Bad Homburg (js). Der letzte Tennis-Vorhang für „Petko“ fällt am Sonntagmittag um kurz nach 1 Uhr mittags. Es ist verdammt heiß auf dem Centre Court, wahrscheinlich über 30 Grad Celsius unten auf dem Rasen. Aber die 35 Jahre zählende ganz besondere Athletin aus Darmstadt hängt sich noch einmal voll rein. Will ihr Publikum und ihre Fans in der Kurstadt nicht enttäuschen und sich selbst bis zum Schluss treu bleiben.
Was für eine Abschiedsparty für „Petko“. Der erste Sonntag in Klein-Wimbledon, der Centre Court voll besetzt und viel Emotionen beim Abschied der beliebten Spielerin Andrea Petkovic. Da fließen auch ein paar Tränen unter Freundinnen. „Ich freu mich auf den letzten Tanz mit Petko“, sagt „Angie“ Kerber, die als Überraschungsgast auftritt und beim Doppel im Match Tiebreak an der Seite der Konkurrentin, Weggefährtin über viele Jahre und Freundin steht. Erstmals öffentlich nach der Geburt ihrer Tochter Anfang des Jahres, natürlich bei den „Bad Homburg Open“ und ebenso selbstverständlich mit einem Bekenntnis zu dieser intimen Tennis-Veranstaltung im großen Zirkus. Ist ja irgendwie auch ihr Kind, dieses Turnier. Ein gebührender Abschied, denn auf der anderen Seite des Netzes steht mit Rainer „Shaker“ Schüttler auch ein ganz Großer der Szene mit Anna-Lena Friedsam an seiner Seite.
Im Park nebenan sind um 12 Uhr mittags die Kunstsinnigen bei einer Führung durch die „Blickachsen“-Ausstellung unterwegs, als hier die Showtime beginnt. „Ich schaffe nichts Bleibendes, ich spiele nur Tennis“, hat Andrea Petkovic mal in einem Interview gesagt. Den Sprung in die Top-Ten des Welttennis hat sie geschafft, viele Titel gewonnen, mit dem deutschen Nationalteam Erfolge eingefahren, vor allem eine Sympathieträgerin ist sie geworden, hat schon früh ihren eigenen Kopf gehab und darin viel mehr als nur Tennis. „Sie war nicht immer einfach“, formuliert Papa Zoran vorsichtig, mehr verrät er nicht. Die Charaktereigenschaft „Perfektionistin“ erwähnt er noch. Dass sie ihren eigenen Kopf hatte, alle auf der Tour wissen es. Dieser Kopf hat sie auch Wege zumindest abseits vom Tennis beschreiten lassen, selbst wenn es immer Berührungspunkte gab. Als Kommentatorin, als Mentorin für junge Spielerinnen, als Buchautorin mit ihrer eigenen Geschichte als Thema und und und…
Die „taffe Olle“, wie sie sich selbst nennt, hat sie auch knapp ein Jahr nach ihrem offiziellen Rücktritt noch einiges drauf im von Kreidestrichen begrenzten genau abgemessenen Geviert, in dem sie seit ihrer Kindheit viel Lebenszeit verbracht hat. Und auch den Zuschauern viel gegeben hat, nicht zuletzt mit ihrem kleinen Tänzchen am Ende manch einer Partie. Die Menschen auf der Tribüne danken es ihr und verabschieden sie mit stehenden Ovationen nach ihrem knappen Sieg im Match Tiebreak im Einzel gegen die Kollegin Anna-Lena Friedsam und dem knapp 9:10 im Doppel mit „Angie“ gegen Schüttler/Friedsam. Man wird sich wiedersehen, irgendwo in der kleinen großen Tenniswelt.