Mit Marie Bäumer in die Welt der Coco Chanel

Schauspielerin Marie Bäumer liest anlässlich des Poesiefestivals in der Spielbank aus Michelle Marlys Buch „Mademoiselle Coco und der Duft der Liebe“. Foto: Fritz Philipp

Bad Homburg (jas). Die Haare zum strengen Dutt, die Lippen rot geschminkt, in den Ohren große, mit Perlen besetzte Kreolen, den Blick auf das Publikum gerichtet, das ihren Auftritt mit Spannung erwartet. Wortlos nimmt Schauspielerin Marie Bäumer am Tisch im Roulette-Saal der Bad Homburger Spielbank Platz, in den Händen das Buch, aus dem sie vortragen wird: „Mademoiselle Coco und der Duft der Liebe“ von Michelle Marly.

Lange hatten der künstlerische Leiter des Bad Homburger Poesie- und Literaturfestivals, Bernd Hoffmann, Kurdirektor Holger Reuter und Marie-Bäumer-Fans auf den Auftritt der preisgekrönten Schauspielerin warten müssen, mehrfach hatte die Coronapandemie Verschiebungen der Lesung nötig gemacht. Nun endlich war es soweit, dem Ausflug in die Welt der Gabrielle Chasnel, später nur noch unter dem Namen Coco Chanel bekannt, stand nichts mehr im Weg.

Und Marie Bäumer machte es ihrem Publikum, das in dem prachtvollen Saal mit der verspiegelten Decke Platz genommen hatte, leicht. Einfühlsam schlüpfte die 53-Jährige in die schillernde Rolle der Coco Chanel, sprach deutlich und betont und verwandelte sich zuweilen in Coco selbst, die Trauer verzweifeln und fast zebrechen ließ.

Marlys Bestseller zeichnet den Weg der Modeikone vom Waisenkind zur mondänen Herrscherin über die Pariser Haute Couture nach, Marie Bäumer nahm ihre Zuhörer 90 Minuten lang mit auf diese Reise, die nur ab und an von Musikeinspielungen unterbrochen wurde.

Coco Chanel, am 19. August 1883 in Saumur, Pays de la Loire als Gabrielle Chasnel geboren, verlor bereits im Alter von zwölf Jahren ihre Mutter. Der Vater, ein Hausierer, gab sie und ihre Schwester in die Obhut eines von Nonnen geführten Waisenhauses, wo sie den Beruf der Näherin erlernte. Mit 20 Jahren arbeitete sie als Angestellte in einem Aussteuer- und Babyartikelgeschäftund nahm privat Aufträge als Schneiderin an. So der Anfang.

20 Jahre später: Marie Bäumer machte die Zuhörer mit Étienne Balsan bekannt, den Coco Chanel 1906 im Kurort Vichy kennengelernt hatte. Auf dessen Anwesen lebte sie von 1906 bis 1909 als Mätresse. Die junge Frau lernte dort das mondäne Leben kennen, trieb Sport und schuf darüber hinaus zu einem lässigen Lebensstil passende Kleidung – vor allem die locker fallenden Matrosenhosen sowie die schlichten, praktischen Kleider aus Jersey und extravagante Hüte machten Furore. Schließlich traf sie ihre große Liebe, den englischen Polo-Spieler Arthur „Boy“ Capel. Dessen Unfalltod, die nachfolgende Erschütterung und den Zusammenbruch Coco Chanels erlebten die Poesiefestivalbesucher mit.

Erfolg mit Chanel No. 5

Noch viele weitere Personen, die den Lebensweg der Französin kreuzten, spielen auch in Marlys Buch eine Rolle, darunter Picasso, Strawinsky und der Großfürst Dmitri Pawlowitsch Romanow, der Enkel des russischen Zaren Alexander II.. Durch ihn lernte Coco Chanel den französischen Parfümeur am Zarenhof, Ernest Beaux, kennen, mit dem sie 1921 das Erfolgsparfüm Chanel No. 5 kreierte, das ursprünglich ein Weihnachtsgeschenk für ihre Kunden war. In den 1920er-Jahren kreierte Coco Chanel das „kleine Schwarze“ – bis heute ein modischer Klassiker. Ab Mitte der 1950er-Jahre wurde das nach ihr benannte Kostüm mit Tweed-Jäckchen und ausgestelltem Rock weltbekannt.

Bevor Marie Bäumer zum Epilog überleitete, legte sie das Buch für einen Moment beiseite, um von ihren ganz eigenen Chanel-Erfahrungen zu plaudern. Besser gesagt: von Fotoshootings und Modenschauen mit Karl Lagerfeld, von der Akribie des extravaganten Modemachers und der Begegnung der Modeikone mit ihrem damals elfjährigen Sohn bei einem Mittagessen im Atelier. „Gebt doch dem Jungen mal ein Glas Champagner“, habe er damals gesagt, erinnerte sich Marie Bäumer gerne an diese Situation zurück.

Am Ende stand dann noch einmal Coco Chanel im Mittelpunkt. Die Multimillionärin starb am 10. Januar 1971 in ihrer Suite im Pariser Hotel Ritz. Trotz vieler Affären mit bedeutenden Männern blieb die Französin ihr Leben lang unverheiratet.



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