Faszinierendes Spiel aus Licht und Feuerschein

Aufmerksam verfolgen die Besucher, wie Künstler Stephan K. Müller die acht Baumstämme ausbrennt. Foto: fch

Bad Homburg (fch). Gegensätze wie Licht und Feuer, Dunkelheit und Helligkeit, Wärme und Kälte, Innen und Außen, Zerstörungswut und Kreativität beschreiben zum zwölften Mal die Faszination der Licht- und Feuerperformance in der Fleckmühle. Den Weg durch die Dunkelheit markiert den Besuchern ein Spalier aus flackernden Windlichtern. Vor dem Eingang zur Galerie Fleck in Ober-Eschbach knistert ein vom Wind angefachtes Feuer. In einem offenen Korb brennende Holzscheite verströmen den typischen Geruch verbrannten Holzes.

Beim Betreten des 3500 großen Außengelände der Fleckmühle erhalten Besucher einen leckeren Willkommensgruß. Dragana Müller bietet selbstgebackene Plätzchen an. Erhellt wird die Dunkelheit durch verschiedene Lichtquellen, Lichtobjekte sowie in Schalen und Körben brennende Feuer. Gespannt warten alle darauf, dass Künstler Stephan K. Müller beginnt. Auf dem Gelände verteilt hat er acht massive Baumstämme. In diese brennt der bekannte Maler und Bildhauer mit einem „Flammenwerfer“ gezielt Öffnungen oder höhlt sie mit Feuerkraft gleich ganz aus. In Sekundenbruchteilen verwandeln sich die Baumstämme in brennende Skulpturen.

Haben die gierig züngelnden Flammen das Stamminnere ausgehöhlt, löscht der Künstler sie. Sind sie ausgekühlt, dann „wasche ich Kohlepartikel und Ruß ab, poliere alle Rückstände runter, wodurch die Maserungen sichtbar werden. Man erkennt die Jahresringe, sieht das unterschiedliche Sommer- und Winterwachstum, erkennt an Farbe und Struktur, ob es Weich- oder Hartholz ist.“ Die teils ab- und ausgebrannten Hölzer dienen dem Bildhauer Müller als Entwürfe und Basis für seine im kommenden Jahr entstehenden Objekte. Ein dreigeteilter Eichenstamm erinnert ihn an „flammende Diskussionen“ mit Frau und Tochter. Ins Knistern und Knacken der brennenden Holzscheite mischt sich das geheimnisvolle, leise Klirren von Windspielen. Das Spektakel aus Feuer und Licht fasziniert die Zuschauer. Während die meisten in den Baumstämmen nur große, brennenden Stücke Holz sehen, erkennt Müller in ihnen die vielen Möglichkeiten. Jeder Stamm, jedes Stück Holz birgt für ihn ein Kunstwerk. Um es dem Naturmaterial abzuringen, benötigt er viel Geduld, handwerkliches Geschick und Kreativität.

Zum Einsatz kommen erst grobe Werkzeuge wie Motor- und Handsägen, unterschiedliche Hämmer und Beitel. Feinheiten und Details werden mit Hilfe von feineren Schnitzmessern, Hobeln, Beiteln und Feilen aus dem Holz herausgearbeitet. Je nach Vorstellung oder Entwurf mehr oder weniger exakt. Abschließend wird die Oberfläche geschliffen, dann gewachst, gebeizt, lasiert, lackiert oder bemalt. „Wie das aussieht, können sie sich in der Galerie ansehen. Dort stehen die Skulpturen aus dem vergangenen Jahr.“

Außer der Begegnung mit „exzeptioneller Kunst zum Anfassen“ aus Holz oder Speckstein, Metall, Glas oder Stein laden auch Gemälde und Lichtobjekte zum genaueren Hinsehen ein. Bei ihnen steht nicht der Materialmix wie bei den Skulpturen zum Be-Greifen im Vordergrund, sondern „das Verschieben der Ebenen“ durch Bewegung und Licht. „Licht verändert sich je nach Jahreszeit, Sonnenstand, Strahlung und Intensität. Das Farbspektrum reicht von Blau über Gelb bis Rot. Damit ist das Licht wie auch das Feuer so vielschichtig wie meine Arbeiten“, betont Müller. Seine abstrakten Bildnisse und Objekte bestechen durch ihre Strukturen, Formen und Linien. Die visuelle Welt des fast erblindeten Künstlers besteht aus Schatten und groben Umrissen. Seine Skulpturen und Bilder laden durch Perspektivwechsel zu visuellen Entdeckungsreisen ein. Zudem treten in der Galerie Skulpturen und Bilder in einen spannenden Dialog ein und regen die Fantasie an.



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