Der Baum, das Holz, das Kunstwerk

In einer Einzelausstellung in der Englischen Kirche präsentiert der Bad Homburger Holzkünstler Thomas Pildner bis Anfang August einen Teil seiner beeindruckenden Werke. Foto: M. Palzer/Pildner

Bad Homburg (fch). Kunst in der Kirche hat in der Kurstadt Tradition. Gelegenheit, die künstlerische Auseinandersetzung eines Bildhauers mit dem Naturmaterial Holz zu sehen, bietet Bürgern ab Freitagabend die Ausstellung „WonderWood“. Im Kulturzentrum Englische Kirche präsentiert der mit zahlreichen Preisen für sein Werk ausgezeichnete Bad Homburger Künstler Thomas Pildner seine einzigartigen Gefäße, Objekte und Skulpturen aus dem nachwachsenden Rohstoff Holz.

„Die Schönheit und Lebendigkeit des Naturmaterials Holz sichtbar zu machen, ist der Anspruch jedes Drechslers. Meine Gefäße und Objekte gestalte ich ausschließlich aus dem vollen Holz eines Baumes, wobei Spalten, Risse, Bruchstellen und Spuren der Werkzeuge bewusst als Gestaltungselement integriert werden. Praktikabilität und Funktionalität können dadurch in den Hintergrund treten“, sagt der Künstler.

Das Holz für seine Gefäße, Objekte und Skulpturen findet er in Bad Homburg und der Region. Es stammt von Bäumen, die dem Wind nicht standhielten oder aus einem anderen Grund gefällt werden mussten. So wie ein abgefallener Ast der monumentalen Libanon-Zeder vor dem Bad Homburger Schloss. Aus dem Ast dieser ältesten und größten Zeder ihrer Art in Deutschland hat der Bildhauer und Drechsler Gefäße angefertigt. Wer seine Kunst für sich entdeckt, bemerkt, dass Holz nicht nur lebt, sondern beeindruckende Linienmuster, Kontraste, Figuren und Formen wie etwa Wellen am Strand erzeugen kann. Ob nass oder trocken gedrechselt, immer zeigen die Gefäße, Objekte und Skulpturen Thomas Pildners seine Kunst, das lebendige Material mit Hilfe traditioneller Bearbeitungsverfahren zu einer neuen künstlerischen Formensprache zu verbinden.

Mal mächtig, mal zart

Das Ergebnis sind massive, dickwandige, archaische Gefäßobjekte und Oberflächen, die das Material und die Schönheit des Holzes kraftvoll zur Geltung bringen und dabei die Grenzen des Gewohnten sprengen. In „WonderWood“ zu sehen sind Objekte, die die Idee des traditionellen Gefäßes nur noch erahnen lassen. Weit weg von dem klassischen Holzgefäß visualisieren die individuell gedrechselte Gefäßobjekte – ob mächtig oder zart – Naturphänomene und die künstlerischen Möglichkeiten, diese in einer Form einzufangen und sprechen zu lassen.

In den Serien „La Vida“ und „Seaside“ ist es Thomas Pildner gelungen, einen Schritt weiterzugehen und ganz eigene Akzente zu setzen. Tief herausgearbeitete Rillen folgen Jahresringen, Wachstumsphasen, Ästen und Unregelmäßigkeiten und vermitteln einen skulpturalen Eindruck, der deutlich über das übliche, schön gedrechselte Gefäß hinausgeht.

In der Einzelausstellung „WonderWood“ zeigt der Künstler auch aus dem Naturstoff Holz gefertigte große und starke Gefäßkörper, die dem Holz viel Raum geben, sich selbst auszudrücken und Präsenz im Raum zu entfalten. Pildner drechselt seine Werkstücke auf einer Kopfdrehbank. Er bearbeitet das Naturmaterial entweder nass, das heißt, unmittelbar nach der Fällung des Baumes, oder trocken, sprich, wenn der Holzrohling ein bis drei Jahre an der Luft getrocknet ist. „Im Gegensatz zu den nass gedrechselten Gefäßen sind diese dauerhaft symmetrisch.“ Der Künstler sagt: „Mein Werk ist vollendet, wenn es dem Baum die Ehre erweist und nicht nur als Behältnis wahrgenommen wird, sondern als Objekt, das für sich steht.“ Dank der Ästhetik seiner Drechsler- und Bildhauerkunst werden Pildners Arbeiten deutschlandweit in Ausstellungen gezeigt und sind in öffentlichen und privaten Sammlungen vertreten. Zu den Auszeichnungen des Bad Homburgers gehört unter anderem die Nominierung für den Hessischen Staatspreis für das Deutsche Kunsthandwerk im vergangenen Jahr und der Hessische Gestaltungspreis 2018. Mit seiner Einzelausstellung in der Englischen Kirche nimmt der Künstler die Besucher mit auf eine spannende Entdeckungsreise in die Ästhetik der Drechsler- und Bildhauerkunst generell und speziell die seines unverkennbaren Werks.

!Die Ausstellung „WonderWood – Der Baum, das Holz, das Werk“ mit Werken von Thomas Pildner ist vom 8. Juli bis zum 6. August in der Englischen Kirche, Ferdinandsplatz, zu sehen. Öffnungszeiten: dienstags bis freitags von 15 bis 19 Uhr, samstags und sonntags von 13 bis 18 Uhr. Der Künstler ist anwesend. Die Vernissage findet am Freitag, 7. Juli, um 19 Uhr auf Einladung von Oberbürgermeister Alexander Hetjes statt. Begrüßt werden die Besucher von Nina Hoff-Kott, eine Einführung in das Werk von Thomas Pildner gibt Dr. Sabine Wilp, Präsidentin des Bundesverbands Kunsthandwerk. Musikalisch umrahmt wird die Vernissage von Pianist Laurids B. Green. Der Eintritt ist frei.

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