Mit Pingpong gegen Parkinson

Großes Finale mit PingPongParkinson-Hymne und feierlicher Siegerehrung in der Wingert-Sporthalle: Die Medaillen übergeben Ex-Weltmeister und heutige Tischtennis-Bundestrainer Jörg Roßkopf (vorne l.) und Nenad Bach aus New York, Gründer von PPP International mit Sitz in den USA. In der Mitte der jubelnde Zweifach-Sieger Maik Gühmann aus Hamburg mit seiner amerikanischen Mixed-Partnerin. Foto: js

Bad Homburg (js). In der Tischtennis-Szene gehört der TTC Ober-Erlenbach Bad Homburg spätestens nach dem Aufstieg in die Bundesliga national zur Elite. Auf einer besonderen sportlichen Ebene hat der Stadtteil-Club am langen Himmelfahrts-Wochenende Zeichen gesetzt. In Zusammenarbeit mit dem Verein PingPongParkinson Deutschland (PPP) war er Ausrichter der „PPP German Open 2022“, der zum zweiten Mal nach der Premiere in Nordhorn stattfindenden international offenen Deutschen Meisterschaften für an Parkinson erkrankte Menschen. Schauplatz des dreitägigen Turniers mit 128 Sportlern aus zwölf Ländern war der „Wingert Dome“, die Sporthalle, in der auch der TTC Ober-Erlenbach seine Wettkämpfe austrägt. Schirmherr der Veranstaltung und am Finaltag an allen Ecken und Enden im „Dome“ unterwegs, Ex-Weltmeister Jörg „Rossi“ Roßkopf, heute Tischtennis-Bundestrainer.

Am Start im „Dome“ auch der amtierende dreifache Weltmeister Thorsten Flues aus Avenwedde, am Ende steht er wieder ganz oben auf dem Treppchen im Einzel. Maik Gühmann aus Hamburg, 55 Jahre alt, steht zweimal auf dem Siegertreppchen, im Einzel und im Mixed, ein Energiebündel trotz schwerer Handicaps. Seit 16 Jahren ist er an Parkinson erkrankt, er tritt in Klasse 3 derer mit den größten Einschränkungen an. Wie alle hier hat auch er durch Tischtennis ein neues Lebensgefühl bekommen.

Die fortschreitende Verschlechterung der Symptome der Parkinson-Krankheit kann durch Tischtennis als physikalische Therapie verlangsamt werden, das ist die Überzeugung. Sie hat 2020 zur Gründung von PingPongParkinson Deutschland geführt, einem Zusammenschluss von Einzelpersonen und Selbsthilfegruppen, die sich in ehrenamtlicher Arbeit um Menschen mit Parkinson und deren Angehörige kümmern. Neurologen, Therapeuten und Selbsthilfegruppen haben bei einem Informationstag zur Eröffnung der viertägigen „German Open“ über die neurologische Krankheit aufgeklärt. „Tischtennis ist für uns eine sehr wichtige nicht an Medikamenten orientierte Therapie“, sagt etwa Harry Wißler, selbst seit zwei Jahren Parkinson-Betroffener. Er ist Mitbegründer und 2. Vorsitzender von PPP Deutschland und Cheforganisator des Turniers. Er ist außerdem der Mittler zwischen Club und Organisation, spielt und trainiert in Ober-Erlenbach. Bei den German Open musste er nach sechs Partien verletzt aufgeben. Im Homburger Vorort wurde einer der ersten PPP-Stützpunkte begründet, entstanden ist das gemeinsame Training von Menschen mit Parkinson und der Seniorengruppe des TTC OE zur Demenz-Prophylaxe aus dieser Verbindung. Inzwischen werden etwa 25 Leute gezählt, die am zweimal wöchentlichen Training an sechs Spieltischen teilnehmen, betreut von Heinz Sommer, dem ehemaligen Bundesligaspieler aus Frankfurt.

Hamid Ezzat-Ahmadi ist extra aus den USA zum Turnier angereist, ebenso Nenad Bach aus New York, Begründer der neuen Organisation PPP International, der mit Jörg Roßkopf bei der Siegerehrung die Medaillen verteilt. Aus Brasilien kamen Sportler mit der weitesten Anreise, aus Portugal, Spanien, Kroatien und Polen, aus Dänemark, Schweden und der Schweiz, die Idee von der Therapie durch Tischtennis geht um die Welt. Für den Club war die Ausrichtung eine Herausforderung, die Erfahrung durch Bundesliga-Partien und andere größere Turniere halfen bei der Organisation, so Bernd Röschenthaler, Geschäftsführer der Ober-Erlenbacher Bundesliga-Mannschaft.

Die positive Überraschung: „Ich habe noch nie ein so harmonisches Turnier erlebt, geprägt von Dankbarkeit und Freundlichkeit in einer stets angenehmen und stressfreien Atmosphäre.“ An den ersten beiden Tagen an 18 Platten gleichzeitig, am Finaltag zuletzt mit Endspielen in drei Spielklassen an jeweils sechs Spieltischen gleichzeitig. Per Livestream konnten die Spiele an allen Tagen im Internet verfolgt werden.

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