenfreundliches Saatgut aus. „2018 wurden 5000 Samentüten verteilt.“
Pomologe Nussbaum hat bereits Apfelraritäten wie Der Leckerbissen, Gelbe Schafsnase, Gelber Bellefleur, Grüner Fürstenapfel oder Stahls Winterprinz auf den Homburger Streuobstwiesen entdeckt, beschrieben und mit zum Apfeltag gebracht. Am häufigsten kommt der Gestreifte Matapfel in der Stadt vor. Der Fachmann der Obstkunde bestimmte Obstsorten und informierte über Obstbaumpflege. Äpfel verkosten konnten Besucher auch am BUND-Stand der Bildungsgruppe „U-Huu!mwelt und Naturschutz“. In flüssiger Form schenkte Markus Roth Obstbrände, Liköre und Seccos aus der Rentmeistermühle aus. Das Obst wächst auf seinen Streuobstwiesen, deren Bestand er im Laufe der Jahre mit Neupflanzungen verjüngte und aufstockte. Mit den Besuchern Constanze Rose und Thomas Schulz kam der Obstbrenner schnell ins Gespräch. Das Duo berichtete ihm, dass sich auf dem Gelände der Erlenbachhalle einst die Süßmosterei von Josef Baumann befand. Baumann hatte ein Verfahren und Gerätschaften entwickelt, um Fruchtsäfte ohne chemische Konservierungsmittel haltbar zu machen wie den Ober-Erlenbacher Süßmost.
Auf dem „Bad Homburger Apfeltag“ informierte Hobbyimker Manfred Rubel über die Imkerei und ihre herausragende Bedeutung für Natur und Landwirtschaft. Außer Broschüren und zahlreichen Freizeitkarten zur Regionalparkroute oder dem Hölderlinpfad gab es auf dem kurstädtischen Apfeltag auch heimische Spezialitäten wie Wild-Bratwürstchen bei den Ober-Erlenbacher Jägern, die nebenbei über das 560 Hektar große Revier von Jörg Becker und acht Jagdfreunden informierten. Bei den Landfrauen gab es leckere Kuchen. An einem Stand konnten E-Bikes getestet werden. Und Wilfried Fechner präsentierte am Stand des Nabu Kirdorf und Ober-Erlenbach präparierte tierische Verkehrsopfer wie Graureiher, Schleiereule, Habicht, Wachtel und Rotfuchs.