Römer kämpfen nur ungern im Regen

Kampfszenen auf der Reitwiese vor der Westmauer: Drei Krieger und Ira Dressler (l.) faszinieren das Publikum mit ihren Vorführungen.

Von Jürgen Streicher

Bad Homburg. Sauwetter! Also bis gegen 14 Uhr etwa am Samstagnachmittag. Jede Menge Regen, die Römer hätten bei so einem Wetter nie eine Schlacht begonnen, verrät nach dem Aufklaren des Himmels ein Experte aus dem Lager der 4. Vindelikerkohorte. Solche Feinheiten konnte man lernen beim Besuch römischer Reiter und Fußsoldaten der Jetztzeit auf der Saalburg.

Am Wochenende drehte sich im Römerkastell alles um die verschiedenen Einheiten der römischen Armee, um Kampf- und Reitkünste römischer Reiter, um die Ausbildung ihrer Pferde in der Antike. Ein bisschen mehr Leben halt als sonst im Freilichtmuseum.

Fast hautnah in Kontakt mit fast echten Römern konnte man da kommen. Ihnen fast so begegnen, wie es im Kastell vor fast 2000 Jahren zugegangen sein mag. Im Lager mit Zelten aus Ziegenleder, auf dem Reitplatz bei Übungen mit der Waffe auf dem Pferd im Zweikampf gegen Fußsoldaten, beim Training mit gewaltigen Geschützen oder fein gestalteten römischen Bögen. Jede Menge Informationen aus erster Hand in Ruhe und Gelassenheit, weil angesichts der Wetterlage nicht wie sonst bei solcher Gelegenheit Horden nach Zahlen eines Eintrittsgelds in den Innenraum des Kastells geschwemmt wurden, sondern nur eine überschaubare gegen Wasser gefeite knappe Dreihundertschaft am frühen Nachmittag.

Sagt jedenfalls der Mann im Kassenhäuschen gegen 14 Uhr, so viele etwa seien es bisher, „nicht so viel wie sonst“. Hat sein Gutes, man findet einen Parkplatz ohne Mühe und unglaublich viele Gesprächspartner, die Lust haben, von ihrer Freizeitwelt und damit auch von der Welt der Römer zu erzählen. Der „Kölsche Bub“ etwa im reifen Mannesalter, der eine Einführung in die Waffenkunde bietet und erklärt, was die drei Männer und eine Frau auf ihren Pferden in der mit Seilen abgesteckten Arena vor der Westmauer so machen.

Auf dem Rücken von Humma

Ira Dressler macht das auch gerne selbst nach der Vorführung. Erzählen von ihrem Zweitleben als Römerin bei vielen Gelegenheiten dieser Art. Noch im Sattel sitzend die Frau aus dem Vogelberg, auf dem Rücken ihres Finn-Pferdes mit dem schönen skandinavischen Namen Humma. Am liebsten wäre sie auf ihrem Liebling reitend in den Taunus gekommen, dazu habe aber die Zeit gefehlt.

Stefan Nowotny gehört zu den Wächtern in der 4. Vindelikerkohorte. Er sei nur ein „gemeiner Soldat“, aber auch die sind wichtig. Im Kastel etwa müssen sie aufpassen, dass keiner da herumläuft, wo gerade die großen Geschütze mit Schießeinlagen vorgeführt werden, das könnte fatal enden. Die große Geschichte der wilden Schlacht am Harzhorn im 3. Jahrhundert und vieles mehr kennt er auswendig. Gibt es gerne weiter an die Besucher und die Jungen in der „Familie“. Ein etwa Zwölfjähriger gehört auch zur Kohorte, noch wird er als „Schleuderer“ ausgebildet, geschickt katapultiert er den in eine Stofffalte gelegten Tennisball locker über 40 Meter. Am Abend sitzen sie am Lagerfeuer zusammen, Ira Dressler übernachtet bei ihrem Pferd außerhalb der großen Mauer, die das Kastell umgibt. Die Vindeliker wurden einst nach einem Alpenfeldzug der Augustussöhne Tiberius und Drusus, besiegt wie sie waren, als römische Hilfstruppen ausgehoben. Grenzschutz und Polizeifunktionen im Hinterland und Überwachung des Limesvorlands gehörten zu ihren Aufgaben. So war das damals, auch da hat man schon vom asymmetrischen Krieg gesprochen.

Familien mit Kindern waren am Samstagnachmittag genau richtig im Kastell. Kleine Jungen und Mädchen konnten sich als Römer im Kettenhemd und mit Helm von den Papas und Mamas fotografieren lassen. „Guck mal richtig böse“ animiert ein Vater mit Eintracht-Wappen auf dem Rucksack den vierjährigen Filius. Ein Stück weiter oben im Wiesengrund war eine Grundausbildung im Bogenschießen angesagt, wer allerdings ein Schwert aus Holz bauen wollte, musste erst einen Parcours ablaufen und acht Fragen beantworten. Klare Aufgabe: Wer ein Holzschwert tragen will, muss „die Soldatenregeln zum Führen eines Holzschwertes lernen“. Beim Flechten mit fünf Fäden nach römischer Art gab ein „Tutorial“ über 2:20 Minuten digital vom mit Holz gerahmten Bildschirm aus die Richtung vor.

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