Pfarrer Gerhard Reichwein feiert diamantenes Jubiläum

Den Bad Homburgern ist er seit Jahrzehnten gut bekannt: Der katholische Theologe Gerhard Reichwein feiert nun sein diamantenes Priesterjubiläum. Foto: a.ber

Bad Homburg (a.ber). Wenn Pfarrer Gerhard Reichwein in seinem Haus in Oberstedten durch den Flur ins Arbeitszimmer geht, kommt er an einem Kreuz vorbei, das dort an der Wand hängt. Ein berühmter Jesuit hat es ihm zu Beginn seines Studiums in Rom geschenkt. Auf dem Regal steht ein weiteres großes Silberkreuz, das er von einer Dame aus Kirdorf geschenkt bekam, deren Sohn im Krieg gefallen war, und die ihm das Kreuz zu seiner Heimatprimiz in der katholischen Kirchengemeinde St. Marien in Bad Homburg 1960 vermachte. Die beiden christlichen Symbole sind Ausdruck eines bewegten Lebens als katholischer Priester. An diesem Donnerstag kann Pfarrer Gerhard Reichwein auf 60 Jahre im Dienst seiner Kirche zurückblicken.

„Ich war der Lausbub aus der Gymnasiumstraße Nummer 6“, schmunzelt der 85-Jährige. Gemeinsam mit seiner Schwester wuchs Gerhard Reichwein im elterlichen Haus in Bad Homburg auf, sein Vater war Oberstudienrat und ein beliebter Lehrer an der damaligen Kaiserin-Friedrich-Schule. Bereits mit neun Jahren wechselte der aufgeweckte Schüler aufs Gymnasium. Sein Weg führte ihn morgens um 7 Uhr vor der Schule zur Messe im Dreikaiserhof (heutige Maria-Ward-Schule), wo er Ministrant unter Kaplan Schichtel war. Bis zum Abitur versah Reichwein das Messdieneramt bei den katholischen Schwestern – und wenig später beschloss er, selbst Geistlicher zu werden.

Es folgten sieben Jahre an der Päpstlichen Universität Gregoriana und im Collegium Germanicum in Rom. „Die Germanicer liefen in roten Talaren herum“, erinnert sich Gerhard Reichwein und zeigt Fotos aus der damaligen Lehrzeit, auf denen er gemeinsam mit Papst Pius XII. und Bischof Kempff zu sehen ist. Der sprachbegabte junge Kaplan kam nach dem Studium auf seine erste Pfarrstelle in Idstein, später in Frankfurt-Höchst. Hier studierte Gerhard Reichwein zudem Psychologie in Frankfurt und war nebenamtlich Seelsorger im Jugenduntersuchungsgefängnis in Höchst. Er besuchte die 14 bis 18 Jahre alten Straftäter, hielt alle 14 Tage eine Messe im Gefängnis und wurde für viele der Jugendlichen eine wichtige Bezugsperson.

Seinen Alltag begleitete seine Mutter, die ihm nach dem frühen Tod des Vaters den Haushalt führte. „Ich habe mir immer vorgenommen, nicht länger als zehn Jahre in einer Pfarrstelle zu bleiben.“: So folgten Pfarrdienste in Frankfurt-Nied und in Hochheim am Main. In Kiedrich war Pfarrer Reichwein ab dem Jahr 1988 Seelsorger, bis er am 1. Oktober 1994 in den Ruhestand ging. Viele Meter Aktenordner enthalten die Predigten und Gottesdienstentwürfe aus 60 Jahren Pfarrdienst. „Mir hat es immer eine riesige Freude gemacht, dass ich den Menschen eine frohe Botschaft verkündigen konnte – und so ist es noch heute“, sagt Reichwein. „Ich will den Menschen sagen, dass sie einen guten Gott haben, der für sie sorgt. Die Menschen selbst haben nur eines zu tun: Liebe üben und Güte und Menschenfreundlichkeit.“ Viele Begegnungen hätten ihn in seinem Priesteramt geprägt, sagt Reichwein. Ihn habe aber besonders die Persönlichkeit von Papst Johannes XXIII. beeindruckt und beeinflusst. „Er hat seinen Glauben wirklich gelebt und weitergeschenkt.“

Wenn der hochbetagte katholische Priester an seinem Schreibtisch sitzt und über seine Predigt nachdenkt, schweift sein Blick über ein Sideboard, auf dem viele kleine etruskische Figuren stehen. Die klassische Archäologie war ebenso wie das Querflöte-Spielen schon in Rom sein Hobby. „In meiner Freizeit habe ich in der Dormitilla-Katakombe geforscht und viele Dinge ausgegraben“, erinnert er sich. Diese Ausgrabungsstücke begleiteten ihn auch in sein Haus in Oberstedten, von wo aus er seit 1994 immer wieder priesterliche Dienste in Bad Homburg übernimmt. St. Marien, Herz Jesu und früher auch die Gonzenheimer Heilig-Kreuz-Kirche sind und waren seine Predigtstätten. Vielen Menschen ist Pfarrer Gerhard Reichwein als gütiger Seelsorger bekannt, der immer ein Ohr für die Sorgen und Nöte der Menschen hat; und seine Predigten sind stets aktuell und verständlich. Woher er seine Kraft schöpft? Selbstverständlich aus dem Glauben und dem Wort Gottes, sagt der 85-Jährige. Dass er sein diamantenes Priesterjubiläum in geistiger Frische feiern kann, verdanke er seinem positiven Gottvertrauen.

!Am Donnerstag, 10. Oktober, um 17 Uhr, am Tag seiner Priesterweihe, feiert Pfarrer Gerhard Reichwein die Heilige Messe in St. Marien. Am Sonntag, 13. Oktober, um 11 Uhr begeht er sein diamantenes Priesterjubiläum mit einem Festgottesdienst in Herz Jesu. Danach sind alle Gottesdienstbesucher zu einem Empfang geladen.



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