Keine Angst vor schweren Brocken

Pauline Meisel (links), Johanna Meisel, Leonard Melcher und Elvy Mäkitalo (rechts).

Glashütten – Dieses verspätete Neujahrskonzert im Bürgerhaus Glashütten hatte es in sich. Nach ihrem gelungenen Auftritt im Oktober 2015 waren wieder einmal die Schwestern Johanna (18) und Pauline (15) Meisel am Konzertflügel und der Geiger Leonard Melcher (20) zu hören, die in Glashütten aufgewachsen sind und sich diesmal auch wahrhafte Schwergewichte der Kammermusik-Literatur vorgenommen hatten. Den Anfang machte Leonard Melcher mit der Sonate für Violine solo Nr. 2 a-Moll von Johann Sebastian Bach, die zusammen mit den fünf anderen Sonaten und Partiten des Barockmeisters als das „Alte Testament“ der Violinliteratur gilt. Der junge Musiker, der inzwischen bei Prof. Kolja Lessing an der Hochschule für Musik in Stuttgart Violine studiert, präsentierte das knapp halbstündige Werk sehr souverän und mit großem Atem, besonders die monumentale Fuge gestaltete er nach nahezu tänzerischem Beginn so abwechslungsreich und dynamisch differenziert, dass man fast vergaß, nur einer einzelnen Geige zu lauschen.

Danach stellten sich die beiden jungen Pianistinnen mit den beiden Eingangssätzen der Sonate F-Dur für Klavier zu vier Händen KV 497 vor, einem Werk, das Wolfgang Amadeus Mozart in einer glücklichen Phase seines Lebens zwischen den Opern „Die Hochzeit des Figaro“ und „Don Giovanni“ schuf und das er sehr gerne sowohl zusammen mit seiner Schwester, als auch mit verschiedenen Schülerinnen gespielt hat.

Anschließend spielte Pauline Meisel allein „Variations sérieuses“ von Felix Mendelssohn-Bartholdy, die dieser anlässlich der Errichtung eines Beethoven-Denkmals komponierte und mit denen er sich selbst ein musikalisches Denkmal setzte – ein Variationenzyklus, der nicht auf bloße Virtuosität setzt, sondern große musikalische Tiefe und Ernsthaftigkeit besitzt. Diesen Qualitäten des Werkes wurde die junge Pianistin auf erstaunenswerte Weise gerecht, hoch konzentriert und ganz bei sich spielte sie sowohl die lyrischen als auch die enorm virtuosen Passagen – denn der vorzügliche Pianist Mendelssohn baute natürlich bei allem Ernst auch solche in dieses Werk ein. Auch in der anschließenden Etüde Nr. 5 „Arc-en-ciel“ von György Ligeti zeigten sich Pauline Meisels Musikalität und Gestaltungsvermögen.

Johanna Meisel, die wie ihre Schwester seit Jahren Schülerin der in russischer Pianisten-tradition stehenden internationalen Preisträgerin und Klavierpädagogin Irina von Knebel ist, interpretierte nach der Pause Ludwig van Beethovens Sonate Nr. 17 d-Moll für Klavier, op. 31,2 (“Der Sturm”). Welch ein Kontrast zur Sonate Nr. 11 B-Dur, die der Meister nur drei Jahre davor komponiert hatte und deren 2. Satz „Adagio con molto espressione“ noch vor der Pause von Pauline Meisel dargeboten wurde.

In den zusammen mit der „Sturm-Sonate“ entstandenen Stücken brach Beethoven mit seinem ganzen bisherigen Schaffen, er wollte zu gänzlich neuen Ufern aufbrechen. Johanna Meisel zeigte diese neuartigen Formen auf beeindruckende Weise, vom leise einleitenden Arpeggio des eher düsteren ersten Satzes über das heitere Adagio bis zum tänzerischen Allegretto bewies sie neben technischer Souveränität ein feines Gespür für die Abgründigkeit schon dieser noch der mittleren Schaffensperiode Beethovens zuzurechnenden Musik.

Das Publikum war tief beeindruckt und belohnte sie mit großem Applaus, wie bei Pauline Meisels Mendelssohn-Interpretation waren auch einige „Bravos“ zu vernehmen.

Die beiden jungen Damen setzten mit den „Morgenblättern“ von Johann Strauß noch einen beschwingten Schlusspunkt (mit tänzerischem Platzwechsel beim vierhändigen Spiel) unter dieses schöne Programm. Frau Mäkitalo vom Kulturkreis Glashütten bedankte sich im Namen aller bei den drei jungen Künstlern für ihre Darbietungen und verband mit diesem Dank den Wunsch, auch weiter an ihrer Entwicklung teilzunehmen und sie wieder begrüßen zu können. Man darf wohl gespannt sein.



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