Ein Blick zurück auf die Anfänge der Galerie „Artlantis“

Bad Homburg (ks). Der Besuch in der Galerie Artlantis hatte diesmal etwas Magisches, fast Unwirkliches. Dort wird unter dem Titel „Back to the Ruths“ die Ausstellung zum 75-jährigen Bestehen des Kunstvereins gezeigt. Zu bestauenen sind Werke von Mitgliedern aus der Gründergeneration, die aktive Künstler zu eigenen Arbeiten inspiriert haben. Diese Dialoge mit Gertrud Sentke, dem Ehepaar Asta und Gottlieb Ruth, Benno Walldorff, Veit von Seckendorff, Kurt Riedel, Karlheinz Volk, Hans Meinke, Dieta Roser, Ewald Becker und Friedrich Gronstedt sind interessant und spannend. Vom Altmeister und ersten Vorsitzenden des 1948 gegründeten Vereins, dem Bad Homburger Maler Carl Stoltz, sind das großformatige Gemälde „Das Lebensalter“ (1923) und das Selbstporträt (1924) zu sehen. Stoltz war Schüler der Weimarer Malerschule und, wie die Gemälde bestätigen, noch ganz der tradtionellen Malerei verhaftet. Diese Werke sind im Besitz der Stadt und wurden für die Jubiläumsausstellung vom Städtischen Historichen Museum ausgeliehen.

Wenn es tatsächlich so etwas wie einen „genius loci“ gibt, dann war die lebhafte Erinnerung an Begegnungen mit Künstlern aus den ersten Jahrzehnten nach Krieg und Nationalsozialismus nicht verwunderlich. Diese schienen plötzlich „greifbar nahe“ und lebendig zu sein: Die quirlige, freundliche Gertrud Sentke, die Italien und besonders Positano geliebt hat und dieser Liebe auch immer wieder in ihren Bildern huldigte. Neben dem „Fensterbild“ in der Ausstellung blieb das Aquarell mit dem Titel „Guten Morgen, Positano“, in Erinnerung. Gertrud Sentke nutzte aber auch die wiedergewonnene Freiheit, sich lange verpönten Stilrichtungen wie dem Kubismus zuzuwenden. Asta Ruth-Soffner präsentiert sich in der Erinnerung elegant und selbstbewusst, im Gegensatz zu ihrer manchmal recht zarten Malweise mit pastosen Farben. Auch ihr Mann Gottlieb Ruth wollte nicht aufdringlich sein. Beide Künstler nutzten die Chance, in der Wirtschaftswunderzeit mit Werbeaufträgen zu punkten. Benno Walldorff bleibt als kreativer Künstler und begnadeter Jazzer in lebhafter Erinnerung. Seine artistischen Elefanten mit ihren Kunststücken, die Stühle und das Schachbrettmuster gehören zu seinen Markenzeichen. Seine kräftigen, fröhlichen Farben wirken wie fantasievolle „Noten“ eines Malers, der auch ein Musiker war.

Mit Selbstporträts sind Carl Stoltz, Ewald Becker, Carl Trinkewitz und Hem Schüppel präsent. Die vergangenen Jahrzehnte hatten manche Wunde geschlagen. Doch Hem Schüppel, einige Jahre auch Vorsitzender des Künstlerbundes, war besonders betroffen. Er musste die bittere Zeit in einem russischen Gulag verkraften. Dabei half dem engagierten Pädagogen neben der Malerei und Grafik auch seine Poesie. Georg Hieronymi repräsentiert in der Ausstellung die Bildhauerei. Besonders lustig und skurril ist die „Ameise“, elegant und grazil seine Bronze „Kleine Tänzerin“. Diesen unkomplizierten, aufgeschlossenen Oberurseler Künstler nannten Freunde nur „Hiero“.

Wohl bewusst provokant wirken die Werke von Reimund Schui, der mit dem Gemälde „Poseidon und seine Töchter“ vertreten ist. Gerhard Schleypen zeigt sein „Spectaculum“, Hans Meinke ein „Dorf in Spanien“ und Friedrich Gronstedt „Boote im Hafen“. Lutz Krüger setzt sich mit Artikel 5 des Gundgesetzes auseinander. Nicht vertreten ist der grandiose Porträtkünstler Bernhard Wichert, der auch am Klavier wunderbar improvisieren konnte, und es fehlt auch der Frankfurter Künstler Rico Blass. Dessen große Grafik „Club of Rom“ aus dem Jahr 1960 zeigt, wie Menschen auf der überfüllten Erde keinen Platz mehr finden und ins Ungewisse stürzen: erschreckend aktuell bis heute.

Hans Helmut Rupp, dem engagierten, kreativen Vorsitzenden und „spiritus rector“ des „Kunstvereins Bad Homburg-Artlantis“ als Nachfolger des Künstlerbundes, ist es gelungten, das Künstlervolk zusammmenzuhalten; und Artlantis neben seiner Funktion als Tempel der Bildenden Kunst zu einem Ort zu machen, an dem auch Künste wie die Musik und die Literatur willkommen sind.

!Die Jubiläumsausstellung in der Galerie Artlantis, Tannenwaldweg 6, dauert noch bis zum 30. April und ist freitags von 15 bis 18 Uhr, samstags, sonntags sowie an Feiertagen von 11 bis 18 Uhr geöffnet.

Boote waren nicht nur Thema von Ewald Becker. Foto: ks

Dieses Paar hat der Künstler Georg Hieronymi geschaffen. Foto: ks

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