Espresso mit Stil in der Remise aus Kaisers Zeiten

Blick auf die Glasfassade des neuen Schlosscafés im unteren Schlosshof. Foto: js

Bad Homburg (js). Der erste Blick fällt auf eine große Glasfront, vier Türen zum unteren Schlosshof lassen sich öffnen. Die Nachmittagssonne fließt auf das fein mit Schiefer gedeckte Dach und flutet dezent den Raum, der noch wie erstarrt wirkt. In den hohen Fenstern spiegeln sich Ausschnitte von Schlossfassade und der großen Linde, die angenehmen Schatten auf einen Teil der Terrasse mit dem schlichten Holzboden wirft.

Funktionell gestaltet, außen wie innen, kommt die einstige Remise, die alte Wagenhalle, in der auch des Kaisers Kutschen standen, nach jahrelangen, immer wieder verzögerten Sanierungsarbeiten daher. Sie wird das neue Schlosscafé beherbergen. Angereichert mit Tischen im Außenbereich unter dem Lindendach kann man sich das schon hübsch vorstellen. Espresso mit Stil eben. Drinnen dominiert derzeit eher nüchterne Sachlichkeit. Hier hat noch keine Caféhausbetreiberin ihre Handschrift, ihre persönliche Note hinterlassen. Hat noch kein neuer Pächter Zeichen lebendigen Lebens gesetzt. Das wirkliche Leben müssen die „Neuen“ am Kuchentisch und hinter der Theke mitbringen.

Es gibt sie noch nicht, die mit dem frischen Caféhaus-Geist. Aber man befinde sich in der „finalen Findungsphase“, sagt Denkmalpfleger Nils Wetter von der Staatlichen Verwaltung der Hessischen Schlösser und Gärten, der seine Promotion im und über das Landgrafenschloss abgeschlossen hat. Und sich aktuell mit Architekt Holger Zimmer in Sachen neues Schlosscafé im Feintuning befindet. Der doppelte „Tag der Architektur“ am Wochenende bot Gelegenheit zur Werbung in eigener Sache und dem interessierten Publikum die Chance zum Schnuppern ohne Kuchenduft über den Tischen. „Optisch glatt“, befindet ein älterer Herr, der mit der Gattin aus Kronberg zur Vorab-Besichtigung gekommen ist.

Ein paar Dutzend Interessierte waren es am Samstag, die meisten kennen die komplizierte Vorgeschichte und erinnern sich gut an das von Julia Gadenz-Vornholt geführte Schlosscafé im Vestibül des Königsflügels und die romantisch arrangierten Tische im Außenbereich des Cafés unter der alten Zeder im Park. Auch an der „Schlossprinzessin“, wie sie genannt wurde, und ihrem Umgang mit der Schlosscafé-Idee müssen sich die neuen Pächter messen lassen. Nach 13 Jahren hatte sie 2021 aufgegeben, das ewig lange Hin und Her mit Planungen des neuen Standorts, die Verzögerungen, mehrfaches Improvisieren, zuletzt mit Foodtruck im Schlosshof, hatten zu viele Nerven gekostet. „Wir hatten für Julia Gadenz-Vornholt geplant“, sagt Nils Wetter noch heute. Allein, die Schlösserverwaltung und die Schlossprinzessin kamen nicht mehr zusammen.

Der zweite Blick fällt auf den Innenraum, wo Nils Wetter und Holger Zimmer die Gäste vor und hinter dem Tresen begrüßen. Fällt auf eine puristische Einrichtung mit schwarzen Tischen und schlichten Stühlen in hellem Braun, ordentlich in drei Reihen aufgestellt, rund 40 Gäste sollen im Innenraum Platz finden. Unter altem Gebälk, zum Teil noch aus dem späten 17. Jahrhundert stammend – man erkennt das auch an ihrem Fundament, das aus dem Holzfußboden herausgearbeitet wurde. Einzelne Balken mussten neu eingezogen werden bei der Dachsanierung, der Blick nach oben zum Gefachmauerwerk ist offen.

Durch den geheimen „Kaisergang“

Man kann sich vorstellen, wo der Kaiser einst bei Regen trockenen Fußes vom Königsflügel in die Schlosskirche gelangte. Über den geheimen „Kaisergang“, der direkt hinter der Wand liegt und weiterhin geheim bleiben wird. Eine neue Wegebeziehung, wie es der Denkmalpfleger Wetter nennt, gibt es trotzdem, denn auf der anderen Seite der Glasfront führt eine Tür in den Schlossgarten. Ziemlich genau dort, wo vor der Schlossfassade, die gerade noch gestrichen wird, und unter den ausladenden Ästen der Zeder bei Julia Gadenz-Vornholt die schnuckeligen „Partnerbänke“ mit zwei Sitzen und Mitteltischchen standen, sollen sie bald wieder stehen. Auch das neue Schlosscafé wird zwei Open-Air-Varianten bieten, dies gehörte zur Grundidee.

Schwarz ist neben den hellen Brauntönen des Mobilars und dem etwas dunkleren Braun des Bodens und Gebälks die zweite dominierende Farbe in der Grundeinrichtung des inneren Cafés – von der Rückwand hinter der Theke bis zum Toiletten-Blockhaus auf der anderen Seite des Raumes. Bei Veranstaltungen in der Schlosskirche soll das Café auch Abendbetrieb bieten und zum „Konzertcafé“ werden. Auch für private Feiern wie Hochzeiten wird es wohl buchbar sein. „Ein pfiffiger Pächter kann was machen“, sagen die Planer am Ort. Und wann kann er oder sie das machen? „Wann geht’s los?“ Das ist die am Wochenende am meisten gestellte Frage. Da schwanken die Herren noch, irgendwann zwischen „im August“ und „Spätsommer“.

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