SPD hat das „Rumgeeiere“ satt und will den Kompass neu ausrichten mit mehr Transparenz

Königstein
(el) – Der Blick über den Tellerrand – für die Königsteiner Sozialdemokraten ist das auch ein Stück weit gelebte Demokratie und daher lag es auf der Hand, dass zu Beginn der jüngsten Jahreshauptversammlung des Kurstädter SPD-Ortsvereins auch vom aktuellen Geschehen aus dem hessischen Landtag und dem Hochtaunuskreis berichtet wurde. Dabei nahm sowohl bei der Schilderung der SPD-Landtagsabgeordneten Elke Barth als auch des SPD-Hochtaunusvorsitzenden Dr. Stephan Wetzel das Thema Flüchtlinge breiten Raum ein.

Hier müsse man ein Signal ertönen lassen in Bezug auf arbeits- und ausbildungswillige Flüchtlinge, so Elke Barth, man brauche Zuwanderung, um den Fachkräftemangel hier zu Lande zu beseitigen. Jetzt komme es auf eine schnelle Integration an, sagte die SPD-Frau, während Wetzel dafür sensibilisierte, dass beim derzeitigen Stand von 1.300 Flüchtlingen im Hochtaunuskreis bis zum Jahresende 700 weitere Asylsuchende erwartet würden. Im Gegensatz zu den Hochzeiten in den 90er-Jahren, in denen sogar im Hessenpark Zelte zur Unterbringung von Flüchtlingen gestanden hätten, habe man heute keinerlei Planungssicherheit und lediglich vier Wochen, um sich als Kommune auf Neuankömmlinge einstellen zu können, erinnerte Wetzel und befürchtet im Hinblick auf die 2016 bevorstehende Kommunalwahl, dass es ein „unappetitlicher Wahlkampf“ werden könne, wenn man jetzt schon sehe, wie sich manche Gruppierungen zum Thema „Flüchtlinge“ positionieren würden. Dabei müsse gerade die Politik ein besonderes Gespür für diese Menschen haben, die sicherlich nicht freiwillig ihr Zuhause verlassen hätten.

Auch für die SPD Königstein stellt die Kommunalwahl eine gute Gelegenheit dar, den politischen Kompass neu auszurichten, was das Geschehen vor Ort angeht. Auch dies ist eine Erkenntnis, die die alte und neue Ortsvereinsvorsitzende Dr. Ilja-Kristin Seewald der Kurstadt-Sozialdemokraten beim Erstellen ihres Rechenschaftsberichtes für das vergangene Jahr gewonnen hat. Um es vorwegzunehmen: Neben der SPD-Chefin bilden Clemens Kraft (Stellvertreter), Tilmann Stoodt (Schatzmeister), Christoph Klein und Felix Lupp (Pressesprecher) die Führungsriege der Königsteiner SPD.

Er wolle der Jugend zeigen, dass man sie nicht vergesse, sagte der 16-jährige BNS-Schüler Felix Lupp in seiner Vorstellung, wohlwissend um die Tatsache, dass die SPD stets am erfolgreichsten gewesen ist, wenn die Jugend hinter ihr gestanden hat. Apropos junge SPD: Selbst wenn es sich hierbei um keine weitere Personalie des Abends handelte, eine Erwähnung ist es allemal wert, was SPD-Fraktionsvorsitzender Thomas Villmer kundtat. Seine Tochter Sophia sei just an diesem Tag im Alter von 17 Jahren der SPD beigetreten. Auch die SPD-Chefin wertet die Wiederbelebung der Jusos in Königstein als positives Signal. „Euer Engagement ist ein Lichtblick gegen die Entpolitisierung unserer Gesellschaft“, rief Seewald ihrem neuen Pressesprecher und den anderen Jusos in Königstein zu. Zuversichtlich – so könnte man also die Gemütslage der Kurstadt-Genossen beschreiben, die laut Seewald diesen positiven Schwung aus der Landtags- und Bundestagswahl bei der Europawahl habe fortsetzen können, was sich – so hofft man – auch bei der Kommunalwahl 2016 fortsetzen solle. Es gelte, die richtigen Signale ertönen zu lassen, so die SPD-Chefin, die weiterhin auf eine menschliche Politik des Miteinanders setzt, was, so Seewald, bei dem gemeinsam mit anderen Königsteiner Parteien und Vereinen 2014 durchgeführten Europafest sehr gut bei den Bürgern angekommen sei.

Auf allen Ebenen gilt es, Potenziale auszuschöpfen. Was auf die eigenen Nachwuchsreihen zutrifft, lässt sich auch auf den Königsteiner Haushalt übertragen. Hier sei laut Seewald durchaus mehr möglich, als es auf den ersten Blick erscheine. Nach einem im vergangenen Jahr gemeinsam mit der Akademie für Kommunalpolitik durchgeführten Seminar sei man zu dem Schluss gekommen, dass der Königsteiner Haushalt durch eine umsichtige, vernünftige Politik zu konsolidieren sei, so Seewald. Anders ausgedrückt: Die Erhöhung der Grundsteuer, die nun auf dem Rücken der Bürger ausgetragen werde, hätte laut SPD nicht sein müssen.

Mehr Transparenz bei den Entscheidungen, das wünscht sich die SPD Königstein in der Kommunalpolitik der Kurstadt. Das würde auch zur Folge haben, dass die Bürger das Vertrauen in die Politik zurückgewinnen, anstatt sich abzuwenden, sind sich die Genossen sicher.

Einen Zauberstab hat die SPD auch nicht und weiß, dass nicht alles finanzierbar ist. Gerade weil das so ist, müsse darüber diskutiert werden, was erhalten und was ausgebaut werden müsse. Ein weiterer wichtiger Punkt: Was kann die Stadt übernehmen und wo müssen Privatinitiativen greifen? Als Beispiel für dieses neue Zusammenspiel zieht Seewald die Heinrich-Dorn-Halle in Schneidhain heran. Hier hätten Bürger zum Erhalt der Kegelbahn und Nutzung eines Bistros/Gaststätte einen Förderverein gegründet. Der Deal sieht so aus: Die Stadt saniert die Halle und die Bürger beteiligen sich daran, dass die neue Halle zum Ortsmittelpunkt wird.

Auch in Zukunft will die SPD-Vorsitzende den Netzwerkgedanken stärker aufgreifen, um Königstein voranzubringen. Diesbezüglich konnte sie sich auch einen Seitenhieb auf die CDU nicht verkneifen. Schließlich stelle diese den Bürgermeister, den Landrat, den Ministerpräsidenten, und doch mangele es in vielen Situationen vor Ort an Austausch mit dem Kreis und den benachbarten Kommunen. Wer auf diese Weise unflexibel in seinem Handeln sei, der sei folgerichtig auch nicht entscheidungsfreudig und genau hier liegt für Seewald auch die Crux, die vorausschauend für die SPD schon mal die wichtigsten Kernthemen für die Kommunalwahl benannte: Modernes Leben in Königstein ist hier ein wichtiges Stichwort. Das bedeutet eine lebendige Innenstadt und Stadtteile – ein nachhaltiges Leben in Königstein, bei dem auch das Thema Energiewende zum Tragen kommt. „Groß werden in Königstein“ – unter dieser Überschrift versteht die SPD sinnvolle Betreuungsangebote, die aufeinander abgestimmt ausgebaut werden sollten. Ebenso das Altwerden in Königstein. Hier sind Barrierefreiheit und generationsübergreifendes Wohnen Schlagwörter der Zukunft. „Miteinander in Königstein“ heißt für die Genossen, dass man sich auch weiterhin in die Flüchtlingsarbeit einbringen will. Unter „sicheres, solides und verlässliches Leben“ versteht man bei der SPD auch, dass kein „Tafelsilber“ mehr verscherbelt wird. Um all dies auch durchsetzen zu können, bedürfe es eines langen Atems, ist sich Seewald dessen bewusst, was noch vor der SPD liegt.

Auch SPD-Fraktionschef Thomas Villmer hat einige „Baustellen“ in der Kurstadt ausfindig gemacht, die die Genossen noch eine Zeit lang beschäftigen werden. Auch hier gab es bei der Auflistung keine großen Überraschungen, was jedoch nicht der SPD anzulasten ist, sondern eher davon zeugt, dass die politischen Mühlen in Königstein zurzeit äußerst langsam mahlen, was gewisse Projekte angeht. In Bezug auf den Opel-Zoo werde man als Königsteiner SPD Vorlagen, die aus Kronberg kommen, ablehnen, kündigte Villmer an, der betonte, dass man nichts gegen den Zoo habe, da jedoch das Planungsrecht auf Kronberger Seite liege und die Kronberger nicht auf die Wünsche der Kurstädter eingehen würden, sei dies der logische Schritt.

Auch gegen die Erhöhung der Grundsteuer hatte sich die SPD Königstein ausgesprochen, deren eigene strukturelle Vorschläge, wie etwa die Zusammenlegung der stadteigenen GmbHs, kein Gehör fanden. Das Vorhaben Umzug des Betriebshofes lasse sich im Haushalt nicht abbilden, erinnerte Villmer, der mittlerweile mit dieser Meinung in Königstein nicht alleine steht und im Übrigen das, wie er es nannte, „Rumgeeiere“ satthat. Man komme nicht an den Punkt, wo man als Stadt nachhaltig konsolidiere. Auf Unverständnis stößt bei der SPD der Stillstand in Sachen Kindergartenneubau, zumal man vor sieben Jahren die ersten erfolgreichen Anträge hierzu gestellt habe. Hier sieht die SPD Bürgermeister Helm in der Rolle des Blockierers. Mittlerweile stünde als Kindergartenstandort neben der Herrnwaldstraße auch die Hardtberg-Bebauung zur Diskussion, die von der SPD zunächst abgelehnt wurde, mit einem geeigneten Investor und maßvoller Bebauung jedoch umzusetzen wäre.

Was die Jugendarbeit in Königstein angeht, herrsche Stillstand, so Villmer. Hier mangele es an einem Konzept und das Jugendhaus in der Klosterstraße verfalle zusehends. Hinsichtlich der Ü3-Betreuung in Schneidhain bemängelt Villmer, dass die Stadt hier nicht als Betreiber in Erscheinung tritt. Dabei sollten private und stadteigene Angebote gemeinsam vorgehalten werden.

Mit dem Wohnbaugebiet Kaltenborn III – hier hatte sich die SPD für seniorengerechtes Wohnen eingesetzt – gehe es nicht voran, ein ökologisches Gutachten liege nicht vor. Die SPD befürchtet, dass auch dieser Antrag, wie so viele vor ihm, in der Schublade des Rathauschefs verschwinden werde, der hierfür stets eine passende Ausrede habe, die Villmer als strategisch-geschickt bezeichnete, zumal sie mit der vorgegebenen Haushalts-Konsolidierung begründet werde.

Der Vorstand des Königsteiner SPD-Ortsverbandes will den politischen Kompass neu ausrichten: Christoph Klein, Ortsvereins-Vorsitzende Dr. Ilja-Kristin Seewald, Pressesprecher Felix Lupp und Schatzmeister Tilmann Stoodt. Nicht auf dem Foto: Clemens Kraft, stellvertretender Vorsitzender.

Foto: Schemuth



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