Leserbrief

Das Bürgerbegehren „Schlämmer“ ist eine legitime Meinungsäußerung von Bürgerinnen und Bürgern.

Die verschiedenen öffentlichen Erklärungen und Meinungsäußerungen, mit denen versucht wird, die Unterstützer des Bürgerbegehrens in die Ecke des Egoismus und der Unsolidarität zu stellen, sowie die (alleinige) Entscheidungsbefugnis der Stadtverordnetenversammlung anzumahnen, veranlassen mich, einige Sachverhalte auch öffentlich geradezurücken.

Das Bürgerbegehren ist ein vollkommen demokratischer Vorgang auf der Grundlage der Hessischen Gemeindeordnung, die 1992 mit dem Instrument des Bürgerbegehrens/Bürgerentscheides ausgestattet wurde. Diese HGO-Ergänzung geschah, um die direkte Demokratie auf kommunaler Ebene zu stärken und den Bürgern ein Mitwirkungsmittel bei wichtigen Angelegenheiten der Gemeinde zur Verfügung zu stellen und sie damit häufiger als nur bei der Wahl alle fünf Jahre an der Willensbildung zu beteiligen.

Wie man auf die Idee kommen kann, dieses Bürgerbegehren als Missachtung demokratischer Entscheidungen zu diskreditieren, ist mir ein Rätsel.

Ich gestatte mir den Hinweis, dass der Unterzeichner und wohl auch alle anderen Mitinitiatoren des Bürgerbegehrens nicht in Zelten wohnen, sondern in festen Behausungen, viele davon auch in Wohnungen, die seinerzeit mit Mitteln des sozialen Wohnungsbaus gefördert wurden. Mithin wissen sie um die Bedeutung der Förderung des Wohnungsbaus, insbesondere des sozialen Wohnungsbaus. Es fällt allerdings auf, dass gerade die politischen Gruppen, die sich vehement gegen das Bürgerbegehren wenden, in der gleichen Sitzung am 7.3.2022, in der sie mit ihrer Mehrheit den Aufstellungsbeschluss zu dem Bebauungsplan Nr. 194-12 gefasst haben, die Chance zur Schaffung bezahlbaren Wohnraums auf dem Grundstück des ehemaligen Feuerwehrgerätehauses Münster vertan haben.

Die Initiativgruppe Schlämmer möchte Wohnraumbeschaffung nicht grundsätzlich verhindern, sondern dafür sorgen, dass dies nicht an einer Stelle wie dem Erweiterungsgebiet mit ca. 6.300 m² im „Schlämmer“ geschieht, welches aus Natur-Klimaschutzgründen als Ökosystem dafür nicht in Frage kommt. Im übrigen sind auf diesem Gebiet mindestens 3 Tierarten, die auf der Roten Liste registriert sind, nachweisbar.

Der Schlämmer ist mit all seinen Funktionen ein wesentliches Merkmal von Wohnqualität für die Menschen, die in seinem Einwirkungsbereich leben und auch künftig leben werden.

Die Initiativgruppe Schlämmer wird weiterhin alles versuchen, um das Quorum für einen Bürgerentscheid zu erreichen. Jeder Bürgerin und jedem Bürger der Stadt Kelkheim steht das Recht zu, sich über den Sachverhalt eine Meinung zu bilden und mitzuwirken, auch dann, wenn sie eine andere Auffassung als die Initiatoren des Bürgerbegehrens haben, denn mit einem Bürgerentscheid wird die Entscheidung über das Baugebiet „Vor dem Schlämmer“ dorthin verlagert, wo sie gut aufgehoben ist: in die Bürgerschaft.

Hans-Georg Sachs, Kelkheim



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