Heitere Tanzrhythmen und erhabene Momente der Musik

Die Pianistin Natalia Avella-Ramirez wird für ihr facettenreiches Spiel mit viel Beifall belohnt. Foto: ks

Bad Homburg (ks). Mit dem gut besuchten Konzert von Natalia Avella-Ramirez am Flügel ist die Saison der Kulturkreis-Veranstaltungen im Foyer des Kurhauses mit viel Beifall für die Solistin zu Ende gegangen. Die Künstlerin und einstige Schülerin von Rolf Kohlrausch hat mir ihrer Interpretation und eigenen Akzentsetzung der Werke von Bach, Beethoven und Schumann eindrucksvoll bewiesen, dass sie zu Recht als Meisterpianistin bezeichnet wird.

Auch Etüden, also Übungsstücke, haben ihren Reiz und ihre Besonderheiten wie etwa Bachs „Partitas“, die am Anfang standen. Es sind erkennbar stark strukturierte Übungen, in denen Bach „alle Techniken und Ratschläge der Rhetorik“ angewandt und dabei auch auf Aristoteles Bezug genommen habe, wie Experten behaupten. Der Zuhörer erlebt sie als lebhafte und muntere ernste und heitere Tanzrhythmen wie Allemande, Menuett, Sarabande, Gigue und Passepied, einem alten französischen Rundtanz, die entsprechend auch als „Klangreden“ des Komponisten interpretiert werden. Schumanns „Symphonische Etüden“ am Ende des Konzerts schwanken zwischen Melancholie und Euphorie, sind vielschichtig und fußen auf einem Thema des Freiherrn von Fricken, mit dessen Tochter Ernestine Robert Schumann verlobt war, bevor er seine spätere Frau Clara kennenlernte.

Natalia Avella-Ramirez hat die Möglichkeiten zu ihrer Interpretation voll ausgeschöpft. Im Mittelpunkt des ansprechenden Konzerts stand jedoch Ludwig van Beehovens Sonate Nr. 32 in c-Moll, die als „Vermächtnis“ des um 1822 inzwischen fast tauben Genies gilt. Sie hat nur zwei Sätze, wobei der fast 20 Minuten dauernde zweite Satz ungewöhnlich lang ist. Interpreten erkennen darin die „erhabensten Momente der Musik überhaupt; eine Musik des Abschieds mit der Überleitung ins Jenseits“. Während im ersten Satz noch Widerstand und Kampf zu vermuten sind, endet das Werk mit liedhaften Variationen auf das Thema der Arietta, in denen es nun um Gnade gehe. Genau „das mache das Geheimnis dieser Sinfonie aus“, die auch Schriftsteller wie Thomas Mann und Wissenschaftler wie Theodor Adorno beschäftigt hat.

Die Solistin hat diesen Zwiespalt überzeugend zum Ausdruck gebracht. Es gab herzlichen Beifall für die Künstlerin, die sich mit einer Zugabe bedankte. Natalia Avella-Ramirez ist neben ihrer Konzerttätigkeit auch pädagogisch engagiert, darunter in ihrem Heimatland Kolumbien. Seit dem Sommersemester 2018 promoviert sie im Fach Musikpädagogik an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Frankfurt, die auch die Alma Mater von Rolf Kohlrausch ist.

 

!Am Sonntag, 26. Mai, um 16 Uhr, gibt es im Foyer des Kurhauses ein Konzert von Kindern für Kinder, und die jungen Akteure würden sich über zahlreiche Besucher, darunter nicht zuletzt auch Kinder, freuen. Der Kulturkreis startet am Dienstag, 15. Oktober bereits um 19.30 Uhr mit einem Duo-Abend im Rahmen des Forums für junge Künstler in die neue Saison. Calliope Watson (Violine) und Helena Hofelich (Klavier) spielen unter anderen Werke von Vivaldi, Schubert und Kreisler. Die Veranstalter machen darauf aufmerksam, dass die Konzerte in der neuen Saison dienstags bereits um 19.30 Uhr beginnen. Karten gibt es ab 19 Uhr an der Abendkasse im Foyer.

 



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