Bad Homburg (a.ber). Nachdenklich, lebenserfahren, sensibel und zugewandt: diesen Eindruck macht Hasibe Otter im persönlichen Gespräch. Der neuen Frauenbeauftragten der Stadt Bad Homburg, die gerade ihr Amt angetreten hat, ist es vor allem wichtig, „analog von Angesicht zu Angesicht mit Frauen in Kontakt zu kommen und sich auszutauschen“ – über Schicksale, Erfahrungen und Chancen. Hasibe Otter übernimmt auch die Leitung der Anfang 2024 im Dezernat von Stadtrat Tobias Ottaviani neugegründeten Stabsstelle „Gleichstellung, Vielfalt und Teilhabe“.
Erfahrung in der Arbeit mit Frauen aus allen Bevölkerungsschichten, die aus dem Ausland nach Deutschland kommen, hat die 1967 Geborene schon jede Menge: seit vierzehn Jahren ist Hasibe Otter als Coach und interkulturelle Trainerin in Deutschland tätig, hat Coaching-Programme für Migrantinnen angeboten und war gemeinsam mit ihrer langjährigen Vorgängerin im Amt der Bad Homburger Frauenbeauftragten, Gaby Pilgrim, im „Internationalen Frauenzimmer“ in Gonzenheim tätig. „Welche Herausforderungen gibt es für Frauen, die aus dem Ausland nach Deutschland ziehen, wie kann man sie mental und praktisch unterstützen?“, erklärt Hasibe Otter ihre Motivation für langjährige Sozialarbeit für Frauen, die nun im neuen Amt noch einmal eine Erweiterung erfährt.
Dabei schöpft sie aus der eigenen Lebenserfahrung: Nach dem BWL-Studium in Wien arbeitete sie, deren Muttersprache Türkisch ist, als Wirtschaftsprüferin einer internationalen Wirtschaftsgesellschaft, lebte anschließend mit ihrer Familie in den USA, wo sie ihren Master in Accounting machte. „Ich bin da aufmerksam geworden auf die Schwierigkeiten, die Frauen, egal aus welchen Bildungsschichten, bekommen können. Der Mann zieht aus beruflichen oder anderen Gründen ins Ausland, die Frauen haben Familie, Kinder, und plötzlich fällt mit dem Wegzug aus der Heimat das gewohnte gesellschaftliche Gefüge weg, man fühlt sich alleingelassen. Was macht das mit einem Menschen? Ich wollte und will nicht, dass Menschen ‚unsichtbar‘ werden“, sagt Hasibe Otter. Beim „Internationalen Frauenzimmer“ tauscht sie sich genau darüber mit Frauen aus: hier treffen sich Frauen aus Japan, Brasilien, Osteuropa, Türkei, Südafrika und anderen Ländern. „Wichtig ist es, dass sie Verständnis für ihre Situation bekommen. Ein Problembewusstsein verändert schon sehr viel.“
In ihrer neuen Funktion möchte Hasibe Otter die ganze Bandbreite der Probleme von Frauen in den Blick nehmen. „Ja, Frauen gehören zu den Minoritäten in unserer Stadtgesellschaft und damit auch in den Zuständigkeitsbereich der Stabsstelle Gleichstellung, Vielfalt und Teilhabe, hier sind immer noch Sensibilisierung und ein Umdenken erforderlich“, sagt Stadtrat Tobias Ottaviani im Gespräch und nennt das vorhandene „Gender-Pay-Gap“ – die schlechtere Bezahlung von Frauen gegenüber Männern für die gleiche Arbeit –; mangelnde Gleichberechtigung und ungleiche Bildungschancen gerade auch für Migrantinnen aus dem arabisch-muslimischen Kulturkreis seien weitere Themen. Otter sieht eine zukünftige Aufgabe in intensiven Kontakten mit migrantischen Organisationen, verschiedenen türkischen Religionsgemeinschaften und in analogen Gesprächen mit Frauen aus türkischen Gemeinden, die bisher kaum am „Internationalen Frauenzimmer“ teilnehmen. Es gehe da auch um Gesundheit von Frauen, so Otter. Dazu will sie Arbeitskreise mit den Wir-Koordinatorinnen initiieren: „Es ist wichtig, Vertrauen aufzubauen.“
Eine Beobachtung hat Hasibe Otter gemacht: deutsche Frauen würden mit ihren Problemen selten „herausrücken“: „In Deutschland hat man ein problematisches Verständnis von Fehlerkultur. Man vermeidet es, Fehler zu machen und darüber zu reden, und ein gradlinig verlaufender Lebenslauf gilt mehr als ein Leben mit Brüchen und Umwegen. Aber gerade diese bilden unter Umständen auch eine Chance für persönliches Wachstum, wenn man darüber redet und sie sich bewusst macht.“ Und auch über das Hierarchie- und Rollenverständnis sowie über finanzielle Fragen werde in Beziehungen quer durch alle Schichten in Deutschland oft erstaunlich wenig offen gesprochen. In der Steuerungsgruppe der Bad Homburger Stadtteil- und Familienzentren soll deshalb die unterschwellig aufsuchende Sozialarbeit intensiviert und verdeutlicht werden: hier ist eine erste Anlaufstelle für Frauen und deren Probleme. „Ich freue mich bei meiner neuen Aufgabe am meisten darauf, mit Menschen direkt zu tun zu haben“, sagt Hasibe Otter. In der Arbeitsgemeinschaft der Kommunalen Frauenbeauftragten des Kreises wird sie, die in ihrer Freizeit gerne mit ihrem Mann im Taunus wandern geht, Reisen „am liebsten nach Wien“ unternimmt und privat einen Lesezirkel in türkischer Sprache organisiert, ebenso mitarbeiten.
Hasibe Otter ist unter Telefon 06172-1003002 oder per E-Mail an hasibe.otter[at]bad-homburg[dot]de zu erreichen .