Mit Timo Wopp Wechselbad der Gefühle durchlebt

Timo Wopp begeistert das Publikum in der Englischen Kirche mit seinen virtuosen Jonglagekünsten. Foto: fch

Bad Homburg (fch). An Timo Wopp scheiden sich die Geister. Der schnell redende Wortakrobat legte auf seiner fälschlich als Jubiläumstour gekennzeichneten Geburtstagstour einen Zwischenstopp in der Englischen Kirche ein. Mit dabei hatte er sein Programm „Ultimo“. In diesem lotete er „nach zehn Jahren körperbetonter Kabarettarbeit seine humoristische Daseinsberechtigung“ aus. Dazu bediente er sich aus seinen bisherigen Programmen „Passion – Wer lachen will muss leiden“, „Moral – Eine Laune der Kultur“ und „Auf der Suche nach dem verlorenen Witz“.

Er thematisierte „das Problem mit Humor in diesen Zeiten“, definierte die Pandemie „als Brandbeschleuniger für unsere Probleme“ und forderte das intellektuelle Bad Homburger Publikum auf, sich nicht zu scheuen und auch einmal unter ihrem Niveau zu lachen. Und falls doch, dann „bitte nur coronakonform in die Armbeuge lachen“.

Der Hinweis „ich sehe schon, ihr seid nicht meine Zielgruppe“ wie auch der Kommentar auf eine Zuschauer-Antwort, dass er es nicht haben könne, „wenn in den ersten Reihen Besucher sitzen, die witziger sind als der Kabarettist“ sorgten für Minuspunkte, ließen den Funken nicht überspringen. Und dies, obwohl Timo Wopp sich redlich bemühte und mit vollem Körpereinsatz, tanzend, springend, jonglierend, coachend und redend sein Bestes gab. Der Wahl-Berliner outete sich als gebürtiger Oldenburger „vom Land“, den es in die „Stadt mit dem größten Passivflughafen der Welt“ verschlagen hat. Kritikern hielt er vorsorglich entgegen: „Ich bin nicht dumm, bei mir ist es oft nur so, dass das gesprochene Wort nicht mit meiner inneren Intelligenz korrespondiert“. Oft verfehlten seine in atemberaubendem Tempo aneinander gereihten Thesen und Gags die Empfänger. Eine Punktlandung sieht anders aus.

Und so fragte er sich zu Recht: „Bin ich auf dieser Bühne als alter, weißer, heterosexueller Mann überhaupt noch erwünscht?“ Falls nicht, könnte er sich als eine berufliche Perspektive vorstellen, der erste Kokainbauer in Brandenburg zu werden. „Ich werde der Escobar der Uckermark.“ Er informierte, dass er keinen Humor mehr in der Spalte, sprich keine Witze mehr auf Kosten von Minderheiten mache. Möglich wären Programme über Eltern-Taliban, denen man beim Elternabend begegne, sinnierte der dreifache Familienvater. Oder über Tätowierte, denn „wer sich vier Stunden lang von Nadeln pieksen lässt, den jucken doch keine Worte“. Und er witzelte über Bio-Bauern: „Die schlachten kein Lämmchen, die kitzeln es, bis es sich totlacht!“ Brandenburg bezeichnete er als das Land, wo man nur jemandem bei einem Autounfall kennenlerne und Dresden als „das Mekka der Islamphobie“.

„Ich war zu energiegeladen, mache jetzt einen auf Olaf Scholz“, bilanzierte er. Und so habe er sich dem politisch korrekten Konsenskabarett verschrieben. Mit anderen Worte: Er sei der „Christian Lindner des Kabaretts“. Und damit sehr harmoniesüchtig und sein Programm Shitstorm-sicher. Aus diesem Grund schlug er vor, die Diskussion über eine gesprochene und geschriebene geschlechtergerechte Sprache mit Hilfe von Obst etwa den Apfelsorten Boskop, Granny Smith und Pink Lady zu führen. Allerding sei seine Obst-Comedy noch nicht ausgereift, sagte Timo Wopp. Selbstkritisch bekannte er: „Vor Corona wollte ich – wie viele – mehr Zeit mit meinen Kindern verbringen.“ Das habe sich geändert, weshalb er inzwischen für eine ganzheitliche Medienerziehung plädiere.

Mut zu Veränderungen

Der 46-Jährige versetzte seine Zuhörer in ein Wechselbad der Gefühle. Um sie dann noch augenzwinkernd zu coachen. Timo Wopp ist Diplom-Kaufmann, war als Unternehmensberater tätig. Er ermunterte das Publikum, „aus der Sachbearbeiterebene“ immer wieder kreativ zu sein, Mut zu Veränderungen zu haben, Hilfe zur Selbsthilfe in Form von asozialer Kompetenz, kurz AK, anzunehmen und stets zu bedenken, dass „Amateure die Arche gebaut haben und Profis die Titanic“.

Zur Höchstform lief der Kabarettist jedoch als Jongleur auf. Für seine virtuosen Tricks mit Kegeln und Bällen, mit deren Hilfe er Begriffe wie Chaos oder Zeitdruck darstellte, wurde er stürmisch gefeiert. Vor allem für seinen Top-Trick. Da schickte er eine Zigarette hinter seinem Rücken herum Richtung Mund und fing sie mit den Lippen auf. Es folgte ein brennendes Streichholz, das er ebenfalls mit den Lippen auffing, um dann mit geneigtem Kopf die Zigarette anzuzünden.



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