Varieté mit Leichtigkeit und Tiefgang

Moderator, Wortartist und Jongleur Marcus Jeroch führt das Publikum kurzweilig durch das Viva-Varieté-Programm 2022. Foto: fch

Friedrichsdorf (fch). Nichts ist so fesselnd und faszinierend wie Live-Entertainment. Das konnten Besucher an drei Tagen im Forum Friedrichsdorf erleben. Im Rahmen der Friedrichsdorfer Kulturzeit gastierte Dieter Becker mit seinem „Theatro Artistico“ in Köppern. Und präsentierte gemeinsam mit Künstlern aus verschiedenen Genres „Das neue Programm“ von „Viva Varieté“.

Ein mitreißender Mix aus Artistik, Akrobatik, Jonglage, Ropeskipping, Comedy, Antipodenkunst, Sprache und Gesang sicherte den gelenkigen Stars im Rampenlicht von Beginn an die Aufmerksamkeit der Zuschauer. Moderator Marcus Jeroch führte kurzweilig durch das Programm. Er punktete als Poet, Wortakrobat, Jongleur und „Querdenker“. Er rezitierte aus den Büchern Friedhelm Kändlers „Schöner Denken mit WoWo“ und „Die Abenteuer der Missis Jö“ und brachte voll Sprachwitz triefende Gedichte von Ernst Jandl zu Gehör.

Voller Vergnügen huldigte Marcus Jeroch der Travestie des Worts und der Artistik des Klangs. Gekonnt führte er mit einem lückenhaften Buchstabenspiel den Reichtum der Sprache vor und ließ ein Sprachgewitter voll Nonsens und feinster, versteckter Philosophie auf das Publikum herunterregnen. Dabei wirbelte der Moderator teils über die Bühne, warf mit Worten, Jojo und Pingpongbällen zu Liedern wie dem Rainbow-Hit „My Baby Balla Balla“ um sich oder ließ Hula-Hoop-Reifen wirbeln zum „Tutti Frutti“-Evergreen von Little Richard. Dann verschraubte er seinen Körper wieder in Schachtelsätzen und zwängte Jandls „Churchill mit seiner Frau“ zitierend, seine langen Gliedmaßen wie ein Gummimensch durch einen scheinbar viel zu kleinen Stuhl. Die mit Showeinlagen gewürzte Anmoderation wurde von den Zuschauern stets mit Spannung erwartet.

Mit Ringen und Diabolos

Die hohe Kunst des Loslassens, die Jonglage, beherrscht wie kaum ein anderer Andreas „Andy“ Jordan. Der Jonglage-Weltrekordler ließ Ringe und Diabolos auf der Bühne fliegen. Bei seiner Ring-Jonglage „Ring-Bounce“ jonglierte er im Stil der 1920er-Jahre Ringe nach oben und unten, was man so nur mit Bällen kennt. Bei seiner Diabolo-Performance zeigte Andy Jordan ebenfalls wie zuvor mit den Ringen scheinbar voller Leichtigkeit, warum in der Welt der Jonglage das Diabolo das Besondere ist.

Weiter ging die fantastische Reise durch die schillernde Welt des Varietés mit dem Duo Chris & Iris. Die Meister der Hand-auf-Hand-Akrobatik setzten gekonnt ihren Größenunterschied in Stücken wie „Auf Augenhöhe“ in Szene. Und sie zeigten, wie bei ihnen ein T-Shirt-Wechsel funktioniert. Mit Witz und Humor verdeutlichten sie den Zuschauern, dass das Andersartige eine Art von Reichtum, etwas Besonderes sein kann, wenn man es zulässt. Beispielsweise, wenn zwei ungleiche Körper akrobatisch aufeinandertreffen.

Chris und Iris trennen 42 Zentimeter an Größe und 42 Kilogramm an Gewicht. Wie ihre Körper trotzdem zusammenarbeiten und sich ergänzen können, präsentierte das Duo in seiner außergewöhnlichen Akrobatik-Show mit viel Präzision in skurrilen, beeindruckenden und berührenden Bildern. Ins Universum seiner Klänge entführte Matthias Keller die Besucher mit Fingerschnipsen und Beatbox-Singen, Worten wie Pferdedung und Katzenpisse und Vokalen, „die rausköcheln“. Dass Vocal Percussion auch „hessisch groovt“, zeigte er mit Hilfe von Worscht und der Bockenheimer Landstraße. Mit einer Loop-Station bestehend aus einer Batterie von Knöpfchen, Schaltern, Pedalen und Kabeln wurde aus dem „Fußflusen“ besingenden Solisten beim Programm „Loopinsland“ schnell eine „One Man Bigband“.

Wie attraktiv das gute alte Kinderspiel Seilspringen ist, zeigte Mira Waterkotte. Die sechsfache deutsche Meisterin präsenierte Rope Skipping auf höchstem Niveau. In atemberaubendem Tempo führte sie stets freundlich lächelnd unterschiedliche Sprünge und akrobatische Figuren vor, ließ ihr Seil gekonnt unter ihrem Körper durchsausen oder sprang hoch in die Luft. Das Publikum klatschte begeistert die Beats der Songs aus Mira Waterkottes Rope-Skipping-Programm mit. Die Artistin Antje Pode jonglierte mit rasanter Geschwindigkeit alles, was ihr vor die Füße kam. Sie ließ Koffer, Taschen und Obst durch die Luft fliegen sowie eine große Puppe auf ihren Füßen kreisen. Ihre Jonglage und Objektmanipulation hatte die Antipoden-Künstlerin in kleine, non-verbal vorgetragene Geschichten verpackt.

Die Varietébesucher erlebten ein Wechselbad der Gefühle aus Lachen, Staunen, Mitfiebern, Gänsehaut-Momenten und Luftanhalten. Für die Varieté-Show bedankten sich die Besucher bei den Künstlern mit anhaltendem Applaus und anerkennenden Pfiffen.

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