Kultur ist eine Streicheleinheit für die Seele

Beim Fest zum zehnjährigen Bestehen der „Kulturkinder“ im Gustavsgarten ist Spaß und Spiel angesagt. Auch die Kasperl Kompanie schaut vorbei und nimmt die Jungen und Mädchen mit in eine spannende Räubergeschichte, bei der eine Pfanne mit Bratwürsten eine entscheidende Rolle spielt: Foto: fk

Von Christine Šarac

Bad Homburg. Wenn Jutta Kaiser über ihre ehrenamtliche Arbeit beim Kulturleben Hochtaunus spricht, dann ist ihre Begeisterung ansteckend. Im Büro in der Ferdinandstraße ist die Zentrale, genauer gesagt das „Herz“ des Vereins, der sich kulturelle Teilhabe für Menschen, besonders Kinder, die es sich sonst nicht leisten könnten mal ins Theater oder ins Konzert zu gehen, auf die Fahne geschrieben hat. Mit einem großen Fest im Gustavsgarten haben die „Kulturkinder“ nun ihr zehnjähriges Bestehen gefeiert.

Das besonders die Kleinen mit Kunst und Kultur früh in Berührung kommen sollen, spürt man in dem kleinen Büro sofort. Zwar stehen hier Aktenschrank und Schreibtisch einträchtig mit PC und Drucker zusammen, wie in jedem anderen Büro auch – aber da lugt auch ein Stofftier-Panther vom Regal und auf dem Kopierer sitzt ein dicker Panda und lächelt.

Ein Lächeln huscht auch über Jutta Kaisers Gesicht, wenn sie daran denkt, dass sie beim Stück „Emil und die Detektive“ im Kurtheater die 25.000 Freikarte vergeben konnte. Ein tolle Bilanz seit Vereinsgründung 2013 – wie die Vorsitzende findet. „Von diesen 25.000 Karten gingen insgesamt 17.000 an Kinder“, sagt sie stolz. Die „Kulturkinder“ sind für sie ein Herzensprojekt. „Der Mensch lebt nicht nur vom Brot allein – auch eine Auszeit ist wichtig, eine Streicheleinheit für die Seele.“

Gegründet wurde der gemeinnützige Verein vom damaligen Leiter der Diakonie Bad Homburg. Genannt werden wolle er zwar nicht mehr, so Jutta Kaiser, doch sei der Gründer dem Verein immer noch sehr zugetan. Die Mutter dreier inzwischen erwachsener Kinder und Mehrfachomi kam 2014 dazu. „Ich wurde angesprochen, ob ich mir vorstellen könnte mitzuarbeiten“, erinnert sie sich. Sie konnte nicht nur, sie tat es auch, und hat 2019 sogar den Vereinsvorsitz übernommen. „Ich habe ein großes Herz für Kinder und Kinder sind unsere Zukunft. Sie können schließlich nichts dafür, wenn die Eltern nicht genug Geld haben“, gibt sie zu bedenken. Jutta Kaiser sieht die Dinge dennoch pragmatisch. „Natürlich ist es am Ende des Monats wichtiger, dass der Kühlschrank gefüllt wird und wenn kein Geld übrig bleibt für Kindertheater oder einen Kreativkurs, dann ist das so. Aber genau dafür gibt es uns.“

Ursprünglich sei der Verein jedoch gegründet worden, um Erwachsenen Zugang zu kulturellen Erlebnissen zu bieten. „Es hat sich dann aber ganz schnell herausgestellt, dass bei den Kindern ein ganz großer Bedarf da ist“, so Kaiser. In der Anfangszeit habe sie daher jede Einrichtung persönlich besucht, um Kontakte zu knüpfen und um ein Netzwerk aufzubauen, erinnert sich Jutta Kaiser. „Das hat im Kinderheim angefangen und hat immer weitere Kreise gezogen. „Ich habe drei Monate lang fast täglich telefoniert, Termine gemacht und Einrichtungen besucht. Das hat sich rumgesprochen“, erzählt sie. Fünf Personen seien sie damals gewesen, als der Verein noch in den Kinderschuhen steckte, heute seien es genauso viele, nur besser vernetzt. Das Papageno-Theater, die Krebsmühle, die Kasperl-Kompanie oder die Kinderkunstschule, das Kino in Bad Homburg das Kurtheater oder auch der Lions Club, sie alle unterstützen die „Kulturkinder“ und geben Restkarten an den Verein ab. „Dabei gehen wir jedoch ganz diskret vor. Bei uns wird keiner geoutet. Die Karten liegen immer auf den Namen des Empfängers an der Kasse“, erläutert Jutta Kaiser. Wer genau Bedarf hat, das ermittelt der Verein in Zusammenarbeit mit dem Kinderschutzbund. Grundvoraussetzung sei jedoch ein Bad Homburg-, oder Oberursel-Pass und dann muss auch noch eine Einrichtung wie zum Beispiel die Diakonie oder die Caritas per Stempel den Bedarf bestätigen. „Das muss sein, denn wir können keine Anträge prüfen“, erläutert Jutta Kaiser. Auf dem Formular ist auch die Dauer der Berechtigung vermerkt. Dann wird die Person in die Datenbank des Vereins aufgenommen zusammen mit Informationen darüber, welche Angebote interessant wären. Und wenn wir dann entsprechende Karten oder Plätze frei haben, dann rufen wir an und fragen, ob derjenige interessiert ist“, so Kaiser.

Die Coronapandemie sei für ihre „Klienten“ eine ganz furchtbare Zeit gewesen“, zieht Jutta Kaiser Bilanz. „In dieser Phase waren auch wir komplett lahmgelegt und das war für die Kinder natürlich sehr schlimm.“ In die Zukunft schaut Jutta Kaiser jedoch gelassen. Mit rund 80 Mitgliedern, darunter so prominente Namen wie Oberbürgermeister Alexander W. Hetjes, Kurdirektor Holger Reuter oder Pfarrer Andreas Hannemann von der Erlöserkirche. Die Schirmherrschaft haben Landrat Ulrich Krebs und Staatssekretärin Katrin Hechler übernommen.

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