Die zwei Welten des Peter Braun

Pendelt zwischen Stadtparlament und Wochenmarkt: Peter Braun. Foto: js

Bad Homburg (js). Natürlich wird Peter Braun heute Abend einen Anzug tragen. Wie immer, wenn er ins Stadtparlament geht, also seit nun 20 Jahren. Zwirn und Krawatte sind da Pflicht, das gebührt der Respekt gegenüber dem Parlament und den Bürgern. Und gegenüber sich selbst und seinem Auftrag, dem er mit Leidenschaft seit zwei Jahrzehnten nachkommt. Mit der heutigen besonderen Ehrung hat das gar nichts zu tun. „Ich gehe immer im Anzug“, sagt Peter Braun, vielen Menschen in der Stadt ist er eher als „Blumen-Peter“ bekannt. Die zweite Welt des Peter Braun, die politische Welt in der Stadtverordnetenversammlung, den Arbeitsausschüssen des Parlaments und im Ortsbeirat Gonzenheim kennen längst nicht alle, die Peter Braun kennen.

Wenn sich am heutigen Donnerstag ab 18.30 Uhr im Kurhaus-Saal die neue Stadtverordnetenversammlung konstituiert, wird Peter Braun ziemlich schnell wieder oben auf der Bühne sitzen, ziemlich direkt neben Dr. Alfred Etzrodt, dem bisherigen Stadtverordnetenvorsteher und damit „Ersten Bürger“ der Stadt. Der soll es auch wieder werden, das ist abgemachte Sache. Die CDU als stärkste Fraktion wird dabei ihr Vorschlagsrecht nutzen. Der 76-jährige Etzrodt ist anerkannt bei allen Fraktionen.

Das ist auch der zehn Jahre jüngere Peter Braun, der Einzelkämpfer, der mit seiner Liste „Peter für Bad Homburg“ (PfB) zum zweiten Mal den Sprung ins Parlament geschafft hat. Ohne Fraktionsstatus, aber als Mann mit Gewicht, denn ihn wird die SPD heute als zweiten stellvertretenden Stadtverordnetenvorsteher neben Daniela Kraft von den Grünen vorschlagen. Auf deren Ticket hat Peter Braun den Ehrenjob einst bekommen, alle finden, dass er ihn „sehr gut gemacht hat“ bisher. Peter Braun genieße „eine enorm große Anerkennung“, sagt etwa SPD-Parteichefin Elke Barth, er würde das „Hohe Haus“ stets auf „sympathische Weise“ vertreten, sei „immer für die Bürger ansprechbar“.

Das ist Peter Brauns politisches Leben bestimmender erster Anspruch. „Nah am Bürger dran sein“ und bereit dafür, sich „um die kleinen Dinge zu kümmern“. Eigentlich wollte er ja nie in die Politik. Das kam dann irgendwann einfach so. Kurz vor der Jahrtausendwende, als der Streit um das alte Parkhaus in der Dorotheenstraße Wogen schlug und der erste Bürgerentscheid in der Stadt initiiert wurde. Und daraus die heutige BLB erwuchs, die Bürgerliste Bad Homburg. Mit ihr zog Braun 2001 erstmals ins Stadtparlament ein, bei den beiden nächsten Wahlen kandidierte er für die Grünen, seit 2013 ist er fraktionslos mit Einzelkämpfer-Status. Elke Barth gebraucht auch den Begriff „Graswurzelinitiative“ im Zusammenhang mit Peter Braun.

Brauns Statement nach dem jüngsten Wahl-Coup spricht für seine demütige Grundeinstellung im politischen Spiel. „Es ist schön, wieder drin zu sein, auch wenn es zu zweit oder dritt schöner gewesen wäre.“ Immerhin 19 085 Stimmen (2,0 Prozent) hat er mit seinen 16 Gefolgsleuten gesammelt, der Löwenanteil ging mit 4021 Stimmen (21,1 Prozent) auf sein Konto. Das haben bei der BLB (8,4 Prozent) nur die Frontkämpfer Armin Johnert und Beate Fleige übertroffen, bei der Linken keiner, bei der FDP (9,6 Prozent) nur die Top 3 Philipp Herbold, Angelika Vollrath-Kühne und Tim Hordorff. Bei der Wahl zum Ortsbeirat Gonzenheim hat die PfB 8,65 Prozent der Wählerstimmen und einen Sitz erreicht, der mit riesigem Vorsprung an Braun ging. In allen städtischen Fachausschüssen vertritt er die PfB, das ist für ihn Verpflichtung und gleichermaßen ein Ort für permanente „Horizont-Erweiterung“. Die er auch im Internationalen Städtepartnerschaftsverein erlebt, im „Gemeinschaftskreis Unser Homburg“ und im Laternenfestverein.

Seine „Bürgersprechstunde“, das formuliert Peter Braun, der Homburger Bub, der im Gotischen Haus seine Kindheit verlebte, sehr salopp, hält er oft auf dem Markt ab. Da kennen ihn mehr Menschen als in der Politik, da ist er so nah dran, wie er sich Kommunalpolitik wünscht. Seit 18 Jahren steht er dreimal wöchentlich mit seinem Blumenstand am Waisenhausplatz, viele Kunden kennt er längst mit Namen. Besondere Kundinnen bekommen auch mal eine Hauslieferung, weil deren Wohnsitz auf seinem Heimweg liegt. Ganz salopp im Dress des Naturburschen ist er dann unterwegs, in seinem Lieblingsoutfit.



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