Das Publikum feiert den „Dreggsagg“ Michl Müller

Michl Müller kommt mit Shakespeare und sorgt für ein ausverkauftes Kurtheater.

Bad Homburg (fch). Michl Müller ist Kult. Und so strömten Kabarettfans aus der Kurstadt und Umgebung in Scharen ins Kurtheater. In Rekordzeit war der große Saal mit erwartungsvollen Besuchern gefüllt. „Ich freue mich darauf, ihn einmal live zu erleben“, berichtete eine Karbenerin. „Wir sind Fans und finden es klasse, dass er heute in Bad Homburg ist“, freute sich ein Ehepaar aus Ober-Eschbach.

Dann ging das Licht im Saal aus, bunte Spots flammten auf, Nebelschwaden waberten über die Bühne an. Und Michl Müller stürmte ins Rampenlicht. Mitgebracht hatte er den Zuschauern sein Programm „Müller…nicht Shakespeare!“. „Ich bin froh, dass ich heute in Hessen bin, da ist die Welt noch in Ordnung“, sagte er. Und stellte fest, dass Volker Bouffier aussieht wie ein James-Bond-Darsteller aus den 1970er-Jahren. Dagegen muss in Bayern die Not groß sein, denn „Markus Söder ist ein Franke!“ Auch die Bundestagsparteien bekamen ihr Fett weg. Zur SPD bemerkte er: Selbst Eierlikör hat mehr Prozente. Zu Bündnis 90/Die Grünen: „Die sind bei 20 Prozent im Bionade-Rausch.“ Donald Trump charakterisierte er als „Notgeilen mit einem Pfiffi auf dem Kopf“, Erdogan als „die kleine Rosine vom Bosporus“, Theresa May als „schlechtes Erfrischungsstäbchen“.

Schlag auf Schlag

Mit Blick auf das nicht enden wollende Brexit-Chaos bilanzierte Michl Müller: „Wenn die Engländer draußen sind aus der EU, ist das rein kulinarisch kein Verlust. Fish und Chips kannst du nicht essen, das Bier net saufen und After Eight, wer isst denn so was?“ Schlag auf Schlag ging es weiter mit dem Lästern. Ins Visier nahm der Franke scharfsinnig und schonungslos Aktuelles aus Politik oder Gesellschaft und Promis wie Helen Fischer und Thomas Gottschalk. Außerdem Service-Wüsten bei der Telekom, Apple, dem Bauhaus und anderen Betrieben. Tabus kennt er nicht. Seine Beispiele sind lebensnah, authentisch und treffen stets ins Schwarze. Kritisch auseinander setzte er sich unter anderem mit Themen wie Fußball und Nationalelf, der Fastenzeit oder E-Bikes – „das Viagra der Fahrradfahrer“. „Opa und Oma kriegen zum 85. Geburtstag ein E-Bike geschenkt. Da ist der Oberschenkelhalsbruch programmiert. Die Enkel suchen zu Hause die Kontoauszüge raus.“ Genüsslich sezierte er zur Freude des Publikums Themen wie Körperhygiene für den Mann „eincremen, sprühen, rasieren – auch untenrum“, empfahl das Tragen sauberer Slips. Viel Raum räumte er den Differenzen zwischen den Geschlechtern ein. Die Unterschiede breitete er vom Kennenlernen und Verlieben mit Schmetterlingen im Bauch über Antrag, Polterabend und Hochzeit bis zum kritischen Fazit nach 70 Jahren Ehe aus. Erklärt wurde auch, warum Männer einfach nur dasitzen können, ohne zu denken.

Mit Romeo und Julia

Das Publikum amüsierte sich dreieinhalb Stunden lang köstlich, kam aus dem Lachen nicht mehr heraus. Zwar versicherte der Franke aus Bad Kissingen immer wieder: „Ich bin kein Shakespeare, bei mir pullerts einfach raus“, aber er ließ den Dramatiker, Lyriker und Schauspieler immer wieder zu Wort kommen. Entweder mit Zitaten und Sequenzen aus „Romeo und Julia“ oder mit Sightseeing-Touren durch Verona, aber auch Dialogen mit einem sächselnden Totenkopf. In Sekundenschnelle sprang der Funke von der Bühne ins Parkett über, wenn Michl Müller einen seiner satirischen Kulthits anstimmte. Bereits nach den ersten Takten klatschte das Publikum mit, stimmte begeistert die Refrains an. Etwa bei „Maschine kaputt, Maschine verreckt“ oder „Ich sag’s dir einmal, zweimal, dreimal“ oder beim Anti-Rauchmeldersong „Hey Babe, fass mich nicht an“.

Die stürmisch herbeigeklatschte Zugabe erfolgte mit einem Song-Potpourri. Das Publikum hielt es nicht mehr auf seinen Sitzen. Stehend, singend und klatschend feierte es Michl Müller, den selbsternannten „Dreggsagg“, Fränkisch für „Schelm“, für einen grandiosen Abend voller Witz, Schlagfertigkeit und Humor.



X