Landgräfliche Gartenlandschaft zerfiel unter Preußen-Regiment

Kunsthistorikerin und Kulturwissenschaftlerin Dr. Maya Großmann informiert am Beispiel von Kunstwerken über den Identitätsverlust der Dänen nach dem verlorenen Zweiten Deutsch-Dänischen Krieg. Foto: fch

Bad Homburg (fch). Zu zwei interessanten Vorträgen unter dem verbindenden Titel „In den Fesseln der Preußen“ hatte die Stadt an Geschichte und Kunst Interessierte eingeladen. Die Vorträge der diplomierten Landschaftsarchitektin Elzbieta Dybowska „Landgrafschaft bis 1866 – Preußische Annexion“ und der promovierten Kunsthistorikerin und Kulturwissenschaftlerin Maya Großmann „Preußen und Dänemark nach 1864 – kulturelle Auswirkungen politischer Veränderungen“ fanden in der Schweizerei im Tannenwald statt. Begrüßt wurden die Teilnehmer von Holger Heinze, dem Fachbereichsleiter Stadtplanung. Die Vorträge waren Teil der Reihe „Die Stadtplanung lädt ein“.

Elzbieta Dybowska informierte, dass zwei Generationen Homburger Landgrafen zwischen 1770 bis 1840 das 360 Hektar große Gesamtkunstwerk die „Landgräfliche Gartenlandschaft Bad Homburg“ erbauten. Es waren zum einen Landgraf Friedrich V. und seine Frau, Prinzessin Caroline von Hessen-Darmstadt. Und zum anderen der älteste Sohn der beiden, Erbprinz Landgraf Friedrich VI. und seine Frau Elisabeth, Prinzessin von Großbritannien. „Die historische, rund acht Kilometer lange Achse Tannenwaldallee – Gotisches Haus – Elisabethenschneise vom Homburger Schloss bis zum Ende der Grafschaft am Limes mit 15 Parkanlagen ist in dieser Form einmalig in Europa“, betonte die Referentin. In der ersten Phase entstanden die Tannenwaldallee mit Alleehaus, die „Carolinen-Brücke“ , der Kleine Tannenwald im „anglo-chinesischen“ Stil, die Akazienallee als Verbindung zwischen der Tannenwaldallee und dem Kleinen Tannenwald, der heutige ein Hektar große Gustavsgarten und im Großen Tannenwald der Lustwald, „Die große Tanne“, die Buschwiesen mit Forellenteich und der Hirschgarten als Wildpark.

In der zweiten Phase ab 1820 entstanden nach dem Tod des Vaters auf kleinen Grundstücken die „Prinzengärten“ Louis-, Gustavs-, Ferdinands- und Philippsgarten, der Englische Garten und der Landschaftspark Elisabethenschneise mit Gotischem Haus, Forstgarten, Elisabethenstein, Leopolds- und Landgrafenbrücke, Leopoldstempel und Obelisken. Landgräfin Elisabeth gestaltete den Kleinen Tannenwald um und baute ihn weiter aus. Dazu gehörte die Musterfarm „Ornamental Farm“ mit Schweizerei, Meierei und Eiskeller. 1840 starb Elisabeth, und danach entwickelte sich Homburg zum mondänen Kurort. Obwohl Landgraf Friedrich V. und Landgräfin Caroline 15 Kinder hatten, fiel die Grafschaft nach dem Tod des letzten Landgrafen Ferdinand im Jahr 1866 an die preußische Verwaltung. Die Gärten wurden nicht länger als historische Parkanlagen betrachtet, sondern waren der Forstverwaltung von Berlin unterstellt. Die landgräfliche Gartenlandschaft zerfiel unter dem preußischen Regiment, Wertgegenstände und Gebäude wie das Gotische Haus wurden an Privatleute verkauft oder versteigert.

Auch in Dänemark

Seit 1999 stellt die Stadt die Landgräfliche Gartenlandschaft Homburg wieder her. „Es ist ein langfristiges Projekt, aber die Rekonstruktion der historischen Parkanlagen wird uns noch einige Jahre begleiten“, schloss Elzbieta Dybowska ihren reich bebilderten Vortrag. Doch nicht nur in Homburg, sondern auch in Dänemark war der Einfluss der Preußen im 19. Jahrhundert spürbar. 1864 unterliegt Dänemark im Zweiten Deutsch-Dänischen Krieg, der im Namen des Deutschen Bundes gemeinsam von Preußen und Österreich gegen Dänemark geführt wird. Das Land muss die Herzogtümer Schleswig, Holstein und Lauenburg an Deutschland abtreten. Im nördlichen Schleswig gerät die dänisch-sprachige Bevölkerung dadurch unter preußische Herrschaft.

Dänemark litt schwer unter dem folgenden politischen Identitätsverlust, wie Dr. Maya Großmann in ihrem ebenfalls mit zahlreichen Abbildungen versehenen Vortrag „Preußen und Dänemark nach 1864 – kulturelle Auswirkungen politischer Veränderungen“ erläuterte. Die Spannungen zwischen Dänemark und Deutschland äußern sich in Kunstwerken wie denen des dänischen Bildhauers Niels Hansen Jacobsen (1861-1941). „Die Ästhetik dieses Künstlers gibt noch heute Aufschluss darüber, welche politischen Identitätsverluste Dänemark durch Preußen erlitt.“ Die dänische Kultur, Sprache und Dichtkunst sollten wie ein Bollwerk gegen Preußen wirken.

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