Kelkheim (ju) – Die Energieversorgung Deutschlands wird grundlegend umgestellt – für eine klimaverträgliche und wirtschaftlich erfolgreiche Zukunft. Die Bundesregierung hat die Weichen gestellt, um von fossilen Energien unabhängig zu werden. Sie beschleunigt den Ausbau der Erneuerbaren Energien. Diese sollen bis 2030 mindestens 80 Prozent unseres Stromverbrauchs decken. Der Anteil der erneuerbaren Energien im Stromsektor stieg deutlich von 46,2 Prozent (2022) auf 51,8 Prozent (2023). Das heißt, die Energiewende ist in vollem Gange.
Unter dem Begriff Energiewende versteht man einen alternativen, sauberen, bezahlbaren, sicheren – kurz nachhaltigen – Weg, Energie zu erzeugen und zu nutzen. Das bedeutet die Abkehr von der traditionellen Strom- und Wärmeerzeugung vor allem durch Kohle- und Atomkraft. Und ein Hin zu erneuerbaren Energien und Energieeffizienz.
Rhein-Main-Link
Schon heute wird in den Windparks in der Nordsee grüner Strom produziert, der jetzt durch Stromtrassen in den Süden transportiert werden soll. Durch insgesamt sieben Bundesländer sollen in den nächsten Jahren Trassen entstehen, die die Mitte und den Süden mit Ökostrom versorgen. Der Rhein-Main-Link ist eines der zentralen Netzausbauprojekte der Energiewende. Dieser leistungsstarke Energiekorridor wird voraussichtlich ab 2033 bis zu acht Gigawatt regenerativ produzierten Windstrom von Niedersachsen über Nordrhein-Westfalen nach Hessen bringen und dort die Wirtschaftsregion Rhein-Main stärken. Das Projekt bündelt vier Gleichstrom-Erdkabelvorhaben (DC34, DC35, NOR-x-8 und NOR-x-4), für die die Bundesnetzagentur einen gemeinsamen Präferenzraum ermittelt hat. Der Rhein-Main-Link ist ein Schlüsselprojekt, um die Ziele der Energiewende zu erreichen.
Und damit kommt auch die Stadt Kelkheim ins Spiel, denn um die beiden Umspannwerke in Marxheim und Kriftel mit dem grünen Strom zu versorgen, müssen Konverter errichtet werden, die den unterirdisch ankommenden Gleichstrom in Wechselstrom umwandeln. Und eben ein solcher Konverter könnte in naher Zukunft auf Kelkheimer Boden entstehen, denn Kelkheim ist nah dran am Umspannwerk Kriftel. Bei einem Konverter handelt es sich um eine Halle, die etwa 25 Meter hoch sein und damit von Weitem sichtbar sein wird. Zudem wird die gesamte Station rund zehn Hektar groß sein, das entspricht einer Fläche von 14 Fußballfeldern.
Auf einer Informationsveranstaltung für interessierte Bürger erklärte Bürgermeister Albrecht Kündiger, was auf die Stadt zukommen könnte. Gleich vorab stellte er klar, dass es sich bei der Entscheidung für den Trassenbau um ein Bundesgesetz handele, dass vom Bundesrat beschlossen worden sei und im beschleunigten Verfahren durchgesetzt werden soll. Das heißt für die betroffenen Kommunen, dass sie Vorbehalte einbringen und Vorschläge machen können, letztendlich aber der Bund entscheide, was passiere.
Im Falle von Kelkheim kommen drei Standorte in Frage, auf denen ein Konverter für das Umspannwerk Kriftel errichtet werden könnten, zwei davon befinden sich auf Kelkheimer Gemarkung. Der eine wäre direkt am Golfplatz Hof Hausen, dafür würde voraussichtlich der Modellflugplatz weichen müssen, der zweite Standort wäre neben der Schweinemastanlage an der B519 und der dritte auf Liederbacher Gemarkung, aber ohne Infrastruktur, die zusätzlich noch geschaffen werden müsste.
Massiver Eingriff
Kündiger machte klar, dass es sich nicht wegreden lasse, dass es sich bei der Maßnahme um einen erheblichen Eingriff in die Natur handele. „Es gibt allerdings keine Diskussion, ob der Konverter kommt oder nicht. Er wird kommen, das steht fest“, erklärte er den anwesenden Bürgern. Die ausführende Firma Amprion stehe schon in den Startlöchern. Sie hätte zwei Jahre Zeit für die Detailplanung, in diesem Fall eine Parallelplanung für alle drei Standorte, dann wird die Entscheidung fallen. In dem dann darauf folgenden Planfeststellungsverfahren könnten auch Verbände, Vereine und Bürger Bedenken einbringen. Schon heute organisiert Amprion Informationsveranstaltungen, bei denen Anwohner Fragen stellen und sich über das Projekt informieren können. „Es steht außer Frage, dass Strom gebraucht wird, auch gerade im Main-Taunus-Kreis“, erklärte der Rathauschef, schließlich stünden hier mehrere Rechenzentren, ein neues sei in Liederbach geplant, die Zahl der Wärmepumpen und E-Autos steige.
Von Seiten Amprions heißt es zur Standortsuche: „Ziel ist es, Standorte zu finden, die möglichst nah an den Netzverknüpfungspunkten liegen. Die Auswahl der potenziell geeigneten Standorte wird anhand unterschiedlicher Kriterien getroffen. Dazu zählen Vorgaben des Natur- und Umweltschutzes, die Vereinbarkeit mit anderen Planungen und Projekten sowie die technische Machbarkeit. Die Entscheidung für einen Vorzugsstandort wird nach sorgfältiger Abwägung der einzelnen Belange und detailliertem Vergleich der in Frage kommenden Standorte getroffen.“
Weit schwerer von der Trassenführung, die eine Schneise von 75 Metern Breite durch die Natur ziehe, sei Hofheim betroffen, dort muss aller Voraussicht nach ein Tunnel durch den Kapellenberg geführt werden, um die Erdkabel zu verlegen.
Kritische Infrastruktur
Doch zurück zu Kelkheim. Hier machen sich die Landwirte Sorgen, was es für sie bedeuten würde, wenn auf ihren Ackerflächen ein Konverter stehe. Unverständnis auch bei einigen Bürgern, warum man den Konverter nicht direkt neben das Umspannwerk baue. Darauf kam Dominique Reinhardt, CDU Vorstandsmitglied und Polizeibeamter, dem Bürgermeister zu Hilfe und erklärte, dass es sich bei Umspannwerken und Konvertern um kritische Infrastruktur handele, die besonders schützenswert sei. Deswegen würden Pufferzonen angelegt, damit im Falle eines Vorkommnisses die Energieversorgung weiterhin gewährleistet ist – heißt im Klartext: Ein Konverter und ein Umspannwerk erfordern immer einen gewissen Abstand zueinander.
Für Kelkheim heißt es jetzt also abwarten, wie die Entscheidung von Amprion ausfallen wird. Kündiger: „Wir als Kommune können Stellung dazu nehmen, welche Fläche wir als die geeignetste erachten, die schlussendliche Entscheidung fällt Amprion.“
Weitere Informationen zu Amprion und dem Rhein-Main-Link gibt es unter https://Rhein-Main-Link.amprion.net