Dr. Johannes Hund ist der neue Pfarrer in Gonzenheim

„Der Gottesdienst ist der Ort, wo wir weggerufen werden vom Zweifeln und Kreisen um uns selbst“: Pfarrer Dr. Johannes Hund an seiner neuen Wirkungsstätte, der evangelischen Kirche in Gonzenheim. Foto: and.

Bad Homburg (and.) Neben der Eingangstür zum Pfarrhaus in der Kirchgasse hängt unübersehbar ein Schild mit der Aufschrift „Vorsicht, gefährlicher Hund“. Wer klingelt, wird jedoch nicht von Hundegebell empfangen, sondern vom neuen Pfarrer der Evangelischen Kirchengemeinde Gonzenheim, Dr. Johannes Hund. Der Mann hat Humor. Am vergangenen Sonntag wurde der Theologe und Seelsorger durch Dekan Michael Tönges-Braungart im Gottesdienst feierlich in sein Amt eingeführt.

In seinem Arbeitszimmer fallen gleich zwei Dinge ins Auge: Eine große Handpuppe – Martin Luther im schwarzen Talar und mit einem freundlich-breiten Mund – hockt auf der Fensterbank; an der Wand hängt der großformatige Kunstdruck eines alten Gemäldes, auf dem die Wittenberger Reformatoren zu sehen sind, neben Martin Luther auch Philipp Melanchthon, Johannes Bugenhagen und andere in eindrucksvollem Ornat. Beides steht für die Vergangenheit und Erfahrung, die Johannes Hund mit in seine neue Pfarrstelle bringt.

„Die Lutherpuppe ist ein Geschenk von meiner Ingelheimer Kirchengemeinde, in der ich 2015 mein Vikariat absolviert habe – die kann man gut in der Kinder-Arbeit einsetzen“, schmunzelt der 1975 geborene Theologe. Dass ihn der große Reformator aber noch zu mehr angeregt hat, zeigt sein entschiedener Hinweis zu dem Bild: „Die Reformation war mehr als Luther, da haben viele mitgewirkt.“ Bis Johannes Hund bei dem Professor für Systematische Theologie, Notger Slenczka, über einen Abendmahls-Streit promovierte, der im 16. Jahrhundert zwischen den Lutheranern ausbrach und mit der Abgrenzung der Lutheraner von der Lehre des Genfer Reformators Johannes Calvin endete, verging einige Zeit. Zeit, in der der Sohn eines Bundesbahn-Angestellten und einer Medizinisch-Technischen Assistentin, die einer lutherischen Erweckungs-Gemeinde in Göttingen angehörten, ganz praktisch durch Sonntags-Kirchgang und Kindergottesdienst in den evangelischen Glauben hineinwuchs, sich später für ein Theologiestudium entschied und zunächst eine wissenschaftliche Karriere an der Universität begann.

Der Umzug nach Steinbach im Taunus und seine Gymnasialzeit an der Kaiserin-Friedrich-Schule in Bad Homburg brachten Johannes Hund die Gelegenheit, Altgriechisch als Schulfach zu wählen. „Mir war schon in der Mittelstufe klar, dass ich Theologie studieren wollte“, sagt er. Als er an der Lutherischen Theologischen Hochschule Oberursel mit dem Studium begann, trat er in die Selbständige Evangelisch Lutherische Kirche (SELK) ein. Nach Stationen in Göttingen und Tübingen machte Johannes Hund in Oberursel sein Examen. Seine wissenschaftliche Laufbahn nach der Doktorarbeit setzte er an der Uni Mainz und mit der Habilitation beim Institut für Europäische Geschichte fort – auch wieder mit einem Thema zur Reformation.

2011 konvertierte Dr. Hund in die EKHN, 2015 entschied er sich gegen weitere Jahre an der Universität und für ein Gemeinde-Vikariat. „Ich habe den Bezug zur Praxis nie verloren und mich dann doch für die Gemeindearbeit entschieden, sie macht mir einfach viel Spaß.“ Erste Erfahrungen als Gemeindepfarrer sammelte er in Rheinhessen. Nun tritt Dr. Johannes Hund seine zweite Pfarrstelle in Bad Homburg-Gonzenheim an. Er freue sich, hierher zurückzukommen, wo er zur Schule ging, begeistert in der Schultheater-AG mitwirkte und im Bach-Chor der Erlöserkirche sang: „Überall, wo es Kultur gab, war ich dabei.“

Was ihn an seiner neuen Gonzenheimer Gemeinde reizt? Es sei der „spirituelle Reichtum und die Wachheit einer mündigen Gemeinde, die wahrnimmt, wohin Kirche sich entwickelt und mitgestalten will“, sagt er. Neugierig sei er auf die Gemeindekreise und auf die Begegnungen im sonntäglichen Gottesdienst. „Der Gottesdienst ist ein Schutzraum, wo man Gemeinschaft erleben und Kraft tanken kann. Wir sind eine bunte Gemeinschaft der Kinder Gottes, wie es sie in der sich fragmentierenden Gesellschaft zunehmend weniger gibt.“ Die hessen-nassauische Kirche lasse den einzelnen Gemeinden viel Freiheit, sich zu positionieren, und jede Gemeinde habe eine andere soziale Zusammensetzung. Wichtig sei es, im Dialog miteinander zu sein und an der Seite der Armen zu stehen. „Das Evangelium macht uns frei davon, uns immer selbst definieren zu müssen und mehr scheinen zu wollen, als wir sind. Wir bekommen durch den Glauben die Freiheit und offene Augen und Ohren dafür, wo jemand unsere Hilfe braucht.“ Dass er sich mit seiner Frau Rita, einer Germanistin und Slawistin, die Deutsch für Ausländer unterrichtet und Integrationskurse für Flüchtlinge an Schulen und VHS geleitet hat, und den beiden Kindern schnell in Bad Homburg einleben wird, davon ist Pfarrer Hund überzeugt. Die ersten Schulstunden an der Friedrich-Ebert-Grundschule hat er schon unterrichtet, die Konfi-Freizeit nach Eisenach geleitet – „zu Lutherhaus und Wartburg, und natürlich ging’s um das Thema Abendmahl.“



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