Wachwechsel bei Wohnungen am Wingertsberg

Leere Fenster, leere Wohnungen: Der weitverzweigte Komplex der Personalwohnungen auf dem Gelände der Wingertsberg-Klinik könnte vor einem Umbruch stehen. Foto: js

Bad Homburg (js). Es gibt viel zu tun, die Koalition aus CDU und SPD will es anpacken. Vieles hört sich altbekannt an, was da jetzt im neuen Koalitionsvertrag formuliert ist, es stand auch schon in der Vereinbarung von 2016. Die Koalition will Kontinuität zeigen, aber auch neue Dinge anpacken, zumindest die Pipeline öffnen. Dass sie es gemeinsam wollen, haben die Partner im beginnenden sechsten Jahr gemeinsamer Politik schon kurz nach der Kommunalwahl im März verkündet, nun liegt die „Vereinbarung über die Zusammenarbeit zwischen CDU und SPD in der Stadtverordnetenversammlung“ auf 19 Seiten schriftlich vor und darf auch offiziell „Koalitionsvertrag“ heißen. Letzter Akt: Am vergangenen Freitagnachmittag haben die Parteivorsitzenden Thorsten Bartsch (CDU) und Elke Barth (SPD) das Papier unterzeichnet, danach auch die Fraktionsvorsitzenden Oliver Jedynak (CDU) und Tobias Ottaviani (SPD).

Vor der Unterzeichnung noch einmal die wichtigsten Punkte aus der jeweiligen Sicht für die Presse. Im Eiltempo vorgetragen von den vier Unterzeichnern, ein Parforceritt durch die Themen „Umwelt“ (Nr. 1) bis hin zu „Personal“ (Nr. 9), das trotz weitgehender Klärung noch textlich mehr Raum im Vertrag einnimmt als die stichpunktartig verankerten Umweltfragen. Kursiv geschrieben über allen fast 200 Stichpunkten eine Art Präambel mit dem Bekenntnis zum Pariser Klimaabkommen, das, so der O-Ton, die „Richtschnur unseres energiepolitischen Handelns“ sein soll. Klares Ziel auf nicht exakt definierter Zeitschiene: „So schnell wie möglich klimaneutral werden, weniger durch Verbote als durch konstruktives Handeln“, so Fraktionschef Jedynak, der für die Bereiche Umwelt und Mobilität sprach.

Um die ambitionierte Aufgabe zu koordinieren, soll „schnellstens ein Klimabeauftragter“ eingestellt werden. Die Unterpunkte zu den Komplexen Wasser und Energie sowie Klimaschutz und saubere Luft würden auch in ein grünes Leitprogramm passen.

Schwarz-Rot in der Kurstadt will grüner werden, das manifestiert sich eindeutig in den schriftlich formulierten Leitthemen für die kommenden Jahre. Bad Homburg soll aber nicht nur grüner werden, in der „Außendarstellung“ wünscht sich die SPD, dass die Menschen aufmerken und sehen, „die Stadt denkt digital“. Für den Bereich Wirtschaft, Finanzen und Digitales sagte dies der SPD-Fraktionsvorsitzende Tobias Ottaviani. Sein Ziel: „Smart-City-Stadt“, bestens ausgestattet mit Glasfasernetz und 5G-Standard beim Mobilfunk. „Auch wenn wir als Folge von Corona vor unglaublich schwierigen finanziellen Zeiten stehen.“ Im Fokus weiter das Stadtentwicklungskonzept ISEK 2030, das „Regiebuch“ für das strategische Handeln in Richtung Zukunft, erarbeitet unter großer Beteiligung der Bürgerschaft.

Das Thema Wohnen nimmt darin einen wichtigen Platz ein, soll es auch in der Koalitionsarbeit. Der Druck ist groß, die Handlungsspielräume vermeintlich eher klein. Nach viel Planung in den vergangenen Jahren will SPD-Chefin Elke Barth beim Wohnungsbau nun mit Herstellung von Bezugsfertigkeit auch „Ernte einfahren“. Auf dem Kerschensteiner-Gelände etwa, auf dem alten Vickers-Areal nicht weit entfernt und endlich mit dem Abriss des einstigen Klinik-Gebäudes und dann möglichen Wohnbau-Projekten. Inzwischen könne sich laut Barth auch die CDU eine städtische Wohnungsbaugesellschaft vorstellen, um preiswerten Wohnraum zu schaffen.

Nur drei Zeilen im Vertrag sind dem Stichwort „Wingertsberg“ gewidmet, dahinter könnte sich ein größeres Projekt auftun. Auf dem Wingertsberg mit der Reha-Klinik der Deutschen Rentenversicherung (DRV) stehen viele der über 100 Personalwohnungen leer, an einer Stelle türmt sich ein Sperrmüll-Berg, nach Angaben eines Bewohners schon seit Wochen. „Die seit Jahren andauernde Hängepartie bei den Personalwohnungen der Klinik Wingertsberg ist zu beenden“, steht deutlich formuliert im Dreizeiler. Gemeint sind laut Elke Barth die langen Verhandlungen von DRV und Hochtaunusbau. Die DRV will die in die Jahre gekommenen Wohnungen dem Vernehmen nach abstoßen, die Hochtaunusbau könnte ein potenzieller Käufer sein. Zum langfristigen Erhalt der Wohnungen könnte auch die Stadt ein Vorkaufsrecht nutzen, wenn der Kreis nicht will und auf dem Wingertsberg einsteigen.

Von angenehmen Verhandlungen über die Vertragsinhalte sprechen beide Partner im Nachgang. Dies zeige sich auch im Motto, in dem CDU und SPD ihr jeweiliges Motto aus dem Kommunalwahlkampf zusammengemixt haben. Unter dem vereinten Motto „Für die Zukunft unserer Stadt: Gemeinsam mehr wagen und bewegen“ soll die Zukunft der Kurstadt gestaltet werden. Größter Konfliktpunkt bei den Gesprächen seien stets Terminprobleme gewesen, scherzte CDU-Mann Bartsch, das Papier sei aber schon Anfang des Monats einstimmig von den jeweiligen Parteigremien beschlossen worden.



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