Bad Homburg (hw). Die Zeiten mögen sich ändern, aber manches bleibt doch gleich. Waldemar Wehrheim, geboren 1939 und Mitglied des Kirdorfer Heimatmuseums erinnert sich an die Kerb.
„Wenn die Kirdorfer auf das Kerbegeschehen vor 100 Jahren zurückblicken, so war damals vieles ganz anders als heute. Die Kerb war besonders viel kirchlicher als heute. Gleich geblieben ist das Datum, denn gefeiert wird am Sonntag nach dem Patronatsfest des Kirchenpatrons von St. Johannes (24. Juni). Während heute mit dem Kerberummel bereits am Freitagnachmittag begonnen wird, war dies in früheren Zeiten erst am Sonntagnachmittag der Fall. Der Sonntagvormittag stand zunächst ganz im Zeichen des religiösen Festes mit feierlichem Gottesdienst und einer Prozession durch den Ortskern. Ausgerichtet wurde die Kerb vorwiegend durch die Gaststätten in der Kirdorfer Straße. Für die Kirdorfer war „ihre Kerb“ eines der Hauptfeste im Jahr, an der auch mal mehrere Tage Urlaub angesagt waren. Während am Sonntag viele Gäste von außerhalb, meistens Verwandte und ehemalige Kirdorfer kamen, war man am Montag unter sich. Es wurde ausgiebig gefeiert und getanzt, letzteres am liebsten in den Tanzpavillons (genannt Diwweljes, von Tivolis) im Freien, die sich im Garten der Wirtshäuser Metzgerschorsch, Leitsch und Leimpold befanden, den Gastgärten. Auch am Kerbmittwoch wurde noch tüchtig gefeiert. Am Sonntag darauf gab es schließlich die Nachkerb mit einem verkleinerten Rummelplatz. Ich persönlich lernte hier im Jahre 1960 meine liebe Frau Marianne kennen. Wir tanzten den ganzen Abend im Tivoli vom Metzgerschorsch. Es war der Beginn unserer über sechzig Jahre dauernden Ehe.
Die Kirdorfer lebten von 100 Jahren viel einfacher als heute; sie waren bodenständig und liebten ihren Ort. Traditionen waren daher für sie sehr wichtig. Eine kleine Rarität aus dem Jahr 1925 hat meine Ehefrau aufgehoben. Es sind zwei Andenkenkärtchen, die es damals an der Kerb zu kaufen gab. Man schenkte diese hübschen Erinnerungskärtchen der Freundin, dem Freud oder dem Ehepartner. Sie sind kunstvoll in Handarbeit hergestellt. Die eine Karte trägt noch den Hinweis, dass ein Naturedelweiß das Kärtchen schmückt. Das Kärtchen mit dem Aufdruck „Susanna“ war für die Großmutter meiner Frau bestimmt. Die Widmung auf der Rückseite lautet: „Aus Liebe von deinem Mann Albert“.
Heute, genau 100 Jahre später gibt es die Kirdorfer Kerb immer noch. Wenn sich auch vieles verändert hat, im Kern sind die Kirdorfer sich selbst und der Tradition treu geblieben.“