Es kommt immer darauf an, auf welcher Seite jemand steht

Vince Ebert verkauft in der Pause seine Bücher unter großem Ansturm direkt aus dem Koffer. Foto: Jona-Bennet Rübner

Friedrichsdorf (jbr). „Wie Albert Einstein schon mit der Relativitätstheorie bewiesen hat, vergeht eine Minute unterschiedlich schnell, je nachdem, auf welcher Seite der Klotür man steht“, lautete Vince Eberts Stellungnahme zu Themen der Naturwissenschaften. Mit vielen kurzweiligen Anekdoten und Geschichten unterhielt der Kabarettist kürzlich das ausverkaufte Forum Friedrichsdorf. Was Vince Ebert und Albert Einstein außer ihrem Physikstudium verbindet, machte der mittlerweile in Wien Wohnende ebenfalls zum Thema des Abends. Den Alleinunterhalter und seine Ehefrau habe es 2019 in die USA gezogen, berichtete er, mit zwei Koffern seien sie nach New York umgesiedelt, wo auch er den „American Dream“ habe leben wollen. Seinen neunmonatigen Aufenthalt, die Unterschiede zwischen Amerikanern und Deutschen und wie es mit der Physik auf der anderen Seite des großen Teichs gehalten werde, beschrieb der ebenfalls studierte Wissenschaftler ausführlich. Zwischen Geschichten aus dieser erlebnisreichen Zeit streute der Komödiant unterhaltsame Fakten über sein Paradefach ein.

Zum Klimawandel gab er unter anderem zu bedenken, dass etwa Kinder den ökologischen Fußabdruck signifikant belasteten, wohingegen kinderlose Menschen sogar täglich im Panzer zur Arbeit fahren könnten und trotzdem umwelttechnisch besser dran wären. Dem fügte er süffisant hinzu, er selbst habe keine Sprösslinge, sei also fein raus. Aber auch über dünne Wände in New Yorker Wohnungen, horrende Mieten für Bruchbuden beschwerte sich Vince Ebert zur Freude der Zuschauer ausführlich. Berichten über zwölf Becherhaltern in amerikanischen Autos und dass in den USA oftmals Glückskekse zum Essen gereicht würden – wozu er Glückskeksleberkäse für Deutsche vorschlug – widmete der Kabarettist sich nicht nur auf der Bühne, sondern auch in seinem Buch „Broadway statt Jakobsweg“, für das er warb.

Auch ernste Themen wie die Emigration der Fachkräfte aus Deutschland sprach er an. „Bevor sich die Leute darüber beschweren, dass Menschen einwandern, sollte man mal einen Blick darauf werfen, wie viele das Land verlassen“, gab Vince Ebert zu bedenken. Die Deutschen seien ohnehin zu pessimistisch, stellte der Physiker anhand eines Beispiels dar. Er erklärte, in Deutschland würde sich noch über verspätete Flugzeuge beschwert, ohne dieses Wunderwerk der Technik als solches zu wertschätzen. Es solle sich noch jemand erdreisten, sich bei den Gebrüdern Wright (amerikanische Luftfahrtpioniere) nachträglich zu echauffieren.

Politisch korrekt oder nicht?

 

Natürlich durfte auch das Coronavirus im Bühnenprogramm nicht fehlen. Ebert witzelte über die mangelnde wissenschaftliche Bildung der Bundesbürger und zog auch hier auf Nachfrage einer Zuschauerin während der Pause Parallelen zu den USA und dem früheren Präsidenten Donald Trump. Der habe unter anderem empfohlen, sich gegen das Virus Desinfektionsmittel in die Venen zu spritzen. Der Diplom-Physiker wetterte jedoch auch gegen politische Korrektheit, die sich auf der Welt unaufhaltsam verbreite. Sie lenke von wesentlichen Problemen unserer Zeit ab und fördere die Spaltung der Gesellschaft. Dass Ebert es mit der politischen Korrektheit wirklich nicht ganz so ernst nimmt, wurde bei einigen Anekdoten auf Kosten von Minderheiten, Vergleichen zwischen Männern und Frauen, das verklemmte Verhältnis der Amerikaner zur Sexualität, bei dem der Alleinunterhalter gegen Opfer von Vergewaltigung schoss, das Image der Deutschen in den USA, in dessen Beschreibung Anspielungen auf die Nazizeit anklangen, deutlich und überspannte den Bogen. Dennoch zeigte sich das Publikum sehr amüsiert und lachte an diesem Abend herzhaft. Mit der Wiederholung seines Programmtitels „Make America Great Again!“ beendete er den Abend und betonte, keine Zugabe anzuhängen, wie er es in den USA gelernt habe.



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