Eschborn/Schwalbach (MS). Was war in den Jahren 2022 und 2023 in der Polizeiinspektion Eschborn los? In der Dienststelle in der Hauptstraße blieben in dieser Zeit offenbar mehrere hundert Fälle aus Eschborn, Schwalbach, Bad Soden und Sulzbach liegen. Auswirkungen auf die Qualität der Strafverfolgung soll das nach Angaben des Polizeipräsidiums Westhessen jedoch nicht gehabt haben.
Herausgekommen sind die Probleme im Eschborner Revier im Zusammenhang mit der Veröffentlichung der Kriminalitätsstatistik für das Jahr 2024. Während im gesamten Main-Taunus-Kreis die Zahl der Straftaten sank, gab es in den vier Kommunen im Ostkreis teilweise kräftige Zunahmen. Für Eschborn weist die offizielle Statistik eine Zunahme um ein Viertel aus, für Schwalbach sogar um ein Drittel. Jetzt ist klar: Das Polizeipräsidium hat alle noch offenen Altfälle in die Statistik des vergangenen Jahres gepackt, die dadurch natürlich deutlich mehr Fälle ausweist als es tatsächlich gegeben hat.
Laut einer gemeinsamen Presseerklärung der Polizei und der vier betroffenen Kommunen habe es in Wirklichkeit „sogar eine rückläufige Entwicklung“ gegeben. Trotz der gravierenden statistischen Verzerrungen ergibt sich für die Bürgermeister Adnan Shaikh (Eschborn), Alexander Immisch (Schwalbach), Dr. Frank Blasch (Bad Soden), Elmar Bociek (Sulzbach) und die Polizei ein „klares Bild“: „Es gibt keine Veränderung bei der Art der häufigsten Straftaten. Ladendiebstahl, Sachbeschädigung, Fahrraddiebstahl, vorsätzlich leichte Körperverletzung und Diebstahl an Kraftfahrzeugen sind hier weiterhin Spitzenreiter. Um die Delikte der Vorjahre bereinigt sind die Zahlen insgesamt rückläufig, was für eine gute Sicherheitslage im Bereich der Polizeistation Eschborn spricht.“
Belegt ist das allerdings nicht. Denn die chten Zahlen für den Bereich der Eschborner Dienststelle kann oder will das Polizeipräsidium nicht herausgeben. Auf den ganzen Main-Taunus-Kreis bezogen schlägt die nachträgliche Erfassung von Altfällen mit „insgesamt beinahe 900 Fällen“ zu Buche, was 8,4 Prozent aller in der Statistik genannten Fälle entspricht. Kurzum: Die Zahlen, die die offizielle Kriminalitätsstatstik für den Bereich Eschborn, Schwalbach, Bad Soden und Sulzbach für 2024 nennt, sind praktisch wertlos.
Warum in der Dienststelle in der Hauptstraße 200 im Jahr 2022 und teilweise auch 2023 so viele Fälle liegen blieben, ist nicht genau geklärt. Eine Sprecherin des Polizeipräsidiums spricht von einem „Personalengpass, der mittlerweile behoben ist“. Hört man sich in Eschborn um, erfährt man, dass es in dieser Zeit wohl mehrere Dauerkranke gegeben hat. Außerdem hielt vor drei Jahren eine Vielzahl von Raubüberfällen durch Jugendliche die Polizeiinspektion auf Trab, die dafür eine spezielle Arbeitsgruppe bilden musste. Diese hat weiteres Personal gebunden, das dann an anderer Stelle fehlte. Man habe „priorisieren“ müssen, erklärt die Polizeisprecherin. Genauer will sich das Polizeipräsidium in Wiesbaden nicht äußern, auch nicht, warum die Eschborner Kolleginnen und Kollegen in der schwierigen Situation nicht aus anderen Dienststellen oder Abteilungen mit Personal unterstützt worden sind.
„Keine Auswirkungen auf die Sicherheit“
Die Sicherheit der Bevölkerung soll unter den Engpässen in der Eschborner Polizeistation nicht gelitten haben. Cathrin Lerch, die Leiterin der Polizeidirektion Main-Taunus, sagt: „Ich kann versichern, dass diese Nacherfassung keinerlei Auswirkungen auf die Strafverfolgung und die tatsächliche Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger hat. Die Polizistinnen und Polizisten der Polizeidirektion sind rund um die Uhr für die Sicherheit der Bevölkerung im Einsatz.“ 85 Prozent der liegengebliebenen Altfälle seien Strafverfahren ohne Beschuldigte gewesen. Auch die Bürgermeister sehen in ihrer gemeinsamen Erklärung keinen Grund zur Sorge: „Die Bürgerinnen und Bürger können sich hier sicher fühlen. Der Main-Taunus-Kreis ist nach wie vor ein sicherer Kreis.“
Aussagekräftiger als die Zahlen für Eschborn, Schwalbach, Bad Soden und Sulzbach ist die Statistik für den gesamten Main-Taunus-Kreis. Dort wurden im vergangenen Jahr 10.712 Straftaten aktenkundig, von denen mit 5.705 etwas mehr als die Hälfte aufgeklärt wurden. Die Gesamtzahl der Straftaten lag damit in etwa auf dem Niveau der Vorjahre mit Ausnahme der Corona-Jahre, in denen die Zahl deutlich geringer war.
ORT:
Offensichtlich große Probleme gab es in den Jahren 2022 und 2023 in der Polizeiinspektion Eschborn. Aufgrund von Personalengpässen blieben mehrere hundert Fälle liegen. Foto: Schlosser
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