Viel Beifall für turbulentes „Theater ums Theater“

Beim „Theater im Theater“ übernimmt Monsieur Molière (Kilian Löttker) persönlich die Rolle des wendigen Schlitzohrs Scapin. Foto: Staffel

Bad Homburg (ks). Endlich wieder ein Theaterabend im Kurtheater, wenn auch noch immer im Corona-Modus! Aber das Ensemble des „New Globe Theaters“ aus Potsdam sorgte mit guten Einfällen, Tempo und Spielfreude dafür, dass die Einschränkungen für zwei Stunden vergessen werden konnten. Nach guter Sitte des Possenspiels wurde auch in Molères Komödie „Die Streiche des Scapin“ maßlos übertrieben, geflunkert, betrogen und getrickst, draufgehauen und bis zum guten Ende mit dem Degen herumgefuchtelt.

Meist war es Scapin (Kilian Löttker), der für Chaos und Turbulenzen sorgte. Dabei hätte er doch als braver Diener auf Léandre (Dierk Prawdzik) aufpassen sollen. Dessen Vater Argante (Andreas Erfurth) hatte sich mit seinem Geschäftsfreund Géronte (Kai Frederic Schrickel) auf eine Reise begeben, und die Väter vertrauten die Söhne den Dienern Sylvestre (Alexander Jaschik) und Scapin an. Die geldgierigen alten Herren hatten andere Vorstellungen von der Zukunft der Kinder und längst beschlossen, dass Oktave (Laurenz Wiegand) Gérontes Tochter heiraten soll. Doch kaum sind die alten Herren aus dem Haus, gehen die Söhne eigene Wege.

Oktave heiratet heimlich die schöne, aber arme Giacinta (Anja Lemmermann), die mit ihrer Amme an der Küste Neapels gestrandet ist. Léandre verliebt sich in die leichtfertige Zerbinetta (Petra Wolf) aus dem fahrenden Volk, die aber „losgekauft“ werden müsste, um frei zu sein. Scapin setzt alle Hebel in Bewegung, dafür Geld zu beschaffen. Mit allerhand erfundenen Geschichten gelingt es ihm, den alten Herren das Geld aus der Tasche zu ziehen. Er hilft auch seinem Kumpel Sylvestre, seine Probleme in den Griff zu bekommen, kommt aber am Ende selbst nicht ungeschoren davon. Unter einem fadenscheinigen Vorwand hatte er Géronte in einen Sack gesteckt und ihn kräftig verdroschen. Doch dieser üble Streich wird verraten, und so muss Scapin schließlich mit Bitten und Betteln die eigene Haut retten. Womit weder er noch das Publikum gerechnet haben: Es gibt ein Happy End, denn die beiden Frauen der Söhne sind die Töchter der Väter. So etwas gibt es nur im Märchen oder eben bei Molière, der als Jean-Baptiste Poquelin geboren wurde.

Molière auf der Bühne

Diese Aufführung basiert auf einer Bearbeitung von Peter Lotschak, ehemals Intendant der Bad Hersfelder Festspiele, und war für den Theaterpreis „Die Neuberin 2019“ nominiert. Lotschak lässt Molière persönlich auftreten und mit seiner Theatertruppe seine Farce spielen. Es ist ein Notbehelf, denn sein neues Stück ist noch nicht fertig, aber gespielt werden muss, denn das alte Theater wird durch einen Neubau ersetzt.

Um eine neue Spielstätte zu finden, muss die Truppe vor geladenem Publikum spielen. Was also tun? Die Aufführung von Scapins Streichen ist lange her, die Akteure haben den Text längst vergessen, und es hapert an allen Ecken und Enden. Und so erlebt das Publikum auf der kleinen Guckkastenbühne ein turbulentes „Theater ums Theater“ mit, das gefallen hat und mit herzlichem Beifall für das Ensemble belohnt wurde. Regie hatte Kai Frederic Schrickel. Das „New Globe Theater“ wurde 2015 von Schauspielern gegründet und wird von ihnen geführt. Den Namen hat es von Shakespeares Londoner „Globe Theater“ übernommen und steht für die Idee, „die Essenz der dort im 16. und 17. Jahrhundert entwickelten Spielweise auf heutige Theaterrealitäten zu übertragen“.



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