Bad Homburg (fch). Passend zum Titel seinen aktuellen Programms „Schwer verrückt!“ betrat Markus Maria Profitlich die Bühne im Kulturzentrum Englische Kirche eingeschnürt in eine Zwangsjacke. In den folgenden 90 Minuten beantwortete er die rhetorische Frage „Leben wir in einer gigantischen Irrenanstalt?“ mit zahlreichen Beispielen. Um seinem Publikum die verrückte Welt anschaulich vor Augen zu führen, zog der gelernte Schreiner, der inzwischen zu den Comedy-Ikonen des Landes gehört, alle Register. Er brillierte als ausdrucksstarker Schauspieler, überzeugte als Vollblutkomiker und gab seinen Zuhörern gut gemeinte Ratschläge. Bevor seine Assistentin ihn aus der Zwangsjacke befreite, entfachte er einen Disput mit dem Techniker, als dieser Stimmungslieder wie „Und dann die Hände zum Himmel“ einspielte.
Sein Fazit lautete: „Die ganze Welt ist mittlerweile eine Gummizelle, und keiner hat den Ausgang gefunden.“ In die Zwangsjacke gekommen sei er durch einen Test in einer Nervenklinik, nachdem ihn morgens am Bahnhof ein 90-jähriger Mountainbiker angefahren hatte. Der Arzt habe zu ihm gesagt: „You are not alone“, „und schon hatte ich die Zwangsjacke an“. Auf seine Frage: „Wieviel Erfahrung haben sie mit Irren?“, lautete die Antwort des Mediziners „Ich bin bei Facebook!“. „Das reicht“, urteilte der 1960 in Bonn geborene Kabarettist. Um dann von seinem Pilates-Kurs mit seinem Saunafreund, dem Dalai Lama, zu erzählen. Von ihm habe er gelernt, dass Menschen dazu da sind, um geliebt, und Dinge, um benutzt zu werden. Doch leider sei die Realität heute eine andere. Da werden Menschen benutzt und Dinge geliebt. Beispiele hierfür sind Handys, der Schönheitswahn oder die Gendertheorie („Ich drehe morgen das Wasserhuhn auf“).
Fanta, Bluna und Ikea
Bestes Beispiel dafür, wie Deutschland als Land der Dichter und Denker ins Abseits geraten ist, ist das Versagen „der Trottel“ beim Bau des Berliner Flughafens. „Seit der Grundsteinlegung haben die Chinesen 60 Flughäfen gleicher Größe gebaut und eingeweiht.“ Als ein Mensch „wie Du und ich“ bringt Markus Maria Profitlich das zur Sprache, was alle täglich erleben. Und so will er von seinen Zuhörern wissen, was Begriffe wie „Apple, Fanta, Bluna, Ikea oder Poppo“ gemeinsam haben. Auf die Lösung kam keiner, denn „das sind alles erlaubte Vornamen für Kids“. Reichlich satirischen Stoff boten ihm Freizeitsportler wie „Kegler mit Rückenproblemen“, bei denen erst durch das Doping mit Zäpfchen die Kugeln rollen und die Kegel umfallen. Den Kegler erweckte er mit ausdrucksstarker Mimik und Pantomime ebenso zum Leben wie einen Angler, der sich am eigenen Wurm verschluckte. Auch Supermärkte, die mit Duftstoffen und speziellem Licht, in dem Obst und Gemüse frisch aussehen, Kunden locken, boten ihm reichlich Stoff. „Bargeldloses Einkaufen hieß früher Klauen“, befand er.
Erfroren im Kühlregal
Im Supermarkt trifft man auf MAD-Junkies (MAD= Mindesthaltbarkeitsdatum) – eine seiner Nachbarinnen, die auf der Suche nach dem frischesten Milchprodukt ganz tief in die hintersten Tiefen des Kühlregals kletterte und dort den Kältetod erlitt. Sie hielt fest eine Kiwi in der Hand, die ein längeres Haltbarkeitsdatum hatte wie sie selbst. Ihr Rollator habe drei Tage lang vor dem Kühlregal gestanden. „Das ist eine traurige Geschichte.“ Der Humor von Markus Maria Profitlich ist deftig, bisweilen herb. Beim Thema Ernährung lief er zur Hochform auf: „Der Lebensmittelhorror wird an die Kinder weitergegeben.“ Das Napalm der Gegenwart sei Weißbrot mit Gluten. „Zöliakie ist eine beschissene Krankheit“, schränkte er ein. „Ich habe seit drei Jahren Parkinson, werde dies im nächsten Programm thematisieren. Mögliche Titel sind ‚Alles, außer Mikado‘ oder ‚Schüttelnd vor Lachen‘.“
Ernährung sei wie eine „Gehirnwäsche“. Erlebt hat er dies mit den Geburtstagsgästen seiner 14-jährigen Tochter. Da wird das Kuchenessen zum Horrortrip, weil die Teenager alle an Gluten-, Laktose- und Zuckerunverträglichkeit litten. Er erzählte davon ebenso anschaulich wie von seinem Besuch bei Fruktariern, die nur essen, was von selbst vom Baum fällt. „Da haben wir drei Stunden unter dem Apfelbaum gesessen und auf das Essen gewartet.“ Zum Glück habe er sich vorher Frikadellen, „den Flachmann für Fleischesser“, eingepackt. Auch zu Hause ist es nicht besser, denn seine Familie sei voll auf den Smoothie-Trend aufgesprungen. „Was ich brauche, ist am Wochenende ein Hopfen- und Malz-Smoothie.“ Ihm werde das Steakessen so vermiest wie dem Hund die Scheibe Fleischwurst vom Metzger.
Und so ging es thematisch munter weiter im Programm. Schnell wurde allen klar: Wir leben in einer verrückten Welt. Fragt sich nur: Wie verrückt muss man selber sein, um den galoppierenden Wahnsinn um sich herum zu überstehen?