Ein Stück Kelkheimer Kindheit: „Halli Galli“ bekommt einen neuen Kapitän

Für Sabine (li.), Hans (Mitte) und Oliver Zimmer (2.v.re.) heißt es Abschied nehmen vom „Baby“ Indoorspielplatz. Fast zwei Jahrzehnte lang schufen sie mit viel Liebe und Leidenschaft einen Platz zum Toben, Spielen und Feiern für die Kleinen und Großen. Ali Erkan (3.v.re.)übernimmt ab sofort die Geschäfte im Halli Galli, im Waldgadde und im Freibadkiosk.Foto: Judith Ulbricht

Kelkheim (ju) – In Kelkheim gibt es wohl kaum ein Kind, das nicht irgendwann einmal im „Halli Galli“ Geburtstag gefeiert hat. Seit 19 Jahren ist diese bunte, fröhliche Halle ein Ort voller Lachen, Toben und unvergesslicher Erinnerungen. Unzählige Kinder sind hier mit strahlenden Augen durch die Hüpfburgen gesprungen, haben sich an den Spielgeräten ausprobiert und auf den Geburtstagstischen Kuchen verschlungen. Das „Halli Galli“ ist nicht nur ein Indoorspielplatz – es ist eine Institution, ein Ort, an dem Familien zusammenkommen, Freundschaften geschlossen werden und Eltern ihre Kinder sicher spielen lassen können. Doch nun geht eine Ära zu Ende. Familie Zimmer, die das „Halli Galli“ mit Herzblut, Ausdauer und viel Leidenschaft betrieben hat, gibt die Leitung nach fast zwei Jahrzehnten ab.

Vom Schwimmbad zum Indoorspielplatz

Hans Zimmer, der Gründer, steht vor der riesigen Halle, schaut auf das Spielparadies und erinnert sich an die Anfänge. Was heute ein fröhlich-buntes Spieleparadies ist, war früher eine Schwimmhalle. Eine ganz besondere, mit einem Dach, das sich öffnen und schließen ließ. Doch das Hallenbad in Kelkheim wurde bereits Ende 2001 geschlossen, nachdem im benachbarten Hofheim ein gemeinsames Spaßbad der Gemeinden Kelkheim, Liederbach und Hofheim eröffnet wurde. Seither wurde nur noch das Freibad in Münster genutzt, welches 2006 umgestaltet wurde. Das bisherige Hallenbad stand mehrere Jahre leer und wurde Ende 2006 von Wolfgang Zengerling, Hans Zimmer und Kurt Schmitt mit neuem Leben gefüllt: das „Halligalli“ wurde aus der Wiege gehoben.

Doch das junge Glück wehrte erstmal nicht lange, erinnert sich Zimmer. 2007 fegte der Orkan „Kyrill“ mit voller Wucht über Kelkheim und zerstörte das faltbare Hallendach. Die Schäden waren immens, wie ein Foto beweist, das Hans Zimmer zum Pressetermin mitgebracht hat. Das „Halli Galli“ musste geschlossen werden. Zum Glück verfügten die Betreiber Zengerling, Zimmer, Schmitt über eine Ausfallversicherung, die schnell griff und eine Reparatur des Daches ermöglichte. Schon bald schallte wieder das Lachen der Kinder nach außen. Das „Halli Galli“ wurde zu einer festen Institution in Kelkheim, auch und wegen der Familie Zimmer und mit zehntausenden Besuchern Jahr für Jahr.

Ein schwerer Abschied

Doch nach 19 Jahren fiel die Entscheidung, loszulassen. „Es ist nicht leicht“, gibt Zimmer zu. Besonders für seine Frau Sabine sei es ein schwerer Schritt. „Man steckt so viel Liebe und Energie in so etwas, es ist fast wie ein weiteres Kind für uns.“ Der Betrieb war jedoch auch mit Herausforderungen verbunden: Die Wartung der riesigen Spielgeräte, die Sicherheitskontrollen, der ständige Blick auf neue Vorschriften. Der TÜV überprüfte zuletzt wieder die gesamte Anlage, doch der Druck, immer alles im Blick zu haben, wurde größer.

Sabine und Hans Zimmer blicken mit gemischten Gefühlen zurück. Die Coronapandemie hätte für sie fast das Aus bedeutet, doch durch Hilfen von Bund und Stadt konnte dies zum Glück abgewendet werden. „In der Zeit entstand eigentlich aus der Not heraus der „Waldgadde“, denn draußen waren die Regeln damals nicht ganz so streng“, erinnert sich Hans Zimmer. Aus der Not wurde eine Tugend – das Außenlokal schlug ein wie eine Bombe. Ausflügler liebten und lieben die Einkehr in den gemütlichen „Biergarten“ der sogar über eine „Aussichtsplattform“ mit „Skyline-Blick“ verfügt. Hier fanden Konzerte statt, ebenso im Freibad, in dem die Familie Zimmer den Kiosk betrieb und für die besten Schwimmbad-Pommes im Rhein-Main-Gebiet sorgte.

Als klar wurde, das die Zimmers aufhören, war für die Stadt Kelkheim klar, den beliebten Spielplatz wollen wir nicht aufgeben. Deshalb wurde ein neuer Betreiber gesucht – und gefunden: Ali Erkan übernimmt das „Halli Galli“ und möchte es in gewohnter Weise weiterführen. Und wie es häufig im Leben ist, spielte der Zufall hier eine große Rolle. Durch einen Lieferanten erfuhr Erkan, dass das „Halli Galli“ einen neuen Betreiber sucht und für ihn war schnell klar: „Ich möchte den Indoorspielplatz übernehmen“.

Ein neuer Anfang mit frischem Wind

Ali Erkan ist kein Unbekannter in der Branche. Seit vielen Jahren betreibt er bereits den Indoorspielplatz „Ramba Zamba“ in Mainz-Kastel, der deutlich größer ist als das kleine aber feine „Halli Galli“. Dort hat er bewiesen, dass er weiß, was Kinderherzen höher schlagen lässt. Als gelernter Steuerfachangestellter und Bilanzbuchhalter, weiß er, worauf es kaufmännisch ankommt. Außerdem führte er gemeinsam mit seinen Eltern drei Jahre eine Pizzeria in Delkenheim, kennt sich also auch im gastronomischen Betrieb aus. Nun will er mit frischem Elan und neuen Ideen das „Halli Galli“ in die Zukunft führen. „Dabei muss man das Rad nicht neu erfinden“, weiß er. Vielmehr freue er sich auf die neue Herausforderung, auch in Hinblick auf den Freibadkiosk, den er ebenfalls von den Zimmers übernimmt. Kids können sich schon jetzt freuen, den Erkan wird die Öffnungszeiten erweitern. Der Ruhetag Montag fällt weg und schon in den Osterferien wird das „Halli Galli“ durchgehend geöffnet sein. „Natürlich ist für so ein Unterfangen Mut und Unternehmergeist gefragt. Außerdem muss die Familie mitziehen, aber ich treffe hier auf gefestigte Strukturen, das macht es einfacher“, so Erkan.

Bürgermeister Albrecht Kündiger und Erster Stadtrat, Dirk Hofmann, begrüßen den Wechsel und sehen ihn als Chance. „Es ist wunderbar, dass diese Kelkheimer Institution erhalten bleibt. Das ist ein Ort, an dem Kinder glücklich sind – und genau das brauchen wir in unserer Stadt“, so Kündiger. Auch Unternehmervereinigungen unterstützen die Entscheidung, denn das „Halli Galli“ zieht Familien aus der gesamten Region an.

Für Hans Zimmer bedeutet dieser Abschied nicht nur das Ende eines beruflichen Kapitels, sondern auch eine emotionale Zäsur. „Ich werde bestimmt oft hier vorbeischauen“, sagt er mit einem Lächeln. Schließlich will er sehen, wie sein Lebenswerk weiterlebt – und wie auch in Zukunft Kelkheimer Kinder ihren Geburtstag im „Halli Galli“ feiern.



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