Glücksfund vom Sperrmüll ist Glücksfall fürs Heimatmuseum

Bad Homburg (fch). Bei vielen Entdeckungen spielt der Zufall eine große Rolle. So im Frühjahr in Bad Homburg, als Hans H. Bornschier seinen Abendspaziergang machte. Sein Weg führte an einem Haus vorbei, vor dem ein Bürger Dinge für die Sperrmüllabholung am kommenden Morgen am Straßenrand deponiert hatte. Darunter viele große, teils gerahmte Bilder und Dias.

Im Vorbeigehen fiel der Blick des Kirdorfers zufällig auf ein großes Bild. Es zeigte ein elegantes Paar, das ernst in die Kamera blickte. „Das Bild kenne ich doch“, schoss es dem Spaziergänger durch den Kopf. Und schnell war ihm klar woher. „Das Bild hing viele Jahre an einer Wand in der renommierten Gaststätte ‚Zur Stadt Friedberg‘ bei Georg Wehrheim, der in Kirdorf besser als ‚Metzger Schorsch‘ bekannt war.“ Das große Schwarz-Weiß-Foto des attraktiven Paars war durch einen schönen Rahmen geschützt. Hans H. Bornschier war vom Foto und dem ihm würdevoll entgegenblickenden Paar fasziniert. Auf dem Foto war als einziger Hinweis das Jahr 1914 vermerkt. Der Kirdorfer nahm es mit und rettete es damit vor der Zerstörung.

Um Klarheit über die Identität des Paars zu bekommen, wandte er sich an die Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft „Unser Kirdorf“. Die Heimatforscher vermuteten, dass es sich bei dem fotografierten Paar um das Gastwirtsehepaar Joseph Martin Braun und seine Ehefrau Anna Barbara, geborene Denfeld, handelte. Das Ehepaar hatte sich wohl anlässlich seiner Silberhochzeit porträtieren lassen. Sie warfen einen Blick in die beiden Familienbücher Kirdorfs. Darin hatte Cäcilia Hett akribisch Daten von Kirdorfer Familien notiert. Und der Verdacht der Heimatforscher bestätigte sich. Wie vermutet, hatte das Gastwirtsehepaar 1914 seine Silberhochzeit gefeiert. „Wirt Braun“ führte – wie zuvor sein Vater und Großvater – viele Jahrzehnte lang die Gaststätte „Zur Stadt Friedberg“ bis zu seinem Tod 1929. Ihm folgte als Wirt der „Metzger Schorsch“ nach. Die Familienbücher verrieten noch mehr Einzelheiten aus dem Leben der Eheleute Braun. „Sie haben viel Leid ertragen müssen. Von ihren fünf Kindern starben zwei Töchter sehr jung. Ein Sohn starb im Ersten Weltkrieg, ein anderer 1924. Nur eine Tochter überlebte. Sie war mit dem bekannten Arzt Dr. Lothar Heibel verheiratet. Sie verstarb 1981“, informiert Waldemar Wehrheim von der Arbeitsgemeinschaft „Unser Kirdorf“.

Die bereitete zum Zeitpunkt der Fotoübergabe gerade die Sonderausstellung „Traditionsreiche Gaststätten: Orte der Kommunikation, Entspannung und Unterhaltung“ vor. „Gaststätten waren in Zeiten ohne TV und Internet Hotspots der Kommunikation und Geselligkeit. In ihnen spielten sich weite Teile des sozialen Lebens ab. Das wiederentdeckte Bild des Ehepaars Braun ist ein echter Hingucker und passt hervorragend in die aktuelle Sonderausstellung im Kirdorfer Heimatmuseum. Diese ist sonntags von 15 bis 17 Uhr bis Ostern 2023 in unserem Stadtteilmuseum zu sehen. “

Jedes Mal aufs Neue spannend seien Spurensuche und Recherche wie nach der Identität der auf dem Foto abgebildeten Personen. „Das Foto ist ein Glücksfall für unseren Verein und die Sonderausstellung.“ Das elegant gekleidete Ehepaar Braun öffnet mit seiner Geschichte ein Fenster in die Vergangenheit von Kirdorf. Es ermöglicht einen Blick auf die Geschichte von Menschen in der ehemals katholischen Landgemeinde Kirdorf. Diese wies inmitten der protestantischen Landgrafschaft Hessen-Homburg einige Eigenarten auf, die im Kirdorfer Heimatmuseum dokumentiert sind.

!Das Kirdorfer Heimatmuseum, Am Kirchberg 41, zeigt die Sonderausstellung „Traditionsreiche Gaststätten: Orte der Kommunikation, Entspannung und Unterhaltung“. Sie kann sonntags von 15 bis 17 Uhr bis Ostern 2023 besichtigt werden.

Das Gastwirtsehepaar Joseph Martin Braun und seine Ehefrau Anna Barbara, geborene Denfeld, ließ sich anlässlich seiner Silberhochzeit 1914 fotografieren. Repro: fch



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