Glashütten stärkt die Feuerwehr gleich in dreifacher Hinsicht

Hendrik Helfmann wird vereidigt.

Glashütten (ms) – Wer die 112 wählt, erwartet im Fall der Fälle eine starke, allzeit einsatzbereite Truppe. Damit diese in der Gemeinde Glashütten von den drei Standorten Glashütten, Oberems und Schlossborn innerhalb der gesetzlich vorgeschrieben zehn Minuten vor Ort qualifizierte Hilfe leisten kann, muss Mann/Frau und Material in Top-Zustand sein. Rund 100 Mitglieder zählt die Freiwillige Feuerwehr der Gemeinde. Alles Ehrenamtliche, die sich über jede Unterstützung freuen.

Neues Mannschaftsfahrzeug

Die erste gute Nachricht: Ein neuer Mannschaftswagen komplettiert den Fahrzeugbestand seit Ende November in der Feuerwache am Schulpfad. Bürgermeisterin Brigitte Bannenberg (parteilos) betonte vor wenigen Tagen bei der symbolischen Schlüsselübergabe: „Wir hätten das neue Mannschaftsfahrzeug gerne bei der Feuerwehrversammlung feierlich enthüllt. Aber coronabedingt können wir heute nur die Indienststellung des Neun-Sitzers vermelden. Die Feier wird auf jeden Fall nachgeholt.“ Der neue, feuerwehrrote VW Crafter kostet mit einem Umbau durch die fränkische Spezialfirma COMPOINT rund 83.000 Euro. Einen großen Teil der Kosten übernimmt der Feuerwehrverein, 45.000 Euro bezuschusste die Gemeinde Glashütten. Wehrführer Sascha Kootz erklärte: „Zur Auswahl standen ein Mercedes Sprinter und der VW Crafter. Der Preis hat letztendlich den Ausschlag gegeben.“ Durch den Umbau ist die Rückwand verschiebbar, eine variable Sitzkonstruktion ermöglicht unterschiedliche Nutzungen wie etwa Einsatzgespräche am eingebauten Tisch. Die ergonomische Laderampe unterstützt das Ein- und Ausladen selbst schwerer Gerätschaften. Das alte Mannschaftsfahrzeug hat ausgedient: Nach 21 Jahren wird es nun in der Zollauktion für Behördenfahrzeuge versteigert. Gemeindebrandinspektor Hendrik Helfreich schmunzelte:„Alte Feuerwehrfahrzeuge sind sehr beliebt und werden häufig zum Camper umgebaut.“

Das nächste Fahrzeug für das Schloßborner Spritzenhaus ist bereits bestellt, hat aber eine Lieferzeit von 30 Monaten. Das Hilfeleistende Löschgruppenfahrzeug, kurz HLF 10, für 320.000 Euro ersetzt das alte LF 8. „Auch für Oberems ist ein Mehrzweckfahrzeug als Mannschafts- und Einsatzleitwagen in Planung“, weiß Sebastian Maurer, der seit 2019 in der Verwaltung Glashütten auch für die Planung im Brandschutz zuständig ist.

Neuer Gemeindebrandinspektor

Ebenfalls am vergangenen Freitag wurde Hendrik Helfmann, seit 2012 stellvertretender Brandinspektor, von Bannenberg als neuer Gemeindebrandinspektor benannt und vereidigt. Der Dreißigjährige folgt auf den vor wenigen Tagen verstorbenen Lothar Müller, den viele Feuerwehrleute in ihren Reihen schmerzlich vermissen werden. Nicht umsonst tragen die Fahrzeuge der Glashüttener Feuerwehr den schwarzen Trauerflor. Sein Nachfolger sagt selbst, er trete in große Fußstapfen.

Hendrik Helfmann begann mit zehn Jahren bei der Jugendfeuerwehr und war seit 2007 regelmäßig in Schloßborn im Einsatz. Der Gemeindebrandinspektor hatte ihn unter seine Fittiche genommen, sodass er zunächst Gerätewart in Schlossborn und später in Kelkheim wurde. „Wer in der Feuerwehr engagiert ist, darf auf Lehrgänge gehen und wird gefördert. Das finde ich fair und es spornt die jungen Feuerwehrleute an“, erklärte er. Der verantwortungsvolle Feuerwehrmann war schon in der Vergangenheit als Brandinspektor im Gespräch. „Letztendlich fehlte mir aber noch die Lebenserfahrung meiner Vorgänger“, so Helfmann. Hauptberuflich arbeitet er als stellvertretender Stabsstellenleiter Brandschutz in Kelkheim.

Die offizielle Wahl zum Gemeindebrandinspektor muss warten, weil die Feuerwehrversammlung coronabedingt noch nicht zusammentreten durfte.

Mehr als nur Brandhelfer

„Tatsächlich bestehen nur zehn Prozent unserer Tätigkeit in der Brandbekämpfung“, stellte Helfmann heraus. Das könnten Bodenfeuer wie 2019 bei den Bränden rund um den Feldberg-Parkplatz sein. Aber auch beim Brand am Rettershof vor zwei Jahren sei er im Einsatz gewesen. Neben dem Löschen muss die Feuerwehr schützen, retten und bergen. Eine kuriose Geschichte aus dem Jahr 2017 zum Thema Gewässerschutz erzählte der gestandene Feuerwehrmann mit Kopfschütteln. Ein besorgter Anrufer hatte die Feuerwehr benachrichtigt, dass auf einem nahegelegenen Gewässer ein Ölfilm schwimmen würde.

Das Öl stammte offensichtlich aus einer Gartenhütte in Schloßborn. Was der gestandene Feuerwehrmann dann sah, hätte er in seinen kühnsten Träumen nicht erwartet: In der Hütte befand sich auf etwa 120 Quadratmetern eine illegale Cannabis-Plantage. Aus dem Generator, der die Hütte mit Strom und die Pflanzen mit Licht und Wärme versorgte, war das Öl ausgelaufen. Die lustige Geschichte zeigt, womit die Helfer der 112 manchmal konfrontiert werden.

Eher traurig ist die Bilanz aus den vielen Verkehrsunfällen, zu denen die Feuerwehrleute gerufen werden. Hydraulische Scheren gehören fast in jeder Feuerwache mittlerweile zum Standard, denn durch die Verbesserung der passiven Sicherheit von Pkws – zum Beispiel durch Verstärkung der B-Säule – wird es immer schwieriger, die Insassen zu bergen. Helfmann erinnert sich nur ungern an die stundenlangen Rettungsaktionen auf der nahegelegenen Autobahn oder einen tragischen Unfall am Windeck, als eine Mutter zwischen zwei Autos eingeklemmt ihr Bein verlor. Auch bei Überschwemmungen und Sturmschäden, die nicht selten in der Gemeinde vorkommen, rückt die Freiwillige Feuerwehr mutig aus.

Hauptamtlicher Gerätewart

Seit mit Sebastian Maurer ebenfalls ein Feuerwehrmann in der Verwaltung der Gemeinde Glashütten sitzt, haben Verwaltung und Feuerwehr eine gute, gemeinsame Basis. „Nicht alles, was der Feuerwehrmann sich denkt, kommt auch gut in der Verwaltung an und umgekehrt“, schmunzelt der neue Gemeindebrandinspektor und fährt fort, „aber mit Sebastian Maurer haben wir einen kompetenten Ansprechpartner gefunden.“

Was dazu führte, dass man sich gemeinsam Gedanken machte, wie man den zahlreichen Verwaltungsaufgaben in den drei Gerätehäusern Glashütten, Oberems und Schloßborn Herr werden könnte. Denn die Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr leisten unzählige unbezahlte Stunden zu jeder Tages- und Nachtzeit, können aber die zahlreichen Organisations- und Logistikaufgaben nicht noch zusätzlich übernehmen. Es fand sich eine Lösung mit der Gemeinde: Florian Kern trat am 1. Dezember als neuer hauptamtlicher Gerätewart der Feuerwehr Glashütten seinen Dienst an. „Als erste kleinere Kommune im Kreis geht Glashütten diesen Schritt“, betont die Bürgermeisterin. Auf die im August ausgeschriebene Stelle hatten sich eine ganze Reihe von Kandidaten beworben. Den Ausschlag für den Feuerwehrmann Florian Kern gab letztendlich seine Ausbildung als Systemelektroniker und die damit verbundenen handwerklichen Fähigkeiten.

Der Wiesbadener sitzt im Feuerwehrhaus in Schloßborn und ist bei der Gemeinde angestellt. Zukünftig soll er sich als Gerätewart um Fahrzeuge, Gerätschaften und Ausstattungsgegenstände kümmern, die Betriebssicherheit gewährleisten und natürlich auch Einsätze unterstützen. Seine ersten Stationen: Kleiderkammer und Schlauchwerkstatt. „Die logistischen Aufgaben im Feuerwehrbetrieb sind nicht zu unterschätzen“, weiß Hendrik Helfmann aus eigener Erfahrung, „hinzu kommt, dass für die Ausbildung zum Gerätewart über 300 Stunden notwendig sind. Das ist für Ehrenamtliche kaum möglich.“

Feuerwehrbedarfsplan

Im neuen Feuerwehrbedarfsplan, der derzeit aufgestellt und voraussichtlich im ersten Quartal 2021 fertiggestellt sein wird, werden die Bedarfe der drei Feuerwehrstandorte für die nächsten zehn Jahre festgeschrieben. „Ein solcher Bedarfs- und Entwicklungsplan erfordert einen hohen Arbeitseinsatz, ist aber notwendig für die Förderung durch das Land Hessen“, sind sich Brandinspektor und Bürgermeisterin einig. Zunächst wurde dafür ein Grundgerüst erarbeitet, auf dessen Basis dann das Gefahrenpotenzial ermittelt wird. Externe Sachverständige werden in Zusammenarbeit mit der Feuerwehr und der Gemeindeverwaltung diesen Bedarfs- und Entwicklungsplan aufstellen. „Ich gehe davon aus, dass vieles von dem, was wir heute bereits leisten, bestätigt wird“, äußerte sich Helfmann zuversichtlich. Denn meist ergäbe sich aus einer solchen Analyse der Bedarf, Hauptamtliche zu beschäftigen. Da sei man in Glashütten auf einem guten Weg, erklärt er mit Blick auf den neuen Gerätewart.

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