Sicheres Geleit für wandernde Kröten in Dornholzhausen

BUND-Vorsitzende Heike Bergmeier (rechts) begrüßt die ersten Helfer am Güldensöllerweg, wo zahlreiche Kröten auf Wanderschaft sind Fotos: fch

Bad Homburg (fch). Die Krötenwanderung im Frühjahr ist ein faszinierendes Naturschau-spiel. Sobald die Temperaturen zwischen fünf und zehn Grad Celsius betragen, erwachen die Erdkröten aus ihrer Winterstarre und verlassend ihre frostfreien Winterquartiere. Viele Tiere leben in Dornholzhausen an den Ufern des Heuchelbachs oder im Wald. Sie brechen mit Beginn der Dämmerung zu ihrem Laichgewässer auf, in dem sie selbst geschlüpft sind. Den Weg zur Laichstelle finden die Erdkröten mithilfe eines speziellen Organs im Gehirn. Ihr natürliches „Navigationssystem“ leitet sie durch Wälder, Wiesen, Bäche, Höfe, Wohngebiete und Verkehrswege zum Ziel. Die bevorzugte Reisezeit ist nachts, weil dann die Luftfeuchtigkeit höher ist als am Tag und die Amphibien nicht so schnell austrocknen. Viele Kröten werden auf dem Weg zur Eiablage beim Überqueren von Straßen überfahren oder fallen in Gullys, aus denen sie sich nicht befreien können und verhungern.

Unüberwindbare Barrieren sind hohe Bordsteinkanten, Gebäude oder enge Zäune. Zu beobachten ist dies mit Beginn der Dämmerung die ganze Nacht über auf den Straßen rund um den Forellenteich in Dornholzhausen. Amphibien legen von ihren Winterquartieren bis zum Laichgewässer eine Strecke von bis zu fünf Kilometern zurück. Die Reisegeschwindigkeit beträgt rund 600 Meter pro Nacht. Kein Wunder, denn die zierlicheren männlichen Kröten lassen sich dabei oft huckepack von den größeren Weibchen tragen. Ab und zu sind nicht nur einzelne Kröten oder „Doppeldecker“ unterwegs, sondern auf dem Rücken einer Krötendame haben sich gleich mehrere Männchen festgekrallt.

„Weibchen sind Mangelware und heiß begehrt“, informiert Heike Bergmeier. Die Vorsitzende des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND) Bad Homburg ist mehrere Wochen lang jeden Abend im Einsatz, damit die Kröten sicher ans Ziel kommen. Meist reisen hunderte Amphibien gleichzeitig, damit es ihren Feinden nicht gelingt, alle Eier aufzufressen und der Nachwuchs gesichert wird. Heike Bergmeier organisiert die Einsätze der mehr als 60 Freiwilligen, seit 2017. Experten schätzen die Population in Dornholzhausen auf 10 000 Tiere, größtenteils Erdkröten. Der Beginn der Krötenwanderung hat sich in den vergangenen Jahren immer weiter von Anfang auf Mitte bis Ende März verschoben. Gute Wanderbedingungen sind Dunkelheit, Regen, Temperaturen ab fünf Grad Celsius sowie wenig Wind. Die Tageslänge und die Hormone signalisieren den Tieren, dass nun Fortpflanzung angesagt ist. Nimmt der „Laichdruck“ zu, kommt es vor, dass Amphibien in kalten Nächten mit der Wanderung zunehmend in die Tagesstunden ausweichen.

Die Dornholzhäuser Krötenretter haben bereits am ersten Wochenende 124 Erdkröten und am zweiten Wochenende 800 Exemplare vor dem Überfahren gerettet. Für 50 Kröten kam jede Rettung zu spät. „Allein ein Auto hat auf dem Waldweg, über den die meisten Tiere der Population laufen, 15 Kröten überfahren. Oft sind die Tiere nicht gleich tot. Viele sterben langsam und qualvoll“, berichtet Heike Bergmeier. „Viele der hier wandernden Erdkröten werden als Kaulquappen oder Jungkröten vom Teichüberlauf in den Heuchelbach gespült. Und wachsen dann in Ufernähe auf.“

Die Teams haben festgelegte Sammelabschnitte. Hier gehen sie auf und ab, leuchten mit Taschenlampen in Gräben, Gärten, Gullys, Grundstückseinfahrten oder den Waldrand entlang, um wandernde Kröten zu entdecken. Die Oberseite der Erdkröte ist bräunlich-grün gefärbt und mit einer Vielzahl von Warzen besetzt. Die Retter fangen die Kröten im Güldensöller-, Wald- oder Tannenwaldweg und Umgebung ein und tragen sie getrennt nach Geschlecht oder bereits verkuppelte Krötenpaare in Eimern über die Straße. Abgesetzt werden sie an der Pferdekoppel oder auf das von der Stadt an den Frankfurter Fischereiverein verpachtete Gelände. Den restlichen Weg zum Forellenteich, wo die Weibchen nach der Paarung Laichschnüre mit 3000 bis 6000 Eiern ablegen, wandern die Kröten dann wieder eigenständig weiter.

Busfahrer und Anwohner begrüßen die Krötenrettungsaktion. „Gut, dass sie wieder da sind. Wir sind es leid, die Tiere zu überfahren.“ Nina (8) und Tim (10) sind bereits seit drei Jahren Krötenretter. Um die gefährdeten Amphibien besser zu schützen, haben die Krötenretter Vorschläge erarbeitet, für deren Umsetzung sie die Hilfe der Stadt benötigen. „Ein Krötenzaun entlang den Braumanns-wiesen wäre hilfreich. Ideal wäre hier auch die Anlage eines weiteren Laichgewässers Richtung Wald. Und eine Umleitung des Verkehrs für rund vier Wochen im Tannenwaldweg könnte helfen, vielen Erdkröten das Leben zu retten.“

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