Zurück zum ersten Gordon-Bennett-Rennen im Taunus

Dieter Dressel im Mercedes Simplex, 40-45 PS, Baujahr 1904. Bei dem Modell handelt es sich um den Originalwagen, den Pierre Baron de Caters als Preisgeld für den dritten Platz im Gordon-Bennett-Rennen 1904. Foto: fch

Bad Homburg (fch). Nach 120 Jahren weht erneut „der Genius des Fortschritts“ durch Bad Homburg und den Taunus. Seine Premiere feierte „der Genius des Fortschritts“ als Lenker eines Panhard & Levassor-Wagens aus der Mitte der 1890er-Jahre. Dieses Automobil bildete das Modell für die vom Pariser Silberschmied André Aucoc 1899 geschaffene Trophäe „Le Coupe“ für die Sieger der Gordon-Bennett-Rennen.

Im Fonds des symbolträchtigen Wagens aus reinem Silber im damaligen Wert von 12 000 französischen Francs oder 9000 Goldmark steht die Siegesgöttin, um dem Sieger den Palmwedel zu überreichen. Gezeigt wird im Automobilmuseum Central Garage, Niederstedter Weg, ein maßstabgetreues Modell noch bis Ende des Jahres. Es gehört zu den vielen besonderen Ausstellungsstücken die Dieter Dressel seit 10. April noch bis zum Jahresende im Museum präsentiert.

Besucher haben Gelegenheit, gleich zwei Ausstellungen parallel zu sehen und in die Geschichte des Automobils und der Heimat einzutauchen. In der Ausstellung „BMW E3, Der große BMW und Wundercars“ werden Autos gezeigt, „mit denen BMW ab Ende der 1960er-Jahre in das Segment der gehobenen Mittelklasse einstieg“. Ein besonderes Highlight sind vier „Wundercars“ aus der Typenreihe „New Horizon“, die ein Bad Homburger Sammler zur Verfügung stellte. Diese Einzelstücke der Serie werden im Wechsel gezeigt, wie Dieter Dressel informiert. Eines dieser „Wundercars“ hat der Bielefelder Pop-Art-Künstler und Bildhauer Heiner Meyer bemalt. Dieses Wundercar ist ein Kunstwerk. Die E3-Modellreihe war für BMW eine Neuerung. Sie symbolisierte mit dem im Mai 1977 vorgestellten Typ E23 den Einstieg in die Oberklasse. Er war das erste Modell der 7er-Reihe.

Zu sehen sind in der Ausstellung zahlreiche Modelle dieser „großen BMW“ vom BMW 2500 bis zum BMW 3,3 L. Gebaut wurden diese Fahrzeuge von 1968 bis 1977 mit Sechszylinder-Reihenmotor mit unterschiedlichem Hubraum. Die Schönheiten in Lack und Chrom waren erhältlich von einfacher Ausstattung bis zu Top-Ausstattung.

Wer dann vom Ausstellungsraum durch das „Tor der Saalburg“ geht, gelangt in die zweite Ausstellung mit dem Titel „120 Jahre Gordon Bennett-Rennen von 1904“ und begegnet dort unter anderem dem „Genius des Fortschritts“. „Das Gordon-Bennett-Rennen von 1904 rund um die Saalburg durch den Taunus war das erste internationale Automobilrennen auf deutschem Boden. Eine Million Zuschauer kamen am 17. Juni 1904 an die 564 Kilometer lange Rundstrecke, um die Rennwagen und die 19 Rennfahrer aus sieben Nationen zu sehen“, informiert Dieter Dressel. Ein Auto aus der Schweiz konnte wegen eines Burchs an der Lenkung nicht starten. Er und sein Team zeigen „drei Rennwagen plus Autos aus der Zeit“, mit denen die Besucher wie Kaiser Wilhelm II. anreisten, sowie viele Dinge rund um das Rennen, die völlig in Vergessenheit geraten sind. Von den Automarken, deren Modelle auf der Strecke unterwegs waren, gibt es heute nur noch Mercedes und Opel. Zu sehen ist auch der original Mercedes Simplex, 40-45 PS, Baujahr 1904 für 20 000 Goldmark, den Pierre Baron de Caters als Preis für den dritten Platz im Gordon-Bennett-Rennen 1904 erhielt und den Baron Henri Rothschild erwarb.

Zur Enttäuschung von Kaiser Wilhelm II. gewann das erste internationale Automobilrennen in Deutschland zwar der für Frankreich startende Belgier Leon Théry mit der Startnummer 5 in einem Rennwagen von Richard Brasier und die deutschen Fahrer landeten auf Platz zwei und drei, aber dafür klingelte die Kasse nach dem Rennen bei „Mr. Mercedes“ Emil Jellinek kräftig. Frankreich hatte gesiegt, aber er verkaufte 24 Wagen nach Belgien, zwölf nach Holland, 150 nach England sowie weitere an eine internationale Klientel.

Zu den Höhepunkten gehört das Diorama der Tribüne, die damals an Start und Ziel direkt vor der Saalburg im Stile eines römischen Zirkusses aufgebaut war und Platz für 2500 Zuschauer bot. Drei Originaltribünenklappsitze werden in der Ausstellung gezeigt. Außer den auf zwei Seiten aufsteigenden Sitzreihen gab es noch Stehplätze. In der Mitte der Westtribüne lag die erhöhte Kaiserloge und direkt gegenüber auf der Ostseite das Häuschen der Zeitnehmer. Im „Untergeschoss“ waren Restaurants, ein Postamt, ein Telegrafenamt, ein Pressezimmer, die Feuerwache, ein Blumenladen und Sozialräume untergebracht. Wer auf der Tribüne sitzen wollte, musste 50 Mark Eintritt berappen. Gekostet hat die aus Holz konstruierte Bühne, die drei Tage lang stand, 300 000 Goldmark. „Wir haben ein Architekturmodell der Tribüne auf Grundlage von Originalbauzeichnungen erstellt.“

Ein weiteres Highlight der an sehenswerten Exponaten reichen Ausstellung ist das vom Rennen gezeigte Filmmaterial. „Der Film entwickelte sich parallel zu den Autos.“ Juliette Lockert, Redakteurin der Pariser Automobilzeitschrift „Le Chauffeur“, haben die Museumsbesucher einen besonderen Blick auf das historische Ereignis und das festlich geschmückte Bad Homburg zu verdanken, die sie mit Stereofotografie festhielt. Die rund 80 Motive vom Rennengeschen und der Kurstadt können dreidimensional im Anaglyphe-Verfahren mithilfe einer Rot-Grün-Brille angesehen werden. „Wir erzählen Geschichte und Hintergründe zum Rennen, Filmaufnahmen der Rennen von 1903 und 1904 ergänzen die Darstellungen.“ Zwei Jahre lang haben Dieter Dressel und sein Team die Doppelausstellung vorbereitet. Die Saisoneröffnung in der Central Garage wird am Sonntag, 28. April, von 10 bis 16.30 Uhr gefeiert.

 

!Das Automuseum Central Garage, Niederstedter Weg 5, hat mittwochs bis sonntags von 12 bis 16.30 Uhr geöffnet. Montags, dienstags und feiertags ist geschlossen. Der Eintritt zu den Ausstellungen ist frei, es wird um eine Spende gebeten.

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