Reha-Kliniken im Notfall als „Backup für Akut-Kliniken“

Bad Homburg (js). In Krisenzeiten mit Katastrophenplänen müssen Kliniken für viele Fälle bereitstehen. Es müssen Ketten funktionieren, Kräfte gebündelt werden. Im Krisenstab der Stadt werden alle Maßnahmen im Kampf gegen die Ausbreitung des Coronavirus koordiniert. Liegt die Entscheidungsbefugnis bei anderen Institutionen wie etwa bei der Krankenhaus-Versorgung, werden die Themen trotzdem in der aktuellen Sitzung des Krisenstabs diskutiert. Die Spezialisten im großen Gremium, das stets in der Feuerwache mit großem Abstand und nach dem Gang durch die Hygieneschleuse tagt, erörtern die Handlungsmöglichkeiten, die von der Stadt beizutragen sind. Und delegieren etwa die Unterstützung der Vorbereitung von Notfallplänen bei der Bereitstellung von Betten in den Reha-Kliniken der Stadt.

Dafür zum Beispiel gehört Kurdirektor Holger Reuter wie alle Chefs der städtischen Eigenbetriebe zum Krisenstab. Als Geschäftsführer der Kur- und Kongress-GmbH ist er auch Geschäftsführer der Klinik Dr. Baumstark, einer Tochtergesellschaft der Kur, die wiederum 100-prozentige Tochter der Stadt ist. Im Quartett der vier Reha-Kliniken in der Stadt ist das Traditionshaus am Kurparkrand sozusagen einzige städtische Klinik, angehalten seien aber alle Reha-Kliniken, „bestimmte Betten vorzuhalten“ im Krisenfall. Reuter formuliert das vorsichtig, exakte Vorgaben gebe es noch nicht. Rund 900 Betten bieten die vier Kliniken zusammen, „etwa die Hälfte könnte man schon jetzt zur Verfügung stellen“, schätzt Reuter. Die Klinik Dr. Baumstark, spezialisiert auf Orthopädie und Innere Medizin, bietet 160 Betten und hat die Belegung schon auf etwa 50 Prozent heruntergefahren. „Wir sind gewappnet“, so Reuter, Mitarbeiter, die zum Teil schon in Kurzarbeit sind, seien im „Standby-Modus“, auf die Ausstattung mit Material werde noch gewartet. „Froh“ wäre er trotzdem, wenn die Reha-Kliniken den möglichen Anspruch nicht erfüllen müssten. „Das wäre besser für die Akutkliniken.“

Die Bilder ähneln sich. Vor der Klinik Wingertsberg, einem Haus der Deutschen Rentenversicherung (DRV Bund) am Rand des Hardtwalds, wehen blau-gelbe Fahnen sanft im Wind, kein Mensch ist hier zu sehen am Sonntagnachmittag zur normalerweise besten Besuchszeit. Besuche sind schon seit geraumer Zeit nicht mehr erlaubt, Neuaufnahmen erfolgen wie auch bei der benachbarten Baumstark-Klinik nicht mehr. Viele der 219 Betten in der auf Onkologie und Psychosomatik spezialisierten Reha-Klinik stehen leer. „Sind nur wenige drin“, sagt eine Mitarbeiterin, die gerade mit dem Rad beim Personaltrakt vorfährt, eine Frau nur ist bei schönstem Wetter auf den vielen Balkonen zu sehen. Die Paul-Ehrlich-Klinik der DRV Knappschaft-Bahn-See auf der anderen Seite des Jubi-läumsparks mit ihren 190 Betten ist ebenfalls schon „mindestens halb leer“, heißt es dort, keine Neuaufnahmen mehr, allenfalls noch Anschluss-Heilbehandlung. Die private Wicker Wirbelsäulenklinik an der Kaiser-Friedrich-Promenade soll auch ihren Teil im Notfall beitragen.

Als „Überlaufstationen“ fungieren

Noch ist die Lage an der Corona-Front im Hochtaunuskreis relativ entspannt, die Zahl der Infizierten ist überschaubar, aber erste Corona-Patienten sind bereits in Bad Homburg versorgt worden. Die vier Reha-Kliniken sind Teil eines Mehr-Stufen-Plans bei der Versorgung von „normalen“ Patienten und Corona-Patienten mit Krankenhausbetten, in der sie als „Überlaufstationen“ fungieren, so Kurdirektor Reuter. Heißt: Während die Hochtaunus-Kliniken sich seit mehr als zwei Wochen auf den Ernstfall vorbereiten, neue Isolationsstationen schaffen und die Intensivkapazitäten an den Standorten Bad Homburg und Usingen auf bis zu 36 Beatmungsplätze erweitern, sollen die Reha-Einrichtungen als „Backup für die Akut-Kliniken dienen“, sagt Holger Reuter. Die Vorbereitung darauf laufe seit Tagen, einzig auf Material und technisches Gerät werde noch gewartet. „Wir sind auf einem guten Weg.“

In den Hochtaunus-Kliniken sind alle Operationen und Behandlungen, die verschiebbar sind, bereits verschoben worden, nur dringend erforderliche OPs werden noch durchgeführt. Und ein operierter Beinbruch etwa könne auch in einer Reha-Klinik nachbehandelt werden, das ist die Strategie der funktionierenden Kette. Die Landesregierung hat dafür einen Planungsstab eingesetzt, die Uni-Klinik Frankfurt hat darin als Schwerpunkt-Klinik eine wichtige Aufgabe.

Das Gelände der Klinik Wingertsberg, einem Haus der Deutschen Rentenversicherung (DRV Bund) am Rand des Hardtwalds, ist menschenleer. Foto: js

Die Klinik Dr. Baumstark am Kurparkrand ist im Quartett der vier Reha-Kliniken einzige städtische Klinik. Foto: js

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