Aus Audrey soll eine Alzheimer-Hündin werden

Audrey, künftige „Alzheimer-Hündin im Kurstift Bad Homburg, mit ihrer Patin Andrea Klemencic. Foto: fch

Bad Homburg (fch). Dunkle Knopfaugen, blonde Haare und ein treuer Blick zeichnen neben einem sanften Temperament Hundebaby Audrey aus. Die Golden-Retriever-Hündin ist gerade einmal 16 Wochen jung. Und steht bereits bei ihrem ersten Pressetermin im Kurstift mit ihrer Patin Andrea Klemencic im Mittelpunkt.

Das Interesse der Bewohner, Mitarbeiter, Medienvertreter und Gäste an ihr nimmt die junge Hündin gelassen hin. Sie genießt ihren Auftritt, spielt mit ihrem Stofftier, wälzt sich über den Boden oder fordert die ebenfalls anwesenden, erwachsenen Assistenzhunde wie Todd und Boss zum Spielen auf. Vor Audrey liegt eine intensive Ausbildung. Sie wird für die Betreuung von Menschen mit kognitiven Einschränkungen und demenziellen Veränderungen ausgebildet. Audrey soll als künftige „Alzheimer-Hündin“ demenziell erkrankten Senioren im Kurstift zeitweise Gesellschaft leisten.

Den Betroffenen vermittelt Audrey das Gefühl, gebraucht zu werden. Sie ermuntert sie, sich mitzuteilen, ruft Erinnerungen wach und knüpft so ein Band zwischen Gegenwart und Vergangenheit. Wo Angehörige und Pflegekräfte kaum noch Zugang finden, kann Audrey Mittlerin sein. „Die Verständigung zwischen Mensch und Tier erfolgt auf einer tiefen emotionalen Ebene, die von demenziellen Veränderungen unberührt bleibt. Ihre Zuneigung ist unvoreingenommen, ehrlich und bedingungslos. Damit erfüllt sie ganz ursprüngliche Bedürfnisse nach Nähe, Wärme, Trost und Anerkennung“, informierte Tatjana Kreidler, Gründerin und Vorsitzende von „Vita Assistenzhunde“. Sie hat den Welpen bei der Züchterin aus einem Wurf ausgesucht, bildet ihn mit seiner Patin als Gefährten, Helfer und tierischen Therapeuten aus.

Brille und Pantoffeln holen

Im September ist Audrey im Kurstift eingezogen. Dort arbeitet auch ihre Patin. Sie begleitet die junge Hundedame, sozialisiert sie spielerisch, besucht mit ihr die Welpenschule, nimmt sie abends mit nach Hause, ist ihre Bezugsperson. „Nur, wenn es dem Hund gut geht, kann er Menschen helfen.“ Audrey wird den Senioren im Alltag kleine Hilfestellungen geben, ihnen die Hausschuhe, das Brillenetui oder das Telefon bringen. Im Gegenzug möchte sie gefüttert, gekrault und gebürstet werden. Bis es soweit ist, übernimmt das aufwendige Training der Hündin der gemeinnützige Verein Vita. Er bildet Assistenzhunde für Menschen mit körperlicher Behinderung aus und mit Audrey zum zweiten Mal seit 2006 einen Alzheimer-Hund.

Sicherheit und Geborgenheit

Diplom-Sozialpädagogin Tatjana Kreidler hat für die Ausbildung der Hunde eine eigene Methode, die Kreidler-Methode, entwickelt, die sich auch auf die Arbeit mit demenziell veränderten Menschen übertragen lässt. Gefördert und finanziert wird Audreys Ausbildung von „Tierisch engagiert“, einer Initiative von Fressnapf Deutschland. Fressnapf arbeitet mit dem Verein seit 2013 zusammen, finanziert auch Ausbildung und Leben von Assistenzhund Todd. Die Kosten für Wesenstests, Kauf, Papiere und Zertifizierung, Ausbildung, Tierarztkosten und Nahrung belaufen sich auf 75 000 Euro. „Die Hunde werden zwölf bis 14 Jahre alt, wir begleiten sie ein Leben lang“, betont Tatjana Kreidler.

Dr. Stefan Nels, Chefarzt der Geriatrie in den Hochtaunus-Kliniken, betont die positiven Auswirkungen der Hunde auf die von Demenz Betroffenen. „Das Kurstift legt besonderes Augenmerk auf die Betreuung und Versorgung von Menschen mit kognitiven Einschränkungen und demenziellen Veränderungen. Die Diagnose Demenz kann sehr belastend sein, nicht nur für den Betroffenen selbst, sondern auch für die Angehörigen. Die betroffenen Menschen im Alltag zu begleiten, ihnen ein Gefühl der Sicherheit und Geborgenheit zu vermitteln sind Grundsätze all unserer Handlungen. So haben wir die Initiative ‚Leben mit Demenz‘ ins Leben gerufen“, erläutert Yvonne Haschke vom Kurstift. Tiere gehören im Kurstift dazu, bereichern das Leben der Gemeinschaft. Kein Bewohner muss sich bei einem Umzug von seinem Haustier trennen. Außerdem statten die „Therapeuten auf vier Pfoten“, die Assistenzhunde von Vita, den Senioren schon seit über zwei Jahren regelmäßig Besuche ab.

Stadträtin Lucia Lewalter-Schoor lobt das Projekt. Sie will es mit dem Kauf von Armbändern bei Fressnapf fördern. Von der von Oktober bis Dezember laufenden Aktion gehen 60 Prozent des Erlöses an den Deutschen Tierschutzbund, 25 Prozent an lokale Tierschutzprojekte und 15 Prozent an Vita-Assistenzhunde wie Fressnapf-Projektleiterin Theresa Spenrath informierte.



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