Zeitreise zu den Römern muss warten

Die Türen fest verschlossen, die Wege schneebedeckt. Das Römerkastell Saalburg darf derzeit keine Besucher empfangen. Im Innern des Museums aber wird derzeit schon fleißig für die Zeit nach dem Lockdown gearbeitet. Foto: fk

Bad Homburg (fch). Frau Holle hat am Wochenende erneut kräftig ihre Betten ausgeschüttelt, Stadt und Land mit einer weißen Schneehaube überzogen und in eine Winterlandschaft wie aus dem Bilderbuch verwandelt. Auch das Römerkastell Saalburg, an der früheren Grenze des Römischen Reiches zu den germanischen Stammesgebieten gelegen, präsentiert sich Spaziergängern derzeit im Winterlook.

Für Besucher ist der archäologische Park auf Grund der Verordnungen der Hessischen Landesregierung zur Bekämpfung der Corona-Pandemie vorerst bis zum 31. Januar geschlossen. Es finden im erlebnisorientierten Museum keine Ausstellungen, Führungen, Vorträge, Limeswanderungen oder andere Veranstaltungen statt. In einen Dornröschenschlaf versunken sei das einstige römische Kohortenkastell aber nicht, wie Direktor Dr. Carsten Amrhein informiert. Hinter den dicken Mauern der Festungsanlage wird fleißig gewerkelt. „Sechs der 17 Mitarbeiter des Saalburgteams nutzen die besucherfreie Zeit, um all die Arbeiten zu erledigen, die im geschäftigen Museumsalltag manchmal unerledigt bleiben oder sonst montags, wenn die Saalburg für Besucher geschlossen ist, in Eile erledigt werden.“

Dazu gehört das dreimalige Bohnern und Wachsen der Eichenböden ebenso wie das Reinigen, Aussaugen und Scheiben-Putzen der Vitrinen samt Exponaten. „Wir haben allein im Getreidespeicher (Horreum) mehr als 40 Holzvitrinen“, informiert Direktor Am-rhein. Die Ausstellung im Getreidespeicher verdeutlicht mit Exponaten zu den Bereichen Bauen und Handwerk, Waffen und Ausrüstung, Kleidung und Schmuck, Medizin und Körperpflege, Geldwesen und Religion den antiken Lageralltag. Ausgestellt sind Bronze-, Eisen-, Glas- und Keramikgegenstände sowie Holz- und Lederfunde, die in den feuchten Brunnenböden die Zeiten überdauert haben. Die Museumsmitarbeiter befreien alle Exponate mit Pinsel von Staub. Sie untersuchten die Funde aus Eisen und Holz auf Schäden, um sie bei Befund zur Restaurierung zu geben. Das Inventar aus Eisen wurde zudem auseinandergelegt, gereinigt, geölt und wieder zusammengebaut. „Bisher wurden keine Schäden festgestellt.“

Neue Ausstellung vorbereiten

Ebenfalls überprüft wird, ob die Inventarnummern der archäologischen Funde ergänzt werden müssen. Sammlungsbestände werden auch im Kommandanturgebäude (Principia) und in Vitrinen im Werkstattgebäude (Fabrica) gezeigt. Außer diesen wichtigen Arbeiten plant das Team neue Veranstaltungsformate und bereitet neue Ausstellungen vor. „Wir arbeiten viel an der Präsentation unserer neuen Dauerausstellung in der Armamentaria (Waffenkammern im Kommandanturgebäude).“ Die neue Ausstellung soll die Struktur der römischen Armee zeitgemäß mit den Themengebieten antike Artillerie (Torsionsgeschütze), römische Infanterie und Kavallerie am Limes, Militärdienst an der Grenze und Cohors Secunda Raetorum (Infanterieeinheit der Hilfstruppen in der römischen Armee) präsentieren.

„Gezeigt wird unter anderem eine Geschützausstellung mit insgesamt zwölf Katapulten. Bei zwei von ihnen handelt es sich um vom Förderverein Saalburg spendierte Nachbauten aus dem Jahr 2020.“ Ein Katapult zeigt die Neuentwicklung eines Geschützes aus der römischen Kaiserzeit, die von Augustus (27 v. Chr.) bis zur Absetzung des letzten römischen Kaisers Romulus durch Odoaker (476 n. Chr.) reichte. Als Vorlage für den Nachbau dienten Originalfunde aus Lyon und Orsova (Rumänien). Das zweite Katapult ist ein Nachbau eines Originalfunds aus Xanten, das in der Antike eine der größten Metropolen in den germanischen Provinzen Roms war.

Katapulte hatte eine Reichweite von 300 Metern und konnten bis zu 80 Kilogramm schwere Steine schleudern. Die Pfeile der Geschosse verfügten über metallene Spitzen. Katapulte sind keine römischen Erfindung, es gab sie schon 500 Jahre vor den Römern. Sie verfügen über eine enorme Zug- und Durchschlagskraft. Die Geschütze wurden von einer eingespielten Mannschaft bedient. „Freuen dürfen sich die Besucher neben der Sammlung von Geschützrekonstruktionen auch auf Blickfänge wie das Modell eines Limeswachturms im Maßstab 1:2 und eine neu aufgestellte Playmobil-Kohorte“, kündigt Direktor Amrhein an. Zu bewundern sein werden ebenfalls zwei römische Soldaten in Originalausrüstung mit einem Pferd.

„Es wird für Besucher bei der Wiedereröffnung viel Neues im Römerkastell Saalburg zu entdecken geben. Ich hoffe, dass wir die neue Dauerausstellung im Armamentaria im Laufe des Sommers eröffnen können“, sagt Dr. Amrhein. Ein Jahresprogramm für 2021 konnte für das weltweit einzige rekonstruierte Römerkastell Saalburg samt dem römischen Grenzwall Limes, die seit 2005 zum Unesco-Welterbe gehören, noch nicht erstellt werden. Die Einnahmeverluste durch die coronabedingten Schließungen im vergangenen und in diesem Jahr liegen in sechsstelliger Höhe. „Uns fehlen Eintrittsgelder, Schulklassen, Bus-Touristen und auch Abendveranstaltungen.“

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