Königstein (el) – Marina Herr verdeckt das Gesicht mit ihren Händen – eine Geste, die man auch so deuten könnte: Sie kann es ebenso wie ihre Geschäftspartnerin und Freundin Tanya Schulz nicht fassen, dass die gemeinsame Zeit im „Ku‘damm“ nach sechs Jahren ein Ende haben wird. Dazu sei denjenigen gesagt, die es nicht ohnehin schon wissen, dass es sich beim „Ku‘damm“ nicht etwa um die Flanier- und Shoppingmeile der spritzigen Spreemetropole handelt, sondern um ein Café, Bistro und Bar, das diesen Namen trägt und das in den vergangenen Jahren den Königsteinern auch aufgrund der persönlichen Ansprache, die sie hier erfahren, richtig ans Herz gewachsen ist.
Mit dieser Formulierung wären Marina Herr, die tatsächlich aus Berlin stammt, und Tanya Schulz bestimmt auch einverstanden, selbst wenn sie das Ku‘damm nach Freitagabend mit vielen Erinnerungen und einem – wie man so treffend sagt – lachenden und weinenenden Auge – verlassen. Dabei sei auch an dieser Stelle gesagt, dass sich die Türen des Ku‘damm keinesfalls schließen und dass es hier nahtlos weitergeht mit einem neuen Pächter-Pärchen, das Schulz und Herr bereits seit Wochen eingearbeitet haben. Insofern ändert sich nichts, außer den Gesichtern der Chefs, die andere sein werden. Für Herr und Schulz ist jetzt einfach der Zeitpunkt gekommen, die Gastronomie-Schürze an den Nagel zu hängen und neue Projekte zu beginnen. Nachdem man im vergangenen Jahr das fünfjährige Bestehen des Ku‘damms gefeiert hatte, reifte die Idee in den beiden, sich doch anderen Aufgaben zuzuwenden. Sie folgten ihrem Instinkt und setzten das Gedankengut in die Tat um, wollen nicht zurückschauen, sondern nur nach vorne.
Wenn sie gehen, dann werden sie alles so hinterlassen, wie es die Königsteiner gewohnt sind. Neben den vielen Bildern im Kopf von der gemeinsamen Zeit hier werden sie sich zwei Logo-T-Shirts mitnehmen, die Erinnerungswert haben. Schließlich hätte man zusammen mit den Mitarbeitern eine große Familie gebildet, sagt Marina Herr, die jedoch den Neuen noch ein Weilchen beratend zur Seite stehen wird.
Und noch eines ist bewundernswert: Tanya Schulz lässt sich inspirieren, was ihre berufliche Zukunft angeht, sagt, es sei das erste Mal in ihrem Leben, dass sie keinen konkreten Plan hat, wie es weitergeht.
Jetzt ist aber erstmal Urlaub angesagt, wobei so mancher, der sie kennt, nicht unterschreiben würde, dass sie sich überhaupt dem Müßiggang verschreiben kann. Aber die Entscheidung steht nach 30 Jahren in der Gastronomie, während Marina Herr auch auf insgesamt stolze 20 Jahre kommt. Da kann man sich schon mal anders orientieren. „Wir werden den Stress vermissen“, sagen beide augenzwinkernd und man merkt ihnen förmlich an, dass sie gelöst wirken und mit ihrer Entscheidung gut leben können.
Dabei sei es anfangs nicht immer leicht für sie gewesen. Man habe sich erstmal beweisen müssen. Doch dann habe sich herumgesprochen, dass man es mit zwei Frauen vom Fach zu tun habe, die sich im Gastronomie-Handwerk auskennen. Und wer erinnert sich nicht gerne an die WM- und EM-Liveübertragungen, als die Lokalität in der Georg-Pingler-Straße aus allen Nähten zu platzen drohte? Es waren Events wie diese, ebenso wie Oktoberfest und „Lady‘s Night“, die das Ku‘damm zum Magneten für alle Altersgruppen gemacht haben. „Für viele war es sogar ein Arbeitsplatz, sie haben ihren Laptop mitgebracht und hier Kaffee getrunken“, berichtet Marina Herr. Man habe eine wunderschöne Zeit gehabt, viele liebe Menschen kennengelernt – eine Zeit, die man nicht missen möchte, sagen beide unisono und freuen sich jetzt aber genauso auf ihr neues, spannendes Leben, das, so viel ist klar, so gar nichts mit Kellnern und Gastronomie zu tun haben wird…