Praktikum: Sozial? Genial!

Falkenstein
(kw) – Aus der tatkräftigen Unterstützung beider Falkensteiner Kindergärten durch Schüler der BNS ist ein Praktikumsbericht der etwas anderen Art entstanden:

Exakt zehn Jahre ist es her, dass Justus Kramer als Kindergartenkind der Villa Regenbogen in Falkenstein „Auf Wiedersehen“ sagte, um in die Grundschule zu wechseln. Heute steht ein 16-jähriger mit einem verschmitzten Grinsen vor der Tür der Nüringstraße 6 und freut sich – wie das Kind von damals – auf eine Neuauflage im evangelischen Kindergarten. „Nie hätte ich gedacht, dass ich noch einmal aktiv am Kindergartengeschehen teilhaben würde“, beschreibt der Bischof-Neumann-Schüler den Moment. Aber das Sozialpraktikum, das die BNS im 10. Schuljahr vorschreibt, hat ihn noch einmal hierher zurückgeführt.

Soziales Praktikum

Einmal im Jahr – meist vor den Herbstferien – wird das von den Fachschaften Evangelische und Katholische Religion organisierte Praktikum in der Klassenstufe OII, der E-Phase, durchgeführt. Es handelt sich dabei um ein Praxis- und Unterrichtsprogramm sozialen Lernens. Die Schüler erschließen sich in zwei Wochen Lebenswelten, die sie aus eigener Initiative nur selten aufsuchen würden. Dazu gehören Einrichtungen wie beispielsweise Seniorenresidenzen, Behindertenwerkstätten, Pflegestationen in Krankenhäusern, Schulen mit Inklusionsgruppen oder eben Kindergärten, wie im Fall von Justus.

Gespannte Erwartung

Mit dieser Wahl ist er nicht allein. An gleicher Stelle tritt Marie Falkenhan in ihrer ehemaligen Bärengruppe das Praktikum an. Und auch im katholischen Kindergarten Falkensteins, der Kita Christkönig, gibt es ein Wiedersehen. Benedict Krüger trifft auf Eva Sturm, die auch nach ihrer Pensionierung wöchentlich mit den Kindern musiziert, und ihn sofort wiedererkennt. „Es hat sich vieles verändert: die Erzieher, die Anlage, die Räume. Anfangs hat das eine gewisse Nervosität verursacht, doch die ist durch die Freundlichkeit und Offenheit von Kindern und Erziehern schnell verschwunden“, stellt er gutgelaunt fest. Sein Pendant im evangelischen Kiga hat ein klares Bild vor Augen: „Als kleiner Junge habe ich zu einem älteren Jugendlichen, der sein freiwilliges soziales Jahr absolviert hat, aufgeblickt. Er war beliebt und hatte stets ein offenes Ohr für uns. Mein Ziel ist es, in seine Fußstapfen zu treten“.

Fachkräfte in deutschen Kitas

Fragt man die Dreikäsehochs in beiden Einrichtungen, so ist diese Mission auf jeden Fall geglückt. „Die Kinder begegneten uns mit einer Offenheit und Ehrlichkeit, die überrascht und bewegt zugleich“, freut sich Benedict. Aber auch Erzieher begrüßen die zweiwöchige Unterstützung – trotz des zunehmenden Verwaltungsaufwands in den letzten Jahren. „Wir freuen uns besonders, dass sich Jungen für ein Praktikum im Kindergarten interessieren. Aber wenn es später darum geht, den Beruf des Erziehers zu ergreifen, scheuen sich noch viele Berufsanfänger. Der Anteil männlicher pädagogischer Fachkräfte in Kindertagesstätten lag 2017 gerade einmal bei 5,8 Prozent. Zwar steigert sich der Anteil männlicher Mitarbeiter kontinuierlich, trotzdem bleibt das Niveau sehr niedrig“, skizziert Hannelore Blankenburg, die Leiterin der Kita Christkönig, die Situation in deutschen Kindergärten.

Intensive Erfahrung

Die helfenden Hände der Sozialpraktikanten sind im Kiga-Alltag ebenso nützlich, wie ein zusätzliches aufmerksames Augenpaar bei Ausflügen. Täglich heißt es für die drei Jugendlichen, ein Stück weit Verantwortung zu übernehmen. Und für die Kiga-Kinder bedeutet deren Anwesenheit zum Beispiel eine tolle Wanderung durch den bunten Herbstwald. „Am meisten überrascht hat mich, wie anstrengend und nervenaufreibend die Arbeit im Kindergarten ist“, zieht Justus Kramer sein Resümé. „Ich bringe den dort tätigen Erziehern und ihrer sozialen Arbeit größten Respekt entgegen.“ Eine Schlussfolgerung nach zwei Wochen, die sich die Initiatoren des sozialen Praktikums nicht besser hätten wünschen können.

Wer diese fröhliche Mannschaft beim Ausritt auf dem Holzdrachen im Wald sieht, bekommt automatisch selbst Lust auf ein Praktikum im Kindergarten, oder?
Foto: privat



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