Liebe auf den ersten Blick: Honkgonger Investor kauft Villa Andreae

Die Villa Andreae – ein Königsteiner Juwel hat einen neuen Besitzer. Über die künftige Nutzung ist allerdings noch nichts bekannt. Archivfoto: Schemuth

Königstein
(el) – So etwas soll es nicht nur in zwischenmenschlichen Beziehungen geben. Dass man sich auch in eine Immobilie und dazu noch in eine solch stattliche wie die Villa Andreae in Königstein verlieben kann, das hat jüngst ein Investor aus Hongkong unter Beweis gestellt. Der Name King Merry steht bereits auf dem Klingelschild der um 1891 im historischen Stil erbauten und einige Jahre leer stehenden Villa, die zuletzt der Vermögenserwaltung SMM von Hartmut Lademacher als Headquarter gedient hatte. Nachdem Lademacher, der die Villa 1997 vom Baulöwen Dr. Jürgen Schneider erworben hatte, seinen Firmensitz nach Bad Homburg vor der Höhe verlegt hatte, wurde das Objekt Ende 2009 für 9,8 Millionen Euro zum Verkauf angeboten und dann 2015 für 5,5 Millionen Euro über ein bekanntes Auktionshaus. Nur einige Highlights aus dem damaligen Expos
é:
„Prächtig thront dieses schlossartige Anwesen auf einem Parkgrundstück mit ca. 17.609m²“ oder „ein besonderes Highlight, der Turm mit seinem Turmzimmer, das aktuell als Besprechungszimmer genutzt wird, ist sehr beeindruckend und mit einem spektakulären Panoramablick. Das Anwesen wird gerade sehr aufwendig modernisiert. Es besteht die Möglichkeit
,
zehn Schlafzimmer und entsprechende Bäder zu Wohnzwecken zu installieren. So lässt sich ein Firmensitz mit einem spektakulären Wohnsitz vereinen.

Platz für den Fuhrpark ist in der großen Garage für drei PKW oder in der Tiefgarage für bis zu 17 PKW, für Gäste gibt es weitere 7 PKW Stellplätze“
.

Der rechtliche Vertreter der King Merry GmbH, ein Anwalt aus Frankfurt, hat nun bestätigt, dass der besagte Investor aus Hongkong die Villa in der Tat gekauft hat. Zum Kaufpreis und zu den Einzelheiten der Nutzung wollte sich der Jurist jedoch noch nicht äußern. Bekannt ist lediglich, dass der Geschäftsmann aus Hongkong aus der Hotellerie kommt. Man wolle jetzt erst einmal sehen, was machbar sei und müsse das natürlich auch genehmigen lassen, so der Anwalt, bevor man in die weitere Planung einsteigen könne.

Adelige Villa mit reicher Geschichte

Sie hat schon viele Nutzungen erlebt – die Villa Andreae, die nach ihrem ersten Besitzer und Erbauer Albert Andreae de Neufville benannt ist. Außen trägt sie noch die Handschrift des von ihm beauftragten Architekten, Franz von Hoven, selbst wenn nicht klar ist, ob dieser mit Stilelementen, die an den Eschersheimer Turm erinnern, hier seine eigenen Ideen verwirklicht oder einzig auf Wunsch des Besitzers entworfen hat. Von außen hat sich seitdem über die Jahre nicht viel verändert, innen ist die Villa Andreae nicht mehr eins zu eins dieselbe. Das mag daran liegen, dass sie schon auf stolze 125 Jahre zurückblicken kann. Im Zweiten Weltkrieg wurde sie noch als Lazarett genutzt, dann in den 50er-Jahren als Knaben-Internat und in den 80er-Jahren als Vermögensverwaltung eines gewissen Dr. Jürgen Schneider.

Wenn man vom Erbauen der Villa Andreae spricht, dann muss auch gesagt werden, dass an dieser Stelle bereits ein Haus gestanden hat – die Villa Bächle – die dann später einfach baulich in die Villa Andreae integriert wurde.

Doch, wer baut sich solch eine Villa? Ein näherer Blick auf die Familie dahinter deckt auf, dass die Vorfahren von Albert Andreae oder auch de Neufville Farbwarenhändler und Bankiers waren und aus Straßburg kamen. Interessanterweise heirateten viele von ihnen in wohlhabende Frankfurter Familien ein, wie die Brentanos, und so konnten sie ihr Vermögen noch weiter vermehren. Im Frankfurter Volksmund fand sich auch schnell ein Begriff für ein solch mehr oder minder strategisches Vorgehen des Geldvermehrens durch Heirat: „Die Levent Millionen“.

Nach der Ehefrau von Albert, Therese de Neufville, ist übrigens die heutige Theresenstraße in Königstein benannt. Von 1957 bis 1987 war das Haus Internat der Inneren Mission der evangelischen Kirche. Erster Internatsleiter war Ernst Majer-Leonhard, der auch die Schule am Wäldchen in Königstein leiten sollte. Die Innere Mission hatte jedoch nicht die Mittel, das Haus entsprechend der erforderlichen Auflagen zu sanieren und so kam der einstige Baulöwe Schneider ins Spiel, dessen Handschrift angesichts einiger Einrichtungsgegenstände, wie Teppiche, Tapeten oder einem schweren Schreibtisch aus edlem Holz heute noch zu erkennen ist. Baulich hat Schneider nur eine einzige Sache verändert: Er ließ einen verglasten Übergang vom Haus zur Tiefgarage in den Felsen bauen. Bis 1926 befand sich die Villa im Eigentum der Familie Andreae, deren einziger Sohn im Ersten Weltkrieg gefallen war. Ihm zu Ehren hatte man auf dem Anwesen eine Büste aufgestellt, die die Familie allerdings nach dem Verkauf mit nach Frankfurt nahm. Interessant ist auch, dass Albert Andreae seine Villa der Stadt Königstein als mögliches Kurhaus angeboten hatte und seinerzeit 400.000 Reichsmark dafür haben wollte.

Auf die ersten Besitzer folgte ein Fabrikinhaber aus Kaiserslautern. Kurz nach Ausbruch des Zweiten Weltkrieges wollte die NSDAP eine Schule für ihren Nachwuchs einrichten, was aber nicht umgesetzt wurde, da hier schon gleich die ersten verwundeten Soldaten eintrafen und somit bis Kriegsende die Nutzung als Lazarett feststand. Nach dem Krieg wurde die Stadt Königstein zum Treuhänder der Villa und es entbrannte ein Streit mit den Erben des Fabrikanten Billand, die sich um ihr Erbe betrogen fühlten, aber Recht bekamen und die Villa dann 1957 an die Innere Mission verkauften.

Das herrschaftliche Parkanwesen selbst wurde von keinem Geringeren als dem Landschaftsarchitekten Siesmeyer angelegt, dessen Rosen und Fuchsien einst in einer deutschen Gärtnerzeitung von 1908 hochgelobt wurden. Von der Rückseite des Anwesens aus, vor der ein Springbrunnen steht, lässt sich rechts die integrierte, einstige Villa Bächle erkennen. Um das Gebiet zu arrondieren und seinen Park zu gestalten, hatte Andreae auch vielen Königsteinern Grundstücke abgekauft. Ein Erkennungsmerkmal von Siesmeyer, dessen Handschrift auch die Parks um die Villa Rothschild und das Hotel Kempinski tragen, sind die brezelförmig angelegten Gehwege.

Im Park der Villa Andreae wurden auch viele Nadel- und Laubbäume neu gepflanzt. Auch kleine Palmen standen einst im Park, die allerdings im Winter an einen neuen Ort gebracht wurden. Beim Rundgang über das Gelände lässt sich auf einem kleinen Hügel auch eine künstliche Ruine in der Nähe der Villa ausmachen, die eventuell für besondere Anlässe genutzt wurde. Weiter des Weges entfaltet sich das Gartenidyll mit einem wunderschön angelegten Teich.

Kurz davor steht ein kleiner Pavillon, dessen Inneres eine Zapfanlage erkennen lässt. Ob die wohl von Jürgen Schneider in Betrieb genommen wurde? Das ist reine Spekulation, die sich daran anschließende, großzügige Rasenfläche bietet sich zumindest für eine Party an, soll aber auch in früheren Zeiten zum Tennis-pielen Verwendung gefunden haben.



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